Oberösterreich, 29. Jahrgang, Heft 4, 1979

Der Linzer Domschlüssel, von Michael Blümelhuber vollendet 1924 zur Weihe des Immakulatadomes In Linz. Besteck der Familie List, das Michael Blümelhuber 1896 schuf. Foto: Magistrat Steyr an der Bundeslehranstalt für Eisen- und Stahlbearbeitung, wie die Schule nun be nannt wurde. Hans Gerstmayr, am 24. April 1882 In Rubring bei St. Valentin In Niederösterreich ge boren, als Sohn kleiner Bauersleute, sollte sich als die zweite große Begabung auf dem Gebiet des Stahlschnittes erweisen. Früh zeigten sich schon seine künstlerischen An lagen in diesem Bereiche. Als Schüler des Wieners Josef Stepan sowie der Medail leure Stefan Schwartz und Trautzl erwarb er sich durch die Technik des Stempelschneldens die Voraussetzung für die Kunst des Stahlschnitts. Im weiteren hospitierte Gerstmayr auch bei Professor Leo Zimpel in Steyr.1907 wurde man aufseine Begabung aufmerksam und ermöglichte ihm, sich als Mitarbeiter Michael Blümelhubers zu betäti gen und in seiner Werkstatt zu vervoll kommnen. Gerstmayr, seit 1920 selbst als Lehrer der Abteilung Graveure und Ziseleure tätig, un terrichtete nicht nur die Technik des Gravie rens, sondern führte seine Schüler auch in die verwandten Techniken Modellieren und Metalltreiben ein. In der Technik des Stahl schnittes war er der erste, der einen Schmuckgegenstand aus dem harten und bisher für ungeeignet gehaltenen Material gestaltete. Bisher wurde Schmuck ja fast nur aus Edel metallen hergestellt, oft kombiniert mit edlen Steinen und so doch mehr nach dem Mate rialwert eingeschätzt. Bei Herstellung eines Schmuckstückes, sei es ein Armband, ein Anhänger oder eine Nadel in Stahl, muß schon von der Idee bzw. vom Entwurf her die Art des Materials seine ganze Berücksichtigung finden, d. h. das Schmuckstück - gewöhnlich ein Unikat - muß einen künstlerischen Wert erhalten. Hier bekommt das Wort der Materialgerech tigkeit seine volle Bedeutung. Professor Hans Gerstmayr wurden im Laufe seines Schaffens sehr viele Auszeichnun gen zuteil. Ihm fällt das große Verdienst zu, die Formenwelt des Naturalismus und der späteren Sezession überwunden und vor al lem im Bereich der Schmuckgestaltung neue Formen gefunden zu haben. Eine Ar beit von seiner Hand, schon in dieser mo dernen Art, mit ausgesprochen schöner und dekorativer Wirkung, erhielt im Jahre 1937 auf der Weltausstellung Paris die goldene Medaille zuerkannt. Als Hauptwerk und Höhepunkt seines Schaffens auf dem Gebiet des Stahlschnitts muß das in der Technik des Ajourschnittes gearbeitete Pektorale für das Stift Krems münster angesehen werden. Es entstand anläßlich des 50. Priesterjubiläums von Abt Ignaz Schachermayr am 25. Mai 1952. Be glückend die Einfachheit des Werkes, mit bescheidenem Aufwand an Zierat! Die an den Kreuzenden angebrachten Reliefbilder der vier Evangelisten verstärken die Form und Bedeutung des Kreuzes. Das vom Zen trum des Kreuzes - dem Christusmono gramm - ausstrahlende Rankenwerk stellt eine sehr schöne optische wie geistige Ver bindung zu den Endpunkten des Kreuzes her. Dieser Arbeit Gerstmayrs ist in techni scher und künstlerischer Hinsicht bleiben der Wert gewiß. Ein weiteres Gebiet, auf dem Professor Gerstmayr befruchtend wirkte, war das Schmiedeeisen. Grabkreuze aus Schmie deeisen, in Verbindung mit Reliefdarstel lungen in Kupfer getrieben, stechen in ihrer Art vorteilhaft aus der Reihe der Steingrabmäler hervor. Es ist die handwerkliche Note des Grabmals, die hier beglückt. Gerstmayr, auf sein umfangreiches Oeuvre zurückblickend, war durch sein Wirken als Lehrer ganz besonders erfolgreich. Wie

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