Oberösterreich, 29. Jahrgang, Heft 2, 1979

ge, da in letzteren Kleidungsstücke häufig genannt und auch näher beschrieben wer den; Kleidung stellt für den mittelalterlichen Menschen nicht nur ein Wertobjekt dar, sondern ermöglicht ihm, seinen gehobenen Lebensstandard zur Schau zu stellen. Er schwert wird eine vergleichende Gegen überstellung Bild-Text durch den Um stand, daß es oft nicht möglich ist, aus Quel len entnommene Termini mit dargestellten Objekten zu identifizieren. Wenn Schleier, Ärmel oder Schauben vererbt werden, so läßt sich ihr Aussehen noch einigermaßen abschätzen; wenn aber Rock und Mantel vielfach nur als Oberbegriffe ohne nähere erläuternde Angaben verwendet werden, so trifft die Belegstelle keine Aussagen zu Schnitt und Tragweise des Kleidungsstükkes. Eher werden in solch einem Fall Mate rialien erwähnt: Vermögende Bürger hinter lassen oft pelzverbrämte Röcke oder solche aus kostbarem, ausländischen Tuch. Zahl reich finden sich Nennungen von Seide, Damast und Samt. Meist wird solche Beklei dung ausdrücklich als ,,feiertäglich" qualifi ziert. Die auf den Tafeln dargestellten Stoffe könnten daher als im österreichischen Raum zumindest bekannt und auch verein zelt getragen bezeichnet werden. Für Schnitt und Form der einzelnen Gewand teile läßt sich eine Beweisrunrung ähnlicher Art nicht antreten. Hier müßte eine größere Gruppe von Bild- und Schriftquellen zu einer Untersuchung herangezogen werden. Frei lich wirken einzelne Accessoires, wie Ta schen, Gürtel u. dgl., so realistisch in ihrer detailreichen Wiedergabe, daß sich die Vermutung aufdrängt, es handle sich dabei um dem Künstler vertraute Gegenstände des täglichen Gebrauchs und nicht um fremdes Vorlagenmaterial. Diese Ausführungen zeigen, daß man sich von einer einzelnen Quelle, wie etwa den WartbergerTafeln, keine allgemein gültigen Aussagen zur Sachkultur eines bestimmten Raumes und Zeitabschnittes erwarten darf. Immerhin vermittelt sie aber doch ein an schauliches Bild von der Vorstellungswelt des mittelalterlichen Menschen: in seinen Kunstwerken will er die Welt in der er wünschten, festgefügten Ordnung sehen; Gut und Böse wird der entsprechende Platz zugewiesen. Was in Predigten als unzüchtig und anstößig angeprangert wird, dient hier zur Kenntlichmachung des Bösen; und wenn Predigten jedem Stand den ihm an gemessenen Luxus zuweisen, der,,Ehrbar keit und Notdurft"i3 entsprechen muß, so finden diese ,,Standesregeln" zumindest in der bildlichen Quelle ihren Niederschlag. Anmerkungen: 1 Zur Zielsetzung und Arbeitsweise des Insti tutes vgl. Harry Kühnel, Realienkunde des Mittel alters und der frühen Neuzeit. Versuch einer Dar stellung - Erfordernis der Gegenwart, in: Jahr buch für Landeskunde von Niederösterreich 37, 1967, S. 215-247; ders., Die materielle Kultur des Spätmitteialters im Spiegel der zeitgenössi schen Ikonographie, Ausst.-Kat. Gotik in Öster reich, Krems 1967; Alltag und Fest im Mittelalter. Gotische Kunstwerke als Biiddokumente, Ausst.-Kat. österr. Galerie, Wien 1970. Um die Zusammenarbeit auf internationaler Ebene zu fördern, veranstaltet das Institut eine Kongreßreihe, deren Ergebnisse im Rahmen der Sitzungsberichte der österreichischen Akademie der Wissenschaften veröffentlicht werden: Das Leben in der Stadt des Spätmitteialters, Sit zungsberichte der phil.hist. Kl. 325,1977 und Die klösterliche Sachkuitur des Spätmitteialters, im Druck; Publikationen von Mitarbeitern befassen sich mit der Lebenshaltung in geographisch ab gegrenzten Gebieten: Gerhard Jaritz-Ernst Eng lisch, Das tägliche Leben im spätmitteialterlichen Niederösterreich. Wiss. Schriftenreihe Nieder österreich 19/20/21. St. Pölten 1976; Gerhard Jaritz, Zur materiellen Sachkultur der Steiermark im Zeitalter der Gotik, Ausst.-Kat. Gotik in der Steiermark, St. Lambrecht 1978. 2 Vgl. dazu Kari-S. Kramer, Zur Erforschung der historischen Sachkultur. Prinzipielles und Methodisches, in: Rheinisches Jahrbuch für Volkskunde 19, 1969, S. 7-41.

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