dem Ruf der gleichfalls damals aufkom menden Idee einer Volksbildung begeistert folgten und sich in ihren Dienst gestellt hat ten. Dem Hörer war es im Effekt gleich, ob nun die Vortragenden jener Zeit nach Wien fuh ren und dort ihren Vortrag hielten oder ob sie fallweise ihre Manuskripte im engen Käm merlein des ,,Wasserstandsstudios" auf dem Freinberg in Linz ablasen. Immer wie der werden Namen von Autoren genannt, die als Vortragende in österreichischen Volksbildungseinrichtungen bekannt und gefragt waren: Gregor Goldbacher, MayerFreinberg, Friedrich Merten, Adalbert Depiny, A. Zöhrer, Andreas Reischek, Hans Commenda sen. undjun., E. Kriechbaum, V. V. Geramb, A. Haberlandt, W. Steinhauser, V. Korda, J. Pommer, R. Zeder u. a. Durch sie erfährt der Hörer auf einmal Inter essantes und Neues aus unterschiedlichen Sachgebieten; über Sprache und Mundart, über Siedlungsformen und Hauslandschaf ten, über Kunst, Volks- und Handwerker kunst, über Religionen und Volksglauben, über Brauch, Volkslied und Volksmusik. Der Standort des Studios außerhalb der Großstadt Wien begünstigte begreiflicher weise die voiks- und heimatkundliche Blick richtung der Programme. Selbst Unterhal tungssendungen neigten - wie Detaiiprogrammen zu entnehmen ist-zu einem mehr volkstümlichen ,,Ton". Daß den Autoren eine ausgesprochene Biidungsabsicht innewohnte, ist schon aus den Titeln ihrer Vorträge herauszulesen: man will den engen Raum der,,Stube" ausweiten und den Hörer durch entsprechende Wis sensvermittlung befähigen, ,,weit-offen" zu werden. Man weckt sein Interesse für die Natur- und Kulturlandschaft ebenso wie für Fragen des Glaubens, der Kunst als auch seiner eigenen sozialen Situation. Unver kennbar ist dabei das Modell ,,Urania" und der später für die Entwicklung und die Arbeit des Rundfunks so bedeutend gewordene Andreas Reischek kommt von dort, wo er als Vortragender und Autor von Kulturfilmen entscheidende Erfahrungen sammeln konn te. Die Volksbildungsarbeit beim Sender Linz hatte man von allem Anfang an nicht dem Zufall überlassen. Im Eigenverlag der RAVAG (österreichi sche Radio-Verkehrs-AG) erschien 1932 der Sonderdruck ,,Der oberösterreichische Lebensraum - Einführende Worte zu einer heimatkundlichen Vortragsreihe im Sender Linz a. D." von Dr. Adalbert Depiny. Dort heißt es:,,Mit einem Einleitungsvortrag, den ich als Mitarbeiter des Planes am 7. März im Sender Linz hielt, wurde eine längere Reihe von Heimatvorträgen, die planmäßig einan der folgen sollen, eröffnet. Schon seit 1928 sind heimatkundliche Sendungen eine er freuliche Besonderheit des Linzer Senders. Sie behandeln für breitere Kreise von Zuhö rern Teilgebiete aus Natur und Kultur Ober österreichs . . . Aus verschiedenen Grün den mußten sich diese bisherigen Sendun gen mit Einzelvorträgen begnügen, die un tereinander oft keine Verbindung hatten und manchmal stark den Eindruck des Gele gentlichen machen mußten. Nach einge hender Vorbereitung und Vorberatung ist es nun aber möglich, einen Schritt weiterzuge hen und aus Heimatvorträgen, die unterein ander in einem inneren Zusammenhang stehen, in großen, wesentlichen Zügen ein in mancher Hinsicht geschlossenes Bild von Oberösterreich aufzubauen . . ." Depiny kündigt sodann an, daß ,,durch zwei Jahre in jeder zweiten Woche solch ein Vor trag" gehalten werden wird. Die halbe Stunde an Sendezeit hält er jedoch für zu gering, um den einzelnen Themen auf den Grund zu gehen, eher sollen darum ,,Grundzüge des oberösterreichischen Heimatbildes" dem Hörer vermittelt werden. Es lag demnach ein ,,Volksbildungs-Lehrpian" vor, der seine Unterstützung durch Bildmaterial in der Zeitschrift,,Radio Wien" erfuhr. Überdies hoffte man sehr, daß die heimische Presse, ,,die den Fragen der Heimatkunde schon so viel Anteilnahme entgegengebracht und so wertvolle Hilfe ge leistet hat" auch diese Vortragsreihe des Rundfunks unterstützen möge. Mit der erwähnten Reihe war der Sender Linz dem Wiener Studio um ein ganzes Jahr voraus, denn dort setzt erst mit dem 3. Mai 1933 die ,,Stunde der Heimat" ein, über die der damalige Direktor der RAVAG, Erich Kunsti, vorbereitend geschrieben hatte: ,,. . . die Pflege des heimischen Volkstums und Brauchtums war seit Jahren schon eine wichtige Aufgabe der Rundfunkgestaltung. Ja, noch mehr; ein wesentlicher Teil des Rundfunkprogrammes muß der Selbstbe stimmung und Seibsterkenntnis des Volkes gewidmet sein." In diesem Sinne sollte die ,,Stunde der Heimat" von Radio Wien ein Brennpunkt werden. In der Rückschau auf die Entwicklung und die Darbietung von volks- und heimatkund lichen Stoffen in Rundfunksendungen taucht immer wieder die Frage nach der Notwendigkeit des Themas und damit auch der Existenz einer eigenen zuständigen Abteiiung im Funkhausbetrieb auf. Gelegent lich einer Tagung ,,Volkskunde und Rund funk" (Stuttgart 1953) greift H. Dölker die Frage auf, ob der Bildungswert volkskundli cher Stoffe für die Ailgemeinheit überhaupt so groß sei, daß Zeit und Geld dafür verant wortet werden können. Diese Frage sei zu bejahen, wenn sich das Dargebotene nicht in sich selbst erschöpft, sondern die Kräfte der Bindung und der Verbindlichkeit des Gemeinschaftslebens erahnen läßt, die nicht an äußerliche Brauchformen gebun den sind. Derartige Kräfte - so Dölker - seien nicht mehr nur durch den Brauch dar gestellt; ihr Bereich sei bereits die Sitte . . ." Diese Überlegung reicht somit tief in die Ab sichten der Volksbildung hinein, die ja nicht allein Wissensvermittlung sein kann, son dern vielmehr eine Hilfe zur Erziehung für al les Gemeinschaftliche, ünd dieses Wissen um gemeinsamen Besitz der Werte Heimat und Volk ist von den frübesten Zeiten an auch das Anliegen der ,,Volkstumssendungen" gewesen. Als das Schlagwort von den Massenmedien noch nicht unseren Sprachschatz beiastete, da war der Rundfunk tatsächlich noch ein Medium. Er betrachtete sich als Mittel, bzw. als Vermittler, wohingegen sich diese Ein richtung heute eher als Anreger und Verur sacher, wenn nicht gar als Selbstzweck sieht. Mag sein, daß diese Verschiebung des Zweckes sich aus der Perspektive der Programmacher ergeben hat, die - wie es auch bei anderen ,,Medien" zu bemerken ist - sehr leicht die Gefahr einer Selbstüber schätzung heraufbeschwören kann. Im ,,Dienste der Volksbildung" heißt also nichts anderes, als dem Lande und seinen Bewohnern dienen wollen, sich dem Gan zen ein- oder gar unterordnen. Die Tendenz des Landesstudios Oberöster reich - unter welchem Namen immer es exi stierte und wirkte - ist in dieser Art gekenn zeichnet gewesen. Ohne damit eine Rang ordnung fixieren zu wollen, lassen sich fol gende Schwerpunkte in diesem Zusam menhang feststellen: Landes- und Heimatkunde - wobei die Ein heit in der Vielfalt der Landschaften ins Blickfeld gehoben wird. Volks-Bildung: Überlieferte Formen des Volkslebens, d. h. Sitte und Brauch, Fest, Feier und Arbeit dienen als Beispiel und ge eignete Anlässe, Gemeinschaften zusam menzuführen. Die regenerative Kraft des Rundfunks: Das Aufgreifen vergessenen Traditionsgutes (Volkslied, Volksschauspiel, Volkskunst etc.) regt Nachahmung und Wiederbele bung an. Mit Einschränkung ist dabei von ei ner Methode der ,,Volkstumspflege" zu sprechen, weil sie die Interessensweckung und Aktivierung der Hörer anstrebt. Der Schreiber dieser Zeilen, der über drei Jahrzehnte in der Rundfunkarbeit gestan-
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