Oberösterreich, 29. Jahrgang, Heft 1, 1979

Von oben nach unten; Blick In den Sonderausstellungsraum mit Aus stellung Swibert Lobisser - Motiv aus der volkskundlichen Sammelgruppe „Kleidung" - Motiv aus der Bürgerstube. jung aus lokalgeschichtlichen Gründen be sonders interessiert haben. Gerade die er haltenen Monstranzen erinnern, wie sehr das Zunftwesen auch religiöse Belange be stimmte. Analog zu den Zunftaltären in der Stadtpfarrkirche sind sie ein Symbol der Zu sammengehörigkeit. Auch die hölzerne Monstranze der Zimmerleute hat sich erhal ten (die Heilige Familie im Mittelteil hat gute schwanthalerische Züge), andere waren aus Metall, wie die Monstranzen der Flei scher und Wagner - sie wurden bei den fei erlichen Prozessionen, die es zu vielen Ge legenhelten gab, vorangetragen und hatten festlich zu sein - Stolz des ehrsamen Hand werks. Die Zunfttruhen enthielten die Handwerks ordnungen und Urkunden, die Zunftkassen, Siegel und andere wichtige Dinge. Der Ver schluß bestand aus mehreren Schlössern, zu denen der Zunftmeister, der Altgeselle und der behördliche Kommissär je einen Schlüssel hatten - die Truhen waren nur im Zusammenwirken zu öffnen. Dieser Einrich tung entsprach der sinnreiche Grundsatz, daß wesentliche Fragen des Handwerks nur bei ,,offener Lade" abgehandelt werden durften, damit war die Anwesenheit der wichtigsten Leute gewährleistet. Neben den Geräten des Flachsbearbeitens, des Spinnens und Webens erinnern Tuch scheren und Blaudruckstöcke an die feinere Fertigung. Zahlreiche Zeugnisse kunstrei cher Handarbeit weisen in einen schönen textilen Bestand: Männer- und Frauenklei dung in ausgewählten Stücken, mit allem Beiwerk versehen, was schmückt und was Wohlstand hervorhebt. Breite Ranzen, mit ausladenden Ornamenten bestickt und be näht, schließlich die kostbaren Haubenfor men, die auch nicht jedermann tragen durf te. Man hielt darauf, was sich ziemt und was nicht, über die eingeführten Verhaltenswei sen wachte ein tödlicher Leumund. Ein wertvoller Wachs- und Lebzelter-Modelbestand hat sich aus dem Hause Dreiblmayr-Zehentner herübergerettet bis auf den heutigen Tag. Sie bezeugen ein blühendes und auch kunstreiches Handwerk, das den Lehrbuben und Gesellen zumutete, die Mo del auch selber schnitzen zu lernen, die dann zum Abguß zu verwenden waren. Die Zwecke waren ja ebenso verschieden wie die verschlungenen Wege des Volksbrau ches und der Volksfrömmigkeit, die in keine Massenfertigung zu pressen waren, die es im heutigen Sinn auch noch gar nicht gege ben hat. Vieles ist noch von den Schüsseln und Krü gen geblieben, die nur selten verwendet, in den guten Stuben die Zeiten überdauert ha ben. Kostbares Zinn ist darunter, manches aus dem Markt selber stammend, wie die Meisterzeichen verraten. Zusammen mit den vielen kleinen Dingen, die der Zufall herangespült hat, Schriften und alte Drucke zum Beispiel, hätte daraus ein hübsches kleines Heimathaus bis auf den heutigen Tag gespeist werden können, zumal doch auch Immer wieder Schwanthalerarbeiten in die Stadt heimkehren und den kunsthistori schen Rang der Bestände heben. Aber es ist ein großes Museum geworden und hat sich sogar um einen eigenen Namen umgesehen. Wie das gekommen ist? Ein gutes Geschick und kräftige Nachhilfe von weitblickenden Leuten haben die bedeu tende Privatsammlung des Pfarrers Johann Veichtlbauer nach Ried gelenkt und damit das örtliche Sammelgut gleich um viele tau send Objekte bereichert. Nach Jahrzehnten wurde dazu nun auch der gebührende Rahmen geschaffen, damit al les behütet und doch zugänglich bleibe. Das Rieder Volkskundehaus ist mit der Samm lung Veichtlbauers über den städtischen Bereich hinaus nun wirklich zu einem Spie gel des Innviertels geworden, vor allem zum Spiegel seiner geistigen Landschaft. Kultur ist unendlich vielfältig und reicht von der Form des Sensenholms bis zum Tonfall beim Tischgebet. Für sperriges Arbeits- und Wohngerät fehlte der Platz. So waren es von Anfang an die kleinen Dinge des Verehrens, des Brauchens und Schmückens, die sich einfanden und auf ihre ganz spezifische Weise Geist und Lebensart dokumentieren - dank der Sammlung Veichtlbauer in einer Vollständigkeit, die nur angedeutet werden kann. Da sind die Gefäße zu großen teilsamen Gruppen geworden: die blei- und zinngla sierte Keramik ließ sich scheiden in die Krö ninger, die Salzburger und die Gmundner Krüge, Steinzeug und Steingut in rheinische und böhmische Ware, einige waren aber auch aus dem inner-oberösterreichischen Raum, wie die köstliche Gruppe der Freu denthaler-Gläser. Kupfergefäße kamen aus dem Weilhart und Holzwaren aus der Viechtau - eigene Er zeugung gab es wenig, die Innviertier deck ten ihren Bedarf leicht über die zahlreichen Märkte. Von den Gütern des täglichen Ge brauches ist freilich wenig geblieben, es war des Aufhebens nicht wert. Meist waren sie auch selber angefertigt worden, wie die höl zernen Teller, die älteren Formen viereckig, die neueren rund - sie mußten jedesmal mit Sand abgerieben und gesonnt werden, da mit sie appetitlich blieben. In besseren Häusern und Gasthöfen gab es Zinngeschirr, den Beständen nach muß es @ Üd €) ■ — . .. ^ifi ■

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