Oberösterreich, 29. Jahrgang, Heft 2, 1979

Adalbert Stifter trat im November 1818 in das Stiftsgymnasium Kremsmünster ein. Daß er ein fleißiger Schüler war, zeigt die Eintra gung in den Klassenkatalog aus dem Jahre 1822. Aufnahme: E. Widder zwei Jahren eine unendliche Liebe zur land schaftlichen Natur und Einsamkeit faßte, da ich schier immer im Freien, und von einer zwar nicht reizenden, aber ruhevollen, schweigsamen und fast epischen Gegend umfangen war"." Der Großvater mütterli cherseits schließlich war von den geistigen Fähigkeiten des Enkels überzeugt und wollte sie fördern, obwohl der Kaplan von Oberplan dem Kind jedes Talent abgespro chen hatte: ,,Als unser Kappelan erklärte, ich sei völlig talentlos, sagte Franz Friepeß, der Vater meiner Mutter: ,Das glaube ich in Ewigkeit nicht; der Bub ist ja findig wie ein Vogel.' Und dann führte er mich nach Kremsmünster®." Wer nun zum erstenmal nach Kremsmün ster kommt, der muß überwältigt innehalten vor dem gewaltigen Barockbau des Bene diktinerstiftes mit seinen wehrhaften Mau ern und Kiostertürmen, dem Wassergraben, den Höfen, den Kuppeln und der alles über ragenden Sternwarte, dem ,,Mathemati schen Turm". 1748 bis 1759 nach den An gaben von P. Anselm Desing erbaut, mutet dieses achtstöckige, 50 m hohe Bauwerk fast modern an. ,,Von den Altanen dieses alten Hochhauses kann man weithin das Kremstal überschauDie Kette der Steyrtalberge, die, eine Hoch welt über sanft gewelltem Hügelland, am östlichen Himmel hinschwingt, sinkt ab zum Waldkamm des Damberges, unter dem wir die Stadt Steyr mit ihren steil gegiebelten Häuserzeilen und ihren hochbeschwingten und bedächtig steigenden Türmen, mit ih rem Schloß, der alten Styraburg, am Zu sammenflusse der Enns und Steyr liegen wissen . . .®." Diesen ,,Blick auf das Land" hat Arthur Fischer-Colbrie, der ,,Sternen lyriker der deutschen Dichtung", für den das Wort von Anton Wildgans gilt, wenn er von ,,singend gewordener Erde" spricht^, in un serem Jahrhundert - Stifter nachempfin dend - getan. Nun stand Adalbert Stifter aiso in dieser Landschaft, ,,schüchtern und hölzern"®, wohl mehr überwältigt von den neuen Ein drücken, von der fremden Umgebung. Sein Ehrgeiz aber half ihm, diese anfängliche Scheu bald zu überwinden, der Ehrgeiz ei nes wissensdurstigen Buben, der behutsam von verständnisvollen Lehrern in die Welt benediktinischer Tradition eingeführt wird. Hier ist es besonders P. Placidus Hall, der Lateinlehrer, der sich einfühlsam - er stammte selbst aus Böhmen-und mit väterHttt Sfö« I 8at«{oii>, | 0iamf »ob ©tanb bei aangfiiiä«. tSoi' b er eiff rn. Sitten, äBerwenr bung. 50rfga1»fl. WfltöCmutf «f*- metf». Bafelenb. , CÄf/l ) , / / ' i/Ik- '1 *« 9'"^ ,7 ^ f-f? *"■9- '-■f. /A- /■V/»/«"'. '/ / / / i jjZ fj% Links: Adolf Obermüller, Das Kremstal mit Kremsmünster, bez. rechts unten 1881, 01 auf Leinwand. Der Künstler, Lebensdaten 1833-1898, malte diese bledermelerllche Ansicht des Kremstales Im Auftrag des Kapitels von Kremsmünster für Abt Coelestln Gangi bauer, Erzblschof von Wien. Jetzt In der Ge mäldesammlung des Stiftes, Raum Bieder meier, Inv.-Nr. 494. Aufnahme:E. Widder en, wie es, einem schönen Garten gleich, nach den Hängen des Vorgebirges zieht, über deren grünen Kuppen Felsengrate, Schneefelder und gezackte Gipfel leuchten, den mächtigen Bergstock des Toten Gebir ges bezeichnend. Kirchen, Schlösser und Gehöfte grüßen aus der Ebene und von den Wald- und Wiesenhügeln, so auch der Kirchturm von Bad Hall, dem überliefe rungsreichen Kurort, dessen wundertätige, aus der Schliertiefe eines fruchtbaren Bo dens steigende Quellen zu den stärksten jodhaltigen Salzquellen der Erde gehören. lichem wie freundschaftlichem Wohlwollen des Schülers annahm®. Wir werden später an der Gestalt des Pfarrers im ,,Armen Wohltäter" Wesenszüge des Lieblingsleh rers entdecken. Aber auch sein Klassenlehrer in der ,,Hu manität", P. Ignaz Reischl, muß an dieser Stelle erwähnt werden. Er eröffnete seinen Schülern die Schönheiten der Dichtung im humanistischen Geiste, er gab Stifter die Anregung etwa zu seinem Gedicht ,,Das Freudenfest am Trauerdenkmahle", das ,,für würdig befunden"^® wurde, bei der

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