Oberösterreich, 28. Jahrgang, Heft 4, 1978

Landeskunde 125 Jahre Stadttheater Braunau Helmut Zöpfl Das Stadttheater Braunau stellt wahr scheinlich in Oberösterreich das letzte noch intakte und bespielbare Theater dar, das ur sprünglich ais Kirchenraum erbaut worden war. Die anderen ,,Kirchenraumtheater" in Ried, Schärding, Wels und Steyr sind alie längst-entweder abgetragen oder anderen Zwecken zugeführt worden. Die Inbetrieb nahme der ehemaligen Kapuzinerkirche als Theater erfolgte in Braunau relativ spät, erst am 18. Dezember 1853. Nach Auflösung des Klosters im Jahr 1784 hatte die Kirche den verschiedensten Zwecken gediente Derzeit wird das Haus gründlich renoviert und soll ab Mai 1979 ais Stadtsaal wieder für vielfältige kulturelle Aufgaben, darunter na türlich auch als Spielraum für Theater, zur Verfügung stehen. Überblickt man die 125 Bestandsjahre des Stadttheaters Braunau, so kann man drei Epochen unterscheiden. Die erste und läng ste reicht von 1853 bis 1939 und ist geprägt von der Theater-Dilettanten-Geselischaft Braunau, die zweite Epoche, von 1939 bis 1953, ist die Zeit des Berufstheaters in Braunau. Sie bedeutet gleichzeitig Höhe punkt und Keim des Niederganges. Die dritte Epoche umfaßt die letzten 25 Jahre, in denen nur wenige Aktivitäten im Theater ge setzt wurden, darunter jedoch sehr bedeu tende Aufführungen, wie Webers ,,Frei schütz", dargeboten durch ein Ensemble aus Berufs- und Laienkräften. Die Theater-Dilettanten-Gesellschaft Braunau und Ihre Funktion im Stadttheater Auch die Theater-Dilettanten-Gesellschaft Braunau erlebte, wie so viele andere Thea tervereine in Oberösterreich, Höhen und Tiefen, aktive und inaktive Perioden. Trotz dem war sie durch Jahrzehnter wesentlicher Faktor, ja Rückgrat für den Theaterbetrieb in Braunau. Daß dies so war, lag in der besonderen Struktur der Theaterverwaitung begründet. Der von der Stadt besteilte Theaterverwalter agierte ehrenamtlich und war in der Regel immer Mitglied der Dilettanten-Gesellschaft bzw. des ihr bruchios nachfolgenden Thea ter-Vereines. Die bisher erschlossenen Quellen erlauben leider keine genauen An gaben, es liegt aber der Schluß nahe, daß sogar der Verein der Stadt die Person des Verwalters vorgeschlagen hat. Welche Be deutung hatte dieser Umstand nun für den Theaterbetrieb? Wie schon an anderer Stelle ausführlich dargelegt^, ist die Organi sationsform einer Amateurtheatergruppe von entscheidendem Einfluß auf ihre Aktivi tät. Eigenständige Vereine weisen die höchste Aktivität auf, was wahrscheinlich auf die strukturbedingte Kontinuität zurück zuführen ist. Spontan zusammengetretene Gruppen ohne vereinsmäßige Organisation entbehren dieser aktivitätsfördernden Kon tinuität. Die Position des städtischen Thea terverwalters innerhalb des Theater-Verei nes verlieh dieser Vereinigung nun noch ei nen zusätzlichen Impuls zur Kontinuität und wirkte somit auch fördernd auf die Aktivität des Vereines. Die Theater-Diiettanten-Gesellschaft (bzw. ab 1898 der Theater-Ver ein) Braunau fungierte über den ihr angehörigen Theaterverwalter gleichsam als ,,Hausherr" im Stadttheater mit allen daraus resultierenden Rechten und Pflichten. Der Verein konnte über das Haus jederzeit ver fügen und war daher auch sehr daran inter essiert, es in einem optimalen Zustand zu erhalten. Die Vorteile dieser Verwaltungs struktur lagen auf beiden Seiten. Der Stadt gemeinde kostete die Theaterverwaltung nichts oder nur sehr wenig, denn die Thea terverwalter arbeiteten nahezu umsonst. (Wir wissen nur aus zwei Dankschreiben, daß der Theaterverwalter in den Jahren 1916 und 1919 eine bescheidene Remune ration erhalten hat.) Die Tatsache, daß der Theaterverwalter nicht nur die Bedürfnisse des Vereines und die nötigen Auslagen für die Instandhaltung von Haus und Bühne kannte, schirmte den Theatererhalter - die Stadtgemeinde - ab vor unbilligen oder maßlosen Forderungen. Wollte der Thea terverein aufwendige Verbesserungen, so strengte er sich auch an, die nötigen Ein nahmen zu beschaffen, meist so, daß er eine Vorstellung für den Theaterfonds gab. Beide Partner, sowohl der Verein als auch die Stadtgemeinde, profitierten also von diesem Modus der Theaterverwaltung. Nutznießer aber waren letztlich alle Braun auer, weil sie auf diese Weise durch lange Zeit ein funktionierendes Theater hatten. Der Theater-Verein hatte natürlich auch ei genes Vermögen. Es bestand vor allem aus Dekorationsstücken und Kostümen. Die im Braunauer Theater gastierenden Wander truppen, die ja in der Regel ohne eigene De korationen und nur mit dem nötigsten Ko stümfundus reisten, hatten für Dekorationen und Kostüme dem Theater-Verein Leih gebühr zu bezahlen. Braunauer Theaterverwalter und der Theaterfundus Wenn es auch nicht möglich ist, eine voll ständige Liste der Theaterverwalter zu re konstruieren, so kennen wir doch eine ganze Menge von Namen. Dem Theater verwalter A. Hirt verdanken wir ein in mehre ren Exemplaren vorhandenes Inventarver zeichnis vom 21. September 1876; er er stellte es, um den Mißbrauch abzustellen, daß Gegenstände ohne sein Wissen ent lehnt wurden, ihm folgte von 1877 bis 1878 Josef Klinger, der auch zwischen 1898 und 1903 wieder die Verwaltung innehatte. Da zwischen, von 1878 bis 1897 und dann nochmals von 1909 bis 1914, verwaltete Adolf Rosenberg, damals Inhaber des heute noch bestehenden Textiigeschäftes auf dem Unteren Stadtplatz, das Theater. Ro senberg war offenbar nicht nur ein tatkräfti ger Theaterverwalter, sondern ebenso ein sehr beliebter Darsteller, wenn er auch nicht oft eine Rolle übernahm. Mit einer Auffüh rung des dreiaktigen Schwankes ,,Das Stif tungsfest" von G. V. Moser feierte er sein 25jähriges Bühnenjubiläum und erfreute das Publikum dabei durch die humorvolle Darstellung des Vereinsdieners Schnacke. Besonderes dramaturgisches Geschick bewies Rosenberg am 24. Oktober 1896, ais das Braunauer Theater nach einer gründ lichen Renovierung und Einleitung der elek trischen Beleuchtung wiedereröffnet wurde. Die Lokalpresse berichtet darüber^:,,Lange vor der bestimmten Stunde war der Zu schauerraum besetzt, obwohl es keine Ein ladungen gegeben hatte. Der Raum war von zwei Notlampen am Haupteingang beleuch tet. Um 7 Uhr erschien der städtische Thea terverwalter Herr Rosenberg vor der Ram pe, beschienen von zwei Stearinkerzen, und begrüßte das Publikum. Rückblick, Dank der Gemeindevertretung und dem Bürgermei ster Dr. Josef Brunner, Dank der Spenderin des Lüsters". Bei den Schlußworten des Verwalters, ,und so möge denn das Haus im Glanz des elektrischen Lichtes erstrahlen', öffnete sich mit einem Schlage der Born der allgewaltigen Elektrizität und übergoß die Räume mit sonnenhellem Tageslicht, wäh rend die Theatermusik einen feschen Marsch intonierte. Ein allgemeiner Ausruf des Erstaunens und der Bewunderung durchbrauste das Haus und man hörte nur eine Stimme des Lobes und des Beifalls. Sodann wurden alle möglichen Lichteffekte vor die Augen der Zuschauer gebracht, die Apparate im Bühnenraum besichtigt und schließlich der neue Ausgang, dessen An lage als vollkommen praktisch und zweck entsprechend zu bezeichnen ist, beim Ver lassen des Theaters benützt." Hatte Adolf Rosenberg sich bei diesem Eröffnungsspektakei als geschickter Regisseur ge zeigt, so war auch er es, der 1919, nach der kriegsbedingten Pause, den Theater-Verein Braunau reaktivierte und dabei auch die Stelle des Obmannes übernahm. Der Name Rosenberg ist daher mit dem Stadttheater Braunau unlösbar verbunden.

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