Oberösterreich, 29. Jahrgang, Heft 1, 1979

Das neue Braunau Rainer Relnisch Siebenhundertzwanzig Jahre nach der Stadtgründung 1260 hat sich die Stadt Braunau von einer „dörfischen Siedlung, die am Rande des Enknachsteilufers um die Kirche herum gelegen war"\ zu einer Be zirksstadt mit ca. 17.500 Einwohnern ent wickelt. Heute ist sie nahezu voll ausgestat tet, hat bis auf einen qualitativen Fehibestand ausreichend Wohnungen, hat Arbeitspiätze, alle Schultypen, Freizeitanla gen und bemerkenswerte kultureile Aktivitä ten. Aus Anlaß des 200-Jahr-Jubiläums Innvier tel Ist es am Platze, diese Entwicklung, vor allem die der jüngsten Vergangenheit, zu beleuchten und Zielmarken für die Zukunft aufzuzeigen. Der wesentiiche Entwickiungssprung, der aus einem wirtschaftlichen Tief zum Anfang des Jahrhunderts führte, war die Gründung der Vereinigten Metailwerke RanshofenBerndorf Aktiengesellschaft im Jahre 1939 und des Innkraftwerkes Ering. Dieser wirt schaftliche Umbruch, der nicht nur die Stadt, sondern den ganzen Bezirk betraft, stellte einen Impuls dar, wie er an Kräftigkeit wohl selten so unvermittelt über eine Stadt her einbrach. Von ailen österreichischen Städ ten hatte Braunau seit 1939 die größte rela tive Bevölkerungszunahme zu verzeichnen3. Einwohnerzahl der Stadt Braunau am Inn 1869 - 4.664 1890 - 5.675 1910 - 6.414 1939 - 7.902 1961 - 14.449 1978 - 17.258 Nach den ersten drei Jahrzehnten des Jahr hunderts, in welchem im Jahresdurchschnitt die Bevölkerung nur um 30 Personen an wuchs, explodierte die Stadt förmlich bevöl kerungsmäßig mit einem jährlichen Zu wachs von 900 Personen bis zum Kriegs ende 1945. Dieser Druck machte aus einer eher bescheidenen Kleinstadt in 40 Jahren eine Bezirksstadt, die heute als weitgehend vollständig ausgestattet bezeichnet werden kann. Die ehemalige Tuchmacherstadt war seit dem Ende der Innschiffahrt in wirtschaftli che Stagnation gefallen und war dazu seit der Abtrennung des Innviertels vor 200 Jah ren plötzlich auch Grenzstadt mit ailen Nachteilen der damit verbundenen Rand lage geworden. Daß dieses ruhige Städt chen vom Sturm der neuen Entwicklung nicht nur positiv beeinflußt wurde, ist ver ständlich. So manche Änderung wäre viel leicht in anderer Weise geschehen, wenn sie in einer Zeit größerer Besonnenheit hätte erfolgen können. In der Turbulenz der Expansion haben aber die Bürgermeister und Gemeindevertreter immer wieder beispielhaft versucht, Ord nung und Konzept in die Stadtentwickiung zu bringen. Schon im Frühjahr 1962 gab die Stadtgemeinde den Auftrag zu grundlegen den Untersuchungen der Wirtschaft und der überörtlichen Gegebenheiten mit dem Ziel, einen Flächenwidmungsplan zu erstellen", der 1965 zu einem Zeitpunkt beschlossen wurde, als sich noch keine andere ober österreichische Stadt eines solchen Instru mentes bediente. Seither ist immer versucht worden, die Stadtentwicklung diesen und den neuen Konzepten entsprechend zu ge stalten. Von Glück oder Weitsicht getragen, wurde die Industrieanlage des Aiuminiumwerkes von Waid umschlossen so im Süden situiert, daß kaum ein Wind die Abgase dieses 3000-Mann-Betriebes über die Stadt tragen kann. Wenige Besucher von Braunau ent decken überhaupt die fünf Schlote, die aus dem Lachforst ragen und den Standort des großen Werkes bezeichnen. Für die Stadtgestalt des neuen Braunau verantwortlich ist vor allem das umfassende Anwachsen der Wohnbebauungen. In den Jahren 1939 bis 1943 entstanden Werks siedlungen in Ranshofen und im Ortsteii Laab mit zusammen 369 Wohneinheiten, Die Höhere Technische Lehranstalt für Elektrotechnik und Elektronik ist mit einem 400-Betten-lnternat für 1000 Schüler und 100 Lehrer konzipiert. Das Herrenhaus des ehemaligen Gutes Osternberg (links im Bild) wurde integriert und als Wohnhaus gestaltet. H

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