Oberösterreich, 29. Jahrgang, Heft 1, 1979

Innerer Aufruhr Das Stundenglas Wenn mich der Zorn durch dunkle Gassen treibt. Dann bin ich ganz allein; Bin kinderlos und unbeweibt, Bin nur noch wildes Schrein. Ich schreie um Gerechtigkeit, Nach Rache und nach Ruh Die kalte Übermächtigkeit Des Schicksals hört nicht zu. Aus dem Stundenglas rinnt Goldkorn und Sand. Ganz überschüttet sind Leben und Land. Aus dem Stundenglas rinnt Schatten und Licht. Fallende Lose sind Gnad' und Gericht. Durch die Landschaft meiner Seele Durch die Landschaft meiner Seele Wandre ich nun Jahr um Jahr. Daß ich Rast und Ziel verfehle. Ward mir längst schon offenbar. Trotzdem schläft der unbeirrte Trieb in mir nicht ein. Doch was früher mich verwirrte. Bleibt jetzt wesenloser Schein. Schweigend wie ein Wolkenschatten Will ich wunschlos weitergehn. Über Felder, Flüsse, Matten Meiner Seele Landschaft wehn. Aus dem Stundenglas rinnt Friede und Krieg. Wechselnde Wellen sind Trübnis und Sieg. Aus dem Stundenglas rinnt Hunger und Brot. Gute Geschwister sind Leben und Tod. (28. 9. 41) Die Verzweifelten Wir sind Gebundene Im Kerker Zeit. Das Blutgeschundene Ist unser BQeid. Wandlung Birnen fallen von den Bäumen. Äpfel ruhn im Gras, ünsern hohen Sommerträumen Setzt der Herbst ein Maß. Schwüles Fleisch der Dahlienblüten Schwelgt am Gartenrand. Dumpfe Sinne zu behüten. Liegt in schwacher Hand. Bricht die Glut in Todesnähe Hemmungslos heraus, Menschenherz, bleib fest und säe Stille Kräfte aus. Wechsle Tod und Leben heiter; Tag und Nacht sind gleich. Alles ist nur Wegbereiter; Wandlimg heißt das Reich. Im Bewegen wirkt die Ruhe, Im Verwandeln Stetigkeit. Herz, du wunderbare Truhe, Fassest Zeit und Ewigkeit. Wir sind Geknechtete Im toten Raum. Alles Entrechtete Zittert im Traum. Wir sind Gepeinigte Auf nacktem Feld, Wo das geeinigte Elend uns hält. üns wird kein kühlendes Labsal geschenkt. Ein ewig Wühlendes Stößt uns und lenkt. Wir sind wie wehende Blätter im Sturm; Denn das Vergehende Stürzt wie ein Turm. Und alles Brechende Reißt uns hinab. - Wann steigt das Rächende üns aus dem Grab? (4. 11. 44)

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