Oberösterreich, 29. Jahrgang, Heft 1, 1979

Der religiösen Voikskunde ist im Rieder Stadt museum eine Feige von drei Räumen gewidnet, wie es der barocken Voiksfrömmigkeit des Innvierteis entspricht. I eine ganze Hochzeitsausstattung gewesen sein, die in den Besitz des Pfarrers gewech selt war, Teiler, Pitschen und Krüge bis zu den schweren Lüngeripiatten, die noch aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts stammen. Das Lüngerl als das traditionelle Voressen war wichtig, daran aßen sich die Hochzeitsgäste satt, damit ihnen die Fleischspeise ,,zum Heimtragen" blieb. Eine Serie von Eßbestecken in liebevoll ver zierten ledernen Scheiden zeugen von den Bräuchen am Wirtshaustisch. Messer, Ga bel und Streicher mußte der Gast selber mit bringen, oft staken auch Löffei aus Bein, Holz oder Metall dabei. Auch die innen- und Unterseite der Löffel durfte nicht schmuck los bleiben, besonders die Sterzinger Stücke aus Bein sind köstlich ornamentiert und mit Sprüchen versehen. Aufwendige Siiberuhren mit schweren Ket ten zeugen von der Wohlhabenheit ihrer Be sitzer. Unter den veschiedenartigen Ketten anhängern fallen die vielen Silberfiligran schlüssel auf, die gegen Fraisen und Epi lepsie helfen sollten. Schmuckstücke im weiteren Sinn sind auch die Pfeifen mit rei chem Beschlag, voran die Ulmer Maser köpfe mit Darstellungen aus dem bäuerli chen Leben. Da ist aber auch viel anderes Geschmücke aufgesammelt, überwiegend weiblicher Schmuck, versteht sich: der reiche Hals schmuck zum Beispiel, die Fiohnschnailen, teilweise noch mit dem schwarzseidenen ,,Flohn" versehen, der zuerst zweimal um den Hais geschlungen und dann mit einer Schnalle geschlossen wurde. Diese Schlie ßen waren aus kunstvoll geschichtetem Silberfiiigran gefertigt, sie wurden aus Schwäbisch-Gmünd herübergehandeit und gerne in Salzburg eingekauft. Arme Leute begnüg ten sich mit zinnernen oder noch billigeren aus Rauschgold. Gegen 1840 wurde der Seidenfiohn weggelassen, an seine Steile traten die feingliedrigen Silberketten mit immer mehr Kettengängen und mächtigen Schließen: man nennt sie völlig zu Unrecht Kropfketten - keine Rede von Kröpfen, die Frauen müssen wahre Schwanenhälse ge habt haben, so eng laufen diese Kettengän ge. Für jeden Gang rechnete man einen Gulden, für die Schließe mindestens zehn - es war ein aufwendiger Schmuck. An der Form der Schließe erkannte man die Her kunft, die Salzburger Form war barock ge rundet, die Innviertier gradlinig, auf die Lin zer Form sah man etwas geringschätzig herunter, sie war kleiner und hatte auch we niger Kettengänge. Dieses ausführlichere Beispiel zeigt, wie ein derart geschlossener Detailbestand einer einzigen Schmuckform vielfältige Abwandlungen verfolgen läßt. Die prächtigen Miederpfeile, wie sie am Miedergeschnür getragen wurden, zeigen ähnliche Ornamente in Silberfiiigran und mit Steinen. Noch phantasievoiier waren die Tuch- und Haubennadeln gestaltet. Sie wä ren eine eigene Untersuchung wert, auch wenn man die Kuriosa ausklammerte - wie die breiten Schwartennadein, die man durch die Kopfhaut steckte, wie bezeugt ist. Die Anhänger sind aus Email und Elfenbein und verschiedenem anderen Metali, sie sind vielgestaltig wie die Andachtsbilder, die man in zahllosen Varianten im Gebetbuch trug oder an Wänden und Truhendeckei be festigte. Der bunte Bauernhimmel trug aber auch Geheimnisvolles und Abseitiges. Von

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