Kunst der Gegenwart Max Stockenhuber — ein innviertier Bildhauer Paul Stepanek Das 200-Jahr-Jubiläum des Innviertels füllt das Jahr 1979 nicht nur mit einer Kette von Feiern und Festveranstaltungen, sondern gab und gibt Anlaß, auch die Leistungen Innviertier Künstler herauszustellen. Einer von ihnen, der akad. Bildhauer Prof. Max Stockenhuber, hat gerade in jüngerer Zeit eine Reihe von bemerkenswerten Arbeiten für das Land am Inn geschaffen. Es lohnt daher, die Laufbahn dieses echten Innviertlers aus seinem Ursprungsland heraus zu verfolgen. Max Stockenhuber wurde 1921 als Sohn eines Gastwirt-Ehepaares in Pötting bei Andrichsfurt, Bezirk Ried i. I., gebo ren und besuchte in Andrichsfurt die Ele mentarschule. Schon hier fiel seine musi sche Begabung in Zeichnungen auf, wurde andererseits durch frühen Geigenunterricht beim ,,Messeleser" Fink gepflegt. Die glückliche Kindheit in der von den ,,Segnun gen" des modernen Landesausbaues noch ungetrübten ländlichen Heimat war ein auch späterhin erkennbares prägendes Positi vem. So wie der im wenig entfernten Gurten geborene, um 28 Jahre ältere Bildhauer Ludwig Kasper begegnet auch Stockenhu ber erstmals eindrucksvoller Bildhauerkunst in einer Schwanthaierplastik, nämlich dem Gnadenstuhl in der dem Vaterhaus benach barten Brünndlkapelle. Diese Figuren gruppe gilt als ein Hauptwerk des seinem berühmten Vater Thomas in der Werkstatt folgenden Johann Franz Schwanthaler. Die barocke Formenpracht des Ensembles zog den kleinen Max in ihren Bann, ohne daß es der Aufforderung der tief religiösen Mutter bedurft hätte, die Kapelle des öfteren zu be suchen. Auch hier entstand sicherlich eine der Grundlinien, auf denen sich späterhin das schöpferische Talent des Heranwach senden entwickelte. Doch vorerst galt es noch, die Grundschulen abzuschließen. Das aufgeweckte Bürschchen, dessen kindli cher Berufswunsch sich den Müller zum Ziel gesetzt hatte - der gute ,,Göd" hatte eine Mühle, deren technische Arbeitsvorgänge und ereignisreiches Drumherum den Buben mächtig beeindruckten -, pendelte alsbald in die Bürgerschule der nahe gelegenen Kreisstadt Ried. Fahrschüler sind von jeher ein recht leben diges Völkchen, das gegenüber den gleich altrigen ,,Ortsfesten" sein Freizeitmanko durch größere Selbständigkeit und Mobilität ausgleicht. So auch Max. Die Muse er scheint ihm immer erstrebenswerter, er be ginnt zu schnitzen und in Ton zu modellie ren. Zum Geigenspiel gesellt sich die Flöte, die im Rahmen der Ortsmusik gespielt sein will. Das traditionsgebundene und ,,siche re" Berufsziel ,,Müller" verblaßt, die evi dente künstlerische Begabung überzeugt Ä|r öS »ä»yvtERTL."! iJwT .Hl ■ t Hauszeichen für das neu gestaltete Innviertier Volkskundehaus in Ried im Innkreis, 1977, Alu-Guß, 13 Meter hoch schließlich auch die Eltern: Stockenhuber verlegt seinen Schulweg nach Hallstatt, in die Sparte ,,Bildhauerei" der dortigen Holz fachschule, einer,,Pflanzstätte" später be kannter Bildhauer, wie etwa eines Alois Dorn oder Hannes Haslecker. Der junge Stockenhuber eignet sich hier handwerk liches Rüstzeug in der Holzbehandlung an, das nicht nur vordergründig verblüffend wirkt, sondern Ihm auch die Grundlage für freies, von technischen Problemen unbela stetes Gestalten schafft. Er liebt seine Kunst und nimmt dafür mancherlei Entbehrungen, von seiner kargen Behausung angefangen bis zum - auch zeitbedingten (1937 bis 1941!) - allgemeinen Mangel an materiellen Vergünstigungen, gerne in Kauf. Der Musi kant in ihm schafft Abhilfe: die Teilnahme an diversen Schrammelmusiken läßt des öfte ren als angenehme Folgeerscheinung den knurrenden Magen verstummen. Indes bleibt dem frischgebackenen Absolventen der Hallstätter Schule, der in dreieinhalb Jahren Gelegenheit hatte, den Eindruck ei ner so monumentalen Landschaft wie des Dachsteingebietes zu verarbeiten, gar keine Zeit, sich in Gedanken über seine Zukunft zu verlieren: der bereits brodelnde Krieg fährt brutal dazwischen. Max wird, kaum das Zeugnis in der Tasche, zu einer Eliteeinheit eingezogen und erlebt nach einem Inter mezzo beim Spielmannszug in Berlin als Soldat an drei europäischen Fronten die Greuel des Krieges, dem auch er nicht heil entkommt. Doch das Glück steht dem schwer Verwundeten zur Seite: seine - vor läufige - Rekonvaleszenz fällt mit dem Kriegsende zusammen und bewahrt ihn vor der erzwungenen Rückkehr in das Berliner Inferno der letzten Kriegstage. Stockenhu ber gönnt sich freilich keine Ruhe. Erfüllt von Dankbarkeit für die Chance einer neuen Selbstverwirklichung und getrieben vom Streben, die von der erlebten Destruktion verschütteten schöpferischen Kräfte zu mo bilisieren, beginnt er bereits im Herbst 1945 an der Wiener Akademie der bildenden Künste sein Bildhauerstudium. Vielleicht ist sein Entschluß, freischaffender Bildhauer zu werden, aus der Polarität des Willens zum totalen Schaffen im Gegensatz zur er lebten totalen Vernichtungsmaschinerie zu sehen. Nach vier Jahren der akademischen Ausbil dung bei Müllner, Santifaller und Boeckl schließt er ausgezeichnet mit Diplom ab. Sein Wiener Aufenthalt ist von den Entbeh rungen der ersten Nachkriegsjahre, aber auch von der endgültigen Überwindung des Kriegsleidens durch eine Operation ge kennzeichnet; vor allem aber ist er geprägt von dem den Künstler befruchtenden
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