Oberösterreich, 29. Jahrgang, Heft 4, 1979

Heimathaus Steyr, Blick in den Sensenham mer, der in einem Zubau des Heimathauses Steyr neu aufgestellt worden ist und ein Kern stück des Steyrer Eisenmuseums darstellt. Foto: A. C. Kranzmayr f In früheren Jahrhunderten waren in der Um gebung von Steyr,vor allem im Dambachtal, eine große Anzahl von Nagelschmieden tä tig. In der Blütezeit dieses Handwerkes wur den im umschriebenen Bereich sechsund dreißig Werkstätten gezählt. Der letzte Ver treter dieses Berufes, Kilian Brettenthaler, schloß 1955seinen Betrieb. Die Einrichtung seiner Werkstätte wurde von der Stadtge meinde Steyr angekauft und In einem Zubau des Heimathauses In fast ursprünglicher Anordnung neu aufgestellt. Alle Werkzeuge und Geräte waren vorher einer fachmänni schen Konservierung unterzogen worden. Meister Brettenthaler trug durch Rat und Tat zur entsprechenden Beschriftung und vor allem zur einprägsamen Erläuterung der einzelnen Arbeltsgänge bei. An der Längsseite des Raumes Ist die Esse mit dem Blasbalg aufgebaut. In Ihrem Feuer wurde das Rohmaterial für die Bearbeitung zum Glühen gebracht. Jeder Schmied mußte dabei, wenn er das Werkstück aus dem Feuer nahm,einmal die Tretstange des Blasbalges betätigen, um so die Glut zu er halten. Vor der Esse waren drei Arbeltsplätze an geordnet. Eine mit Blech beschlagene Holz tafel ruht auf wuchtigen Baumstümpfen. Darauf sind die Ambosse und die anderen notwendigen Geräte angebracht, wobei je der Arbeltsplatz zur Herstellung einer ande ren Nageltype eingerichtet war. An den Wänden sind Werkzeuge und Zube hör, alles von den Nagelschmieden selbst Die original gestaltete ,,Kram" des Steyrer Sensenhammers, in der einst die Sensen für den Versand bereitgestellt wurden. Foto: A. C. Kranzmayr angefertigt, zur Schau gestellt. Neben ver schiedenen Nagelelsen und Hämmern zur Erzeugung der ,,Mausköpfe" sind auch noch alte Bohrgeräte zu sehen, mit denen der Schmied In fünf- bis achtstündiger Arbelt ein Loch durch ein Nagelelsen bohren muß te. Die Einrichtung wird durch eine Muster tafel,auf welcher alle vom Betrieb erzeugten Nageltypen ausgestellt sind, vervollstän digt. Der Arbeltsvorgang wird durch eine Reihe von Halbfabrikaten erläutert. Um einen Nagel zu erzeugen, waren fünf Arbeltsgänge notwendig, bei denen auch die Anzahl der Hammerschläge festgelegt war. Um fünf Uhr morgens begann das mo notone, bis sieben Uhr abends dauernde Tagwerk. Die Tagesleistung betrug je nach Nageltype zwischen achthundert und ein tausendachthundert Stück pro Schmied. Zuerst mußte das Rohmaterial angespitzt und dann auf die erforderliche Länge aus gehämmert werden. Nachher erfolgten die Herstellung der Rohform des Nagelkopfes sowie das Einkerben und Abbiegen des Werkstückes, damit es leichter vom Rohling zu trennen war. Über dem Nagelelsen wurde dann die gewünschte Kopfform des Nagels ausgeschmiedet. Am Wochenende oder bei Bedarf wurden die Nägel gezählt, zum Verkauf In selbstangefertigte Hüllen verpackt und zum Versand gebracht. Mit der Einrichtung der Nagelschmiede hat das Heimathaus Steyr nicht nur ein neues Ausstellungsobjekt erhalten, sondern vor allem damit ein traditionsreiches Handwerk vor dem Vergessenwerden bewahrt. Der Nagelschmiede wurde eine Bauern schmiede angeschlossen, um so auch diese früher allgemein übliche, nunmehr kaum mehr zu findende Kleinwerkstätte der Nachwelt zu erhalten.

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