Oberösterreich, 29. Jahrgang, Heft 4, 1979

Der Panther — das alte Wappentier der Traungauer als heraldisches Wahrzeichen der Stadt Steyr Herbert Erich Baumert Das älteste uns bekannte „der erbarn bur ger Insigel von Steler" mit der lateinischen Umschrift + • SIGILLVM ■ CIVIVM ■ IN ■ STIRA- zeigt- wie viele andere Städte zu dieser Zeit-alsSinnbild der wehrhaften Be festigung im runden Siegelfeld einen zweitürmigen Torbau, der vom österreichischen Bindenschild überhöht und beiderseits von je einem Wappenschildchen miteinem Pan ther begleitet wird. Die Anfertigung dieses Typars, dessen Ab druck in Naturwachs erstmals an einer für das Kloster Garsten ausgestellten Urkunde aus dem Jahre 1304 nachzuweisen ist, fällt in die letzten zwei bis drei Jahrzehnte des 13. Jahrhunderts, als Stadt und Herrschaft Steyr zusammen mit dem Traungau bereits vom Herzogtum Steiermark abgetrennt wa ren und dem Lande ob der Enns angehör ten''. Der- nach den Siegeln an den herzoglichen Urkunden zu schließen - erst vom letzten Babenberger, Friedrich II., eingeführte und von dessen unmittelbarem Besitznachfolger Ottokar PfemysI II. sowie in der Folge von den Habsburgern kontinuierlich übernom mene (rot-weiß-rote) Bindenschild an be vorzugter Stelle in diesem ersten Steyrer Stadtsiegel betont die landesfürstliche Herrschaft^. Das wohl der ausgewogenen Symmetrie wegen verdoppelte Panther wappen der Otakare bzw. der Burgherren ihrer Residenz Steyr wird zum eigentlichen Signum der Bürgerstadt. Im nächsten, seit 1392 urkundlich belegbaren • sigillvm • civivm ■ civitatis ■ styrie steht es zwischen zwei Türmen bereits an dominierender Stel le, überhöht von einem schon kleineren, schräggestellten Bindenschildchen. - Ab dem 16. Jahrhundert beherrscht der Pan therschild allein das Siegel der Stadt. Steyr hat somit im Gegensatz zu Linz und Wels auf die Übernahme des spätmittelalterlichen ,,Architektur-Siegelbildes" ins Stadtwap pen zugunsten eines historisch gewachse nen echten heraldischen Symbols verzich tet. Diejosephinische Verwaltungsreform in den achtziger Jahren des 18. Jahrhunderts ver bannte im SIGILLUM • CIVITATIS • STYRENSIS das Stadtwappen mit dem Panther ins Brustschildchen des nunmehr das Sie gelfeld beherrschenden kaiserlichen Dop peladlers; dasselbe Bild zeigt auch das Sie gel der K.K.L.F. KREISSTADT STEYR aus den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts, ebenso der um die Jahrhundertwende in Gebrauch gekommene Stempel der STADT-GEMEINDE-VORSTEHUNG STEYR. Erst mit dem Ende der Monarchie 1918 wurde der Panther wieder eigenstän diges Wappen der Stadt, erstmals gesetzWappen mit heraldischem Panther Pferde- oder drachenähnlicher Kopf, gehörnt, aus dem offenen Maul hervorschlagende Flammen. Schlanker Löwenrumpf mit schwanenartigem, stark nach hinten gebogenem Hals. Hinterfüße mit kräftigen Löwenpfoten, Vorderfüße wie Adlerklauen mit langen Zehen. Das älteste Stadtsiegel von Steyr -r • SIGILLVM ■ CIVIVM ■ IN STIRA ■ Gebrauch ab 1304 nachweisbar Zweitürmiger Torbau auf Felsen, Spitzbogentor mit aufgeschlagenen Flügeln; über dem Lug häuschen das dreieckige österreichische Bindenschildchen, beiderseits der schmalen Türme je ein Wappenschildchen mit einwärts gekehrtem Panther. Foto: Alfred Thiele, OÖLA. Linz; Siegelabdruck 1349 Nov. 10, StIA. Garsten, Urk. Nr. 207. lieh festgelegt mit der Beschreibung im ,,Stadtrecht für die landesunmitteibare Stadt Steyr" vom 30.Jänner 1936,die nach dem Zweiten Weltkrieg nun auch in das wie der in Kraft gesetzte alte Steyrer Gemein destatut vom Jahre 1930 aufgenommen wurde. Der aus den Körperteilen mehrererTiere ge formte und gebietsweise unterschiedlich dargestellte heraldische Panther ist ein Fa belwesen, das mit dem natürlichen gleich namigen Tier (panthera pardus) nichts ge mein hat; naive naturhistorische Vorstellun gen und die fabulierende Epik des Hochmit telalters haben Ihm In christlich-populärer Deutung antiker Mythologie besondere al legorische Eigenschaften zugesprochen. Dieses Phantasietier begegnet uns u. a. be reits in den Anfängen des Wappenbrauches als freigewähltes ,,Familienzeichen" einer territorial zusammenhängenden Dynasten gruppe auf bajuwarisch-karantanischem Boden. So ist der Panther als Siegelblld für die herzogliche Linie der aus Rheinfranken stammenden Spanheimer in Kärnten seit 1163 bekannt; auch die nach OrtenburgKraiburg benannte baierische Linie, die seit dem 13. Jahrhundert die Teilgrafschaften Im Chiemgau besaß und 1209 mit der Pfalz grafschaft Bayern belehnt wurde,führte den (blauen) Panther im (silbernen) Wappen". Ebenso führten die schon gegen Ende des 10. Jahrhunderts auf der ,,Stirapurhc" seß haften, aus dem Chiemgau gekommenen und nach ihrem Leitnamen auch als Otakare bezeichneten Grafen von Steier, die als Nachfolger der mit ihnen verwandten Wels-Lambacher um 1050 sowohl deren Besitz im Traungau erbten als auch die vom Herzogtum Kärnten abgespaltene ,,Mark" als Lehen erhielten, den Panther als Wappenblld,das sie auch nach Erlöschen dieser Bindung durch Erlangung der Herzogs würde im Jahre 1180 beibehielten. Schon 1160 bekräftigte Markgraf Otakar III. die Stiftungsurkunde für Spital am Semmering mit einem Siegel, auf dem der abgebildete Reiter einen mit einem Panther belegten Schild trägt; Umschrift: -l- • OTACHER • MARCHIO ■ STIRENSIS • (Steiermärkisches Landesarchiv). Sowohl die Babenberger, denen auf Grund des 1186 abgeschlossenen Georgenberger Erbvertrages die Steiermark im Jahre 1192 zufiel", als auch Ottokar PfemysI von Böh men, der das nach dem Erlöschen des Ba benberger Geschlechtes herrenlose Land bis zu seinem Tode 1278 beanspruchte, übernahmen als ,,dux stirie" den Panther In Ihre Siegel. Die im engen Dienstverhältnis zu den Traungauer Markgrafen bzw. Herzögen

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