jüngster Gegenwart als Heimatvertriebene Itir Dasein nach bestimmten Normen einrichteten und ihre ganz eigene Lebenskultur entwickelten. In diesem Sinne beschrieb sie Leben und Arbeit der Pecher Im niederösterreichischen Steinfeld (Die Pecher. Volkskunde aus dem Lebenskreis des Waldes, Manutluspresse 1960), die Hand werkskunst der Faßbinder (Faßbinder - Faßbo den. Handwerk und Kunst, Manutiuspresse 1968) und verfaßte ebenfalls 1968 als Band XIII der Veröffentlichungen des österreichischen Mu seums für Volkskunde eine ,,Volkskunde der heimatvertriebenen Deutschen Im Raum von Linz". Erwähnenswert sind auch Ihre Forschun gen über die niederösterreichische Volkstracht, die Marlazell-Wallfahrt durch den Wienerwald mit Einrichtung eines Wallfahrtsmuseums im ehema ligen Kloster Kleln-Marlazell, die Pflege von Randgebieten wie Perlmutterdrechslerei, Ro senkränze und Grabkreuze. Durch den Beruf ih res Mannes lernte sie den VOEST-Arbelter ken nen und entdeckte auch In der nüchternen Indu strielandschaft Ansätze eines neuen Brauch tums. In dieser Suche nach Neuem liegt der Schlüssel zum richtigen Verständnis der wissenschaftli chen Leistung von Helene Grünn. Sie ist in erster Linie Kulturhistorikerln. Wie schon gesagt, liebt sie die kleinen Leute und beobachtet ihr Leben. Sie setzt sich dabei bestimmte Zielsetzungen, wie eben In Ihrem jüngsten Buch das ,,Wäsche waschen" und bemüht sich jahrelang um die Er schließung aller nur denkbarer Quellen. Neben Intensiver Feldforschung untersucht sie genau die gesamte Literatur nach Hinweisen, die Ihrem Forschungsthema angehören. Sie betreibt ur kundliche Quellenarbeit, sichtet altes und neues Bildmaterial und erarbeitet sich dadurch eine um fassende Sachkartei. in der Auswertung erweist sie sich dann als gute Erzählerin. So ist das Buch über das ,.Wäsche waschen" angenehm zu lesen. Es weckt viele Er innerungen und gibt Anregungen, die Augen neuen Beobachtungen zu öffnen. In der eigenen Rumpelkammer etwa nach alten Utensilien zu suchen und sie nun neu zu bewerten. Das Buch erschien als Band 10 der,.Niederöster reichischen Volkskunde", die von der ,,Arbeits gemeinschaft für Volkskunde In Niederöster reich" des Niederösterreichischen Blldungs- und Heimatwerkes, einer Gründung der Autorin, her ausgegeben wird. Es nimmt vielfachen Bezug auf oberösterreichische Verhältnisse, vor allem auf die einst so bedeutende gewerbliche Wäscherei in Urfahr. Ausgezelchnet ist auch die Bildausstat tung dieses Buches, das zu Geschenkzwecken sehr geeignet ist. Helene Grünn: Wäsche waschen. Volkskunde aus dem Lebensraum der Donau. Mit 90 Bildern, davon 12 in Farbe. - Wien: Verlag des Niederösterreichischen Heimatwerkes 1978, 200 Sei ten, Ganzleinen, Ladenpreis S 288.-. Ehrenrettung eines oberösterreichischen Mundartdichters Unter ..theudlsk" verstanden die Franken im zweisprachigen Merowingerreich ihre gemein same Volkssprache. Das Gegenadjektiv lautete ..walhisk". Mundart = Dialekt gilt heute noch als Volksspra che. Mundartdichter sind somit Volksdichter. Sie gehören dem Stand der kleinen Leute an. Nur Ausnahmepersönlichkeiten - wie Im süddeut schen Raum Franz Stelzhamer und In Nord deutschland Fritz Reuter - haben Eingang in die Literaturgeschichte gefunden. Die anderen müs sen im Austrag auf bessere Zeiten warten. Viele von Ihnen erlebten nie gute Zeiten. Zu ihnen zählte auch Josef Krempi, an den In seinem Ge burtsort Obertrattnach, Pfarre Taufkirchen an der Trattnach, eine Gedenktafel erinnert. In Linz Ist eine Straße nach ihm benannt. Ihre Bewohner werden mit diesem Namen kaum etwas anzufan gen wissen. Geboren 1862, gestorben 1914, verkörpert er ein typisches Schicksal niederer Abkunft. Uneheli cher Geburt, Arbeiterschicksal als Lacklerer In der Steyrer Waffenfabrik, literarisch begabt, wo mit er als Redakteur der Wochenzeitschrift ,,Deutscher MIchl" und später als Herausgeber des Wochenblattes ,,Deutscher Humor" nur fi nanziellen Bankrott ernten konnte, mit einem Volksstück ..Der Gottlose" am 15. Februar 1903 sogar Im Landestheater Linz aufgeführt, starb er 52jährig in Not. Der Qö. Landesverlag, beraten von Rudolf Wal ter LItschei, hat die erstmalig 1903 veröffentlichte Gedichtsammlung ,,Meine Landsleut", ein Aus schnitt seines Gesamtwerkes, neu aufgelegt, um eine Ehrenrettung dieses typischen Originals zu versuchen. Daß dieser Versuch gelungen Ist, be weist die Tatsache einer 2. Auflage, die 1978 herausgebracht worden Ist und für die Herbert Frledl humorvolle Illustrationen gezeichnet hat. Zusammenstellung und Nachwort besorgte Ru dolf Walter Litschel, der sich in diesem Fall auch auf dem Gebiet der heimischen Literatur als Schatzgräber erweist. Wer sich von der Notwen digkeit und Wichtigkeit dieser Schatzgräberei überzeugen will, lese lediglich das Gedicht ,,Mei' Oberösterreich" - (eine heimliche Landeshymnel). Josef Krempi: Meine Landsleut. Dichtungen in oberösterreichischer Mundart. Zusammenge stellt und mit einem Nachwort versehen von Ru dolf Walter Litschel. iiiustrationen von Herbert Friedi. 2. Auflage. - Linz: Oberösterreichischer Landesveriag 1978, 133 Seiten, Leinen, Laden preis S 98.-. Porträt eines oberösterreichischen Volks schriftstellers Volksschriftsteller müssen nicht unbedingt Dia lektdichter sein. Ihr künstlerisches Anliegen kön nen sie auch in der Schriftsprache verwirklichen. Ob so oder so, sind sie In den letzten Jahrzehnten in Mißkredit geraten, werden mit scheelen Augen angesehen. Die Ursache liegt in Zeltumständen, aber oft auch in ihnen selbst, wenn sie sich vom heimatlichen Boden entfernt haben und Kitschisten geworden sind. Urbane Romantik hat sie dazu verführt. Christian Pramesberger, der am 25. Dezember des Vorjahres in voller Rüstigkeit seinen 80. Ge burtstag feierte, hat sich nie zu etwas verführen lassen. Er Ist das geblieben, wozu er geboren wurde, ein behauster Arbeiter des Salzkammer gutes, Bergmann und Kleinbauer. Das Erzählta lent, das in der Luft seiner Heimat liegt, die Le bensfreude und die innige Verbundenheit mit der eigenen Bergheimat waren seine besten Wegbe gleiter. Er ging und geht noch heute mit offenen Augen durch das Leben, nimmt alles Erlebte In Alltag und Festtag bewußt In sich auf und wurde so - von seiner Natur her - zum Schriftsteller. Den Stoff seiner Romane liefert Ihm seine Um welt. Er erfindet nicht Schicksale, sondern berich tet aus dem täglichen Leben seiner Nachbar schaft. Die engere Heimat Ist für Ihn das weite Goiserer Becken. Durch seinen Beruf und sicherlich auch durch die Verwandtschaft steht er ebenso mit der Gösau und dem Oberland (äußeres Salzkam mergut und Wolfgangsee) in geistiger Verbin dung. In diesem Raum spielen seine Romane: Stürzende Felsen-Grenzwasser-BruderzwistDas harte Brot der Berge. Es sind, wollen wir sie In eine Literaturgattung einordnen, Schlüsselro mane. Die ,,Helden" haben wirklich gelebt. Des halb wirkt auch die Schilderung Ihrer Schicksale, als ,,wär's ein Stück von mir". Hinzu kommt, daß der Autor stets nicht nur fleißig gearbeitet, son dern In seiner Freizelt auch gerne fröhlich gelebt hat. Als jahrzehntelanger Kapellmeister der Feu erwehrmusik von St. Agatha, einer Ortschaft am Fuße des Pötschenpasses im Gemeindegebiet von Bad Golsern, erlebte er alle Sonnenselten des heimatlichen Jahresfestkrelses und be schreibt diese ohne Scheuklappen und Farbbrille akademischer Volkskunde. Wissenschaftlichen Volkskundlern wird anzuraten sein, seine Bücher als Quellen zu benützen. Der Im Vorjahr - zu seinem 80. Geburtstag - er schienene Roman ,,Das harte Brot der Berge" ist sicherlich sein reifstes Buch. Er hat daran sein ganzes Leben gearbeitet, der erste Rohentwurf hIefür entstand bereits in den zwanziger Jahren unter dem Arbeitstitel ,,Unser täglich Brot". Schauplatz dieser weltläufigen Erzählung Ist das Gosautal. Die Handlung erstreckt sich über viele Jahrzehnte, beginnt vor dem Ersten Weltkrieg und endet in den ersten Nachkriegsjahren des Zweiten Weltkrieges, im Mittelpunkt stehen ei nige Gosauer Famliien, die das ganze Gosautal versinnbildlichen. Sie müssen mit ihrer rauhen Bergwelt, aber auch mit den Zeitereignissen fer tig werden. Trotz hartem Leben, vielfacher Not und Zeltkrisen lieben sie ihr Dasein, vor allem je doch ihre Heimat. Es Ist keine romantische Zu neigung, sondern einfach Ihr Lebensinhalt. Beachtenswert Ist die Erzähltechnik von Chri stian Pramesberger, die besonders in seinem letzten Roman deutlich wird. Er versteht es, wie ein gelernter Literat die einzelnen Handlungen ineinander zu verflechten, daß schließlich ein Gesamtbild herauswächst. Er setzt immer wieder neu an, findet stets die richtigen Übergänge. Er leitet den Leser seines Buches wie ein Bergführer an einem sicheren Seil bergauf und bergab. Zu erwähnen Ist noch, daß die Betreuung dieses echten Volksschrlftstellers in vorbildlicher Welse der Rudolf-Trauner-Verlag In Linz übernommen hat. Ihm dankt eine zahlenmäßig heute schon be achtliche Leserschaft, die als Anhängerschaft des Autors zu bezeichnen ist. Qtto Wutzel
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2