Oberösterreich, 29. Jahrgang, Heft 1, 1979

Die Burg zu Schärding Franz Engl Historische Ansicht von Schärding, 1644, aus Matthäus Marians TOPOGRAPHIA BAVARiAE - das ist Beschreib(ung) der Vornembsten Stätt vnd Orth in Ober vnd Nieder Beyern, Kupferstich, 294 x 109 mm. Überblicken wir die Geschichte unserer Städte, die besonders im Übergang vom Hoch- zum Spätmittelaiter, aiso im 13. und 14. Jahrhundert, einsetzt, so sehen wir deutlich, daß sehr häufig eine wesentliche, ja oft entscheidende Rolle für Entstehung und Entwicklung eine Burg gespielt hat. Leicht erkennbar ist das schon am Namen vieler Städte, in denen noch das Wort ,,Burg" steckt, denken wir etwa an Burghau sen, Eggenburg, Freiburg, Magdeburg, Naumburg, Neuburg, Regensburg, Salz burg, Straßburg, Wasserburg, Weissenburg und andere mehr. Zum Wort ,,Burg" darf angemerkt werden, daß der Ausdruck aus dem Althochdeut schen kommt und dort bereits ,,burg" oder ,,burug" lautet, in der Bedeutung von ,,um schlossenem befestigtem Ort", ,,Burg", ,,Schloß", ,,Stadt". Auch in Schärding war die Burg mitbestim mend für die Stadtwerdung, doch nicht allei niger Anlaß. Wie bei anderen Städten kom men noch die verkehrsgeographische Lage, die politisch-militärische sowie wirtschaftli che Situation hinzu, die ihrerseits wieder Voraussetzung für die Anlage einer Burg sein konnten; aile diese Komponenten tref fen auch für Schärding zu. Aus dem ,,-ing-Namen" erhellt, daß Schär ding - im Jahre 804 in einer Passauer ürkunde ,,Scardinga" genannt - eine kleine, bäuerliche Siedlung gewesen ist, wie sie im 6. und 7. Jahrhundert nach der bairischen Landnahme durch Grundzuweisung des Herzogs an Edelinge und ihre Sippe ent standen waren; dies zeigen auch Ortsna men im Bezirk, wie Bubing, Eggerding, Leoprechting, Sigharting u. a. Daß Schärding in den späteren Jahrhunder ten über seine bäueriiche Struktur verhält nismäßig schnell hinausgewachsen ist, ver dankte es seiner spezieiien verkehrsge ographischen Lage, aus der wirtschaftiiche, politische und strategische Vorteile resul tierten. Schärding liegt am Inn, der mit seinem größ ten Nebenfluß, der Salzach, aus dem Süden kommt, in Passau in die Donau mündet und bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts eine sehr bedeutende Schiffahrts- und damit Handelsstraße darstellte. Vom Osten her mündet unmittelbar bei Schärding die Pram in den Inn und gegenüber, von Westen kommend, die Rott. Diesen beiden Flüssen folgen seit altersher wichtige Landwege, die in Schärding den Inn überqueren. Aus passauischen und anderen Urkunden erfahren wir, daß das Hochstift und das Domkapitel Grundbesitz und damit grund herrliche Rechte in Schärding hatten, und ein Beleg vom August 1064 besagt, daß in Schärding ein ,,transitus aquae", eine Über fuhr also, bestand, für die der Bischof von Passau eine Abgabe verlangte. Im Zuge des Investiturstreites (1077-1122), in dem der Bischof von Passau auf päpstlicher und die mächtigen G rafen von Formbach auf kaiser licher Seite standen, scheinen die Formba cher - sie leiteten ihren Namen von ihrer Stammburg Formbach (heute Vornbach) knapp unterhalb von Schärding am linken Innufer her- in den Besitz der passauischen Güter und damit auch der Herrschaftsrechte gelangt zu sein. Nach den Störungen durch die Ungarnkriege kam im 11. Jahrhundert die Innschiffahrt, besonders mit Salz, wie der in Schwung, und in Schärding entstand eine Schiffslände (,,portus in ioco qui dicitur Scardingen" - um 1130 - bzw. ,,portus ad Scaerdingen" - um 1140), an der nun die Grafen von Formbach Landegeld einhoben. Im Verlauf der Kreuzzüge blühte der Handel sehr auf, nicht nur im Fernverkehr, sondern auch als Nahhandel, für Schärding der Ver kehr vom Pram- ins Rottai über den Inn. Dies führte zur Errichtung einer Zollstätte zur Einhebung der Gebühren für den Durch zug der Waren auf dem Inn und der Ver frachtung über den Fluß. Wenn diese Maut stelle auch urkundlich erst für 1237 belegt ist, darf sie doch bereitsein Jahrhundert frü her angenommen werden. Zoll, Maut und Gericht gehörten ursprünglich zu den könig lichen Hoheitsrechten; die Grafen hatten sie zu verwalten und auszuüben, hier also zu nächst die Grafen von Formbach, die Inha ber einer großen Grafschaft zwischen der Vils (Niederbayern) im Westen, derTraun im Osten, der Donau im Norden und des Haus ruck- und Kobernaußerwaldes im Süden. Nach deren Aussterben 1158 erbten die Grafen von Andechs, die in Altbayern und bis zur Adria reich begütert waren, den Formbachischen Besitz.

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