Oberösterreich, 29. Jahrgang, Heft 4, 1979

Links: Spätgotisches Türmchen zwischen Langhaus und Chor der Margaretenkapeiie in Steyr (in der überiieferten Kopie von Friedrich von Schmidt). Foto: Dr. E. Widder / äs'i. Rechts: Stadtpfarrkirche Steyr, Biick zur Kan zel, im Hintergrund das barocke Hochaltarbiid (vom ehemaligen barocken Hochaltar) von Karl von Reseifeld, 1688. Foto: Dr. E. Widder schwarz-goldener Hochaltar füllte den Mit telchor zur Gänze aus,so daß das dahinterliegende Sakramentshäuschen und die schönen gotischen Sitzbaldachine beinahe ,.wiederentdeckt" werden mußten. In den gotischen Pfeilerbaldachinen im Langhaus fanden 2 m hohe Apostelstatuen Aufstel lung,für die man teilweise die Bekrönungen der Baldachine abschlagen mußte. Der Au ßenbau, an den Langhauswänden weitge hend durch Kapellenanbauten beeinträch tigt, wurde durch ein barockes Turmge schoß mit einem wuchtigen Zwiebeiheim bekrönt. Dem Zeitgeist des frühen 19. Jahrhunderts und den Vorstellungen der Romantiker von einer,.mittelalterlich-deutschen Kunst" war die barockisierte Stadtpfarrkirche ein Dorn Im Auge. Man trachtete sie vom ,,verweischten und dem deutschen Wesen fremden Beiwerk" zu befreien. Adalbert Stifter, dem die Kirche seit seiner Schulzeit am Gymna sium in Kremsmünster ans Herz gewachsen war, urteilt über den Bau treffend: .. . .. die Kirche wäre, wenn sie vollkommen in i Puchspaums Sinne ausgebaut und ent sprechend verziert worden wäre, eines der ersten Meisterwerke der Baukunst gewor den." Im vollen Vertrauen auf die Richtigkeit des Kunstempfindens des 19. Jahrhunderts zerstörte man die Barockaltäre, Kapellen wurden abgetragen und vermauerte Fenster ausgebrochen. Was an schadhaften Archltekturteilen anfiel, ergänzte man Im ..goti schen Stile". Anstelle des fehlenden Hoch altares errichteten die Steyrer Bürger einen Votivaltar zu Ehren der glücklichen Erret tung des Kaisers vor jenem Attentat, wel ches auch für die Erbauung der Wiener Votivkirche den Anlaß gab. Glücklicherweise wurde das barocke Hochaltarbild von Karl Reseifeld, eine Anbetung Jesu durch die drei Magier von 1688, aufbewahrt. Dem neugotischen Hochaltar von 1857 folgten bald die Nebenaltäre von 1863 und die Sei tenaltäre im Südschiff. Wichtig für die Licht führung und damit für den Raumeindruck war die Einsetzung von ornamentalen Glas fenstern im Chor. Die Ausstattung wurde weiters durch eine neue Kanzel und 37 Pfei lerfiguren der Apostel. Erzmärtyrer, Märty rer und Eltern Jesu vervollständigt. Vom Neubau des Turmes nahm man vorerst aus finanziellen Gründen Abstand und die ge plante Abtragung der Westvorhalle unter blieb wegen technischer Schwierigkeiten. Mit der Regotisierung unter dem Beirat Adalbert Stifters wollte man das Steyrer Münster auf eine vermeintliche gotische Grundsubstanz zurückführen, die jedoch in Wahrheit nie bestand. Ein einheitliches Stil bild. wie es durch die neugotische Einrich tung erzielt wird, widerspricht dem Wachsen des Baus unter vier Meistern. Denn trotz al ler Bindung an die Entwürfe Puchspaums stehen sich der klare, ruhige Stil des Wiener Dombaumeisters und der dynamisch-be wegte Stil Wolfgang Tenks gegenüber. Andererseits wäre es aber falsch, das Wir ken Adalbert Stifters nicht entsprechend zu würdigen. Die Kunst der Neogotik, wie die der historisierenden Stile überhaupt, ist be reits selbst ein Stück Kunstgeschichte ge worden.So zählt der Hochaltar des Münch-

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