Oberösterreich, 29. Jahrgang, Heft 1, 1979

Tradition und Gegenwart des innvierteis im Spiegel seiner Gemeindewappen Geschichte und Kultur, Wirtschaft, Fauna und Flora als Motive der kommunalen Heraldik Herbert Erich Baumert Alle drei ihrem urkundlich erfaßbaren Auf treten nach frühesten kommunalen Wappen im damals bayerischen, östlich des Inn ge legenen Landstreifen enthalten die weiß blauen Rauten der Wittelsbacher als Sym bol der Territorialhoheit des angestammten Fürstenhauses: Das früheste Stadtwappen von Braunau, den stilistischen Merkmalen nach wohl älter als der auf uns gekommene Siegelabdruck aus dem Jahre 1331, enthält oben nebeneinander stehend je ein Schild chen mit dem gekrönten pfälzischen Löwen sowie mit den baierischen Rauten, darunter doppelt gekreuzte Zweige; im ersten, 1386 im Siegel der ,,erbarn purger ze Scherding" belegbaren, schräggeteilten Wappen er scheint zum oberen Rautenfeld unten eine geöffnete Tuchschere, während das 1435 von Herzog Heinrich IV. von Niederbayern an Ried verliehene, ebenfalls schräggeteilte Marktwappen im unteren Feld einen Bund schuh zeigt. Bei letzterem handelt es sich historisch einwandfrei nachweisbar um das alte Wappenblld der altbaierischen Grafen von Scheyern, die sich seit 1116 nach der bei Aichach gelegenen Burg Wittelsbach nannten. In dem 1519 im Druck erschiene nen ,,Volksbuch von Barbarossa" wurde mit der ,,wahrhaftigen Historie" von der Grün dungs Rieds durch den Müllerssohn Diet mar Anhänger das Aufkommen des Bund schuhwappens in Verbindung mit Ereignis sen während des Kreuzzuges von 1189 nachträglich zu motivieren versucht. Die 1779 durch den Friedensschluß von Teschen erfolgte Angliederung des ,,Innvier tels" an Österreich brachte naturgemäß mit vielen anderen Verordnungen auch Ände rungen der bestehenden Kommunalwappen mit sich; die jetzt ,.ausländischen" baieri schen Hoheitszeichen wurden durch Farben und Symbole des neuen Landesherrn er setzt: Das nun in Gebrauch genommene Siegel der ,,k. k. Landesfürstlichen Festungs Stat Braunau" zeigt den Schwert und Zepter haltenden, gekrönten Doppeladler der Habsburger mit dem österreichischen Hauswappen als Brustschildchen, auf des sen Mittelbalken als Rest aus dem ur sprünglichen Stadtwappen Zweige und Blätter gelegt sind. Schärding und Ried er setzten die,,baierischen Wecken" durch die weiß-roten Pfähle aus dem oberösterreichi schen Landeswappen; ins Rieder Wappen wurden noch drei aus der schrägen Tei lungslinie ins untere Feld wachsende Blätter eingefügt. Sechs Monate nach der Rückgliederung des 1809 wieder an Bayern abgetretenen Inn viertels erhielt Braunau 1816 von Kaiser Franz I. ein dreigeteiltes Wappen mit rotweiß-rotem Feld, einem Greif und Kressen zweigen verliehen. 1960 kehrte die Stadt er freulicher Weise von dieser VerlegenheitsKonstruktion wieder zum alten, historisch begründeten Wappen mit den Löwen- und Rautenschildchen zurück. - Im Siegel mit der Umschrift ,,Gaes: Reg: Magistrates Scheerding: Aust: Infer: Supra Onasum" er scheint ebenfalls ein dreigeteiltes Wappen, und zwar mit zwei Pfählen im ersten, dem nimbierten Doppeladler im zweiten sowie der Schere im dritten unteren Felde. 1960 wurde durch Beurkundung der oberösterrei chischen Landesregierung der Stadt Schär ding eine vereinfachte Wappenform ge nehmigt. - Ried bekam durch Erlaß des k. k. Ministeriums des Innern mit der Erhebung zur Stadt im Jahre 1859 ein neues ,,schöne res und reicheres" Wappen; der schräg viergeteilte Schild zeigt neben dem öster reichischen Doppeladler nun auch wieder die weiß-blauen baierischen Rauten, deren Aufnahme der Rieder Gemeinderat in seiner Eingabe mit dem besonders hervorgehobe nen Hinweis auf die eheliche Verbindung Kaiser Franz Josefs mit der Wittelsbacher Prinzessin Elisabeth erbat; den neben dem traditionellen Bundschuh nun ins Stadtwap pen inkludierten Ast mit drei Blättern ent lehnte man kurzerhand dem Wappen der abgestorbenen Anhänger zu Köppach und bezeichnete ihn als ,,Familienwappen" des sagenhaften (namensgleichen) Stadtgrün ders. Aus der bayerischen Zeit behielt lediglich Mauerkirchen die Rauten unbeschadet des Wechsels der staatlichen Oberhoheit in seinem Marktwappen, während in dem 1581 von Herzog Wilhelm V. von Bayern verlie henen Altheimer Wappen die ,.Wecken" ebenfalls von den weiß-roten Pfählen des Landes ob der Enns abgelöst wurden. Interessanter Weise ist bei einigen in den letzten Jahren entstandenen Innviertier Gemeindewappen eine reziproke Tendenz gegenüber den vor zweihundert Jahren ge übten bzw. befohlenen Maßnahmen zu be obachten, nämlich der Wunsch zur Auf nahme der bayerischen Herrschaftsinsignien, nunmehr als nostalgisch-verklärte Erin nerung an das alte Mutterland: So kamen die weiß-blauen Rauten in die Wappen von Feldkirchen bei Mattighofen, Fränking, Ort i. I. undTaiskirchen, der Löwe-allerdings in schreitender Form und veränderter Farbe ins Wappen von St. Pantaleon. - Das heute dem politischen Bezirk Vöcklabruck zuge hörige Pondorf, dessen Gemeindegebiet durch die seinerzeitige Grenzziehung zur Hälfte zu Bayern bzw. zu Osterreich gehör te, bringt diese historische Situation in dem 1974 verliehenen Wappen durch die Ge genüberstellung des baierischen Löwen und des Adlers aus dem oberösterreichischen Landeswappen besonders augenfällig zum Braunau am Inn Stadtwappen nach Siegelabdruck aus dem Jahre 1331 Schärding Stadtwappen nach Siegelabdruck aus dem Jahre 1386 Ried im Innkreis Marktwappen nach der Verleihungs urkunde 5. Mai 1435 Die weiß-blauen Rauten der Wittelsbacher in den drei ältesten kommunalen Wappen des heutigen Innviertels dokumentieren die damals bayerische Landesherrschaft. - Die Zweige mit Lindenblättern und Dolden, die Tuchschere und der Bundschuh treten als individuelles örtliches Kennzeichen in Erscheinung

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