Oberösterreich, 28. Jahrgang, Heft 4, 1978

Kunst der Gegenwart Karl Schmoll von Eisenwerth J. A. Schmoll gen. Eisenwerth Vor dreißig Jahren starb auf Gut Osternberg bei Braunau am Inn der Maler Professor Kari Schmoll von Eisenwerth. Dem einstigen Mitglied der Innviertier Künstlergilde widme ten diese und die Stadt Braunau im Oktober 1978 (anläßlich der Jahresschau der Gilde) eine Gedächtnisausstellung im Galeriesaal der Herzogsburg. Sie sollte einen Eindruck vom vielseitigen Schaffen des Künstlers vermitteln, der 1879 in Wien geboren wurde. Kari Schmoll von Eisenwerth entstammte einer künstlerisch begabten Familie. Ein Bruder seiner Wiener Mutter war der Maler und Makart-Schüler Louis Uhl, seine eige nen Brüder Gustav und Fritz waren Architekt und Bildhauer. Sein Vater, ein bekannter Brückenbau-Ingenieur, Miterbauer der Wiener Reichsbrücke 1876, kehrte, als Kari zehn Jahre alt war, aus Wien in seine Hei matgemeinde St. Wendel im Saarland zu rück. Von hier zog er aber bereits fünf Jahre später, 1894, in die hessische Residenz stadt Darmstadt, wo sich dem frühbegabten angehenden Maler Kari die Entfaltung des Jugendstils in der vom Großherzog gestifte ten Künstlerkolonie mit ihren Villen, Park anlagen und Ausstellungshallen (nicht zu letzt unter der Leitung des von Wien nach Darmstadt berufenen Architekten Josef 01brich) tief einprägte. Hier erhielt er seine er ste Ausbildung und konnte sich bereits 1901 mit Wandbildern an der Ausstattung der von Olbrich entworfenen Villa des Bildhauers Ludwig Habich beteiligen, ein früher Erfolg des Zweiundzwanzigjährigen. Seine ab schließenden Studien hatte er zuvor an der Münchner Kunstakademie durchgeführt, wo er 1899 bis 1901 zur Klasse von Professor Ludwig von Herterich zählte. In München geriet er auch vorübergehend in den Bann kreis von Franz von Stuck und in die Malerzirkei der Dachauer und der Osternberger Künstlerkolonien, zu denen die Maler Hugo von Preen (später sein angeheirateter Vet ter), Emil Reynier in Burghausen (sein spä terer Schwiegervater), Julius Exter, Carl J. Becker-Gundahi und andere gehörten. Dar aus ergab sich seine spätere dauernde Bin dung an Osternberg, dessen Gut er 1924 erwarb. Osternberg, Braunau und das Innviertel wurden schließlich zu seiner eigentlichen Heimat, in der er als Künstler und Mensch Anregungen und Besinnlichkeit fand. Viele seiner Landschaftsmotive stammen aus der Gegend von Osternberg, Hanshofen (wo er begraben liegt), Burghausen und dem Inntai, aber auch aus dem Hochgebirge, aus Dalmatien und Italien. Bereits während sei nes Studiums sah er sich in Europa um, war im Frühjahr 1900 längere Zeit in Paris, da nach in London, Norwegen und Schweden. Nach Abschluß der Akademiezeit traf er während eines ausgedehnten Italienaufent haltes die Münchner Akademiefreunde Karl Caspar, Hermann Haiier, Paul Klee und Otto Sohn-Rethel im Frühjahr 1902 in Rom. 1903 arbeitete er wieder einige Zeit in Paris. Man che seiner frühen Arbeiten sind daher,,Pa ris 1900" und ,,Paris 1903" datiert. Nach München zurückgekehrt, richtete er sich ein eigenes Atelier in Schwabing ein und betei ligte sich an zahlreichen Ausstellungen hier und in anderen Städten, wie z. B. in Wien, Darmstadt (wo er 1908 und 1917 mit einer größeren Kollektion seiner Arbeiten vertre ten war) und in Dresden. Für seine Farb holzschnitte, Radierungen und Lithogra phien erhielt er 1904 die Goldmedaille der Großen Dresdner Kunstausstellung. Da mals - und heute wieder - erkennt man in den zartfarbig-tonigen Farbdrucken eine Sonderleistung Schmolls, die zu den we sentlichsten der lyrischen Richtung des deutschen und österreichischen Jugendsti les gerechnet werden darf. Daneben be schäftigte sich der Maler schon seit etwa 1898 mit dem Entwerfen von Kunstgläsern. Zusammen mit den Münchner Künstlern Ju lius Diez, Carl Georg von Reichenbach und Richard Riemerschmied wurde Karl Schmoll von Eisenwerth vom Giashüttenbesitzer Ferdinand von Poschinger in Buchenau im Bayerischen Wald mit solchen Entwürfen beauftragt. Der Erfolg stellte sich rasch ein: Schon bei der Pariser Weltaussteilung 1900 erhielt die Künstlergruppe der Poschin ger-Glashütte eine Goldmedaille für ihre farbigen und ornamental dekorierten Vasen, Schalen und Becher. Auch Kristallglas, Schmuck und gelegentlich Möbel sowie figürliche Kleinplastik gestaltete Karl Schmoll, der in engerem Kontakt mit der so genannten ,,Debschitz-Schule" arbeitete. Dieses Institut, die ,,Lehr- und Versuch ateliers für angewandte und freie Kunst in München" (gegründet von Hermann Obrist und Wilhelm von Debschitz, Jänner 1902), war ein Zentrum der Jugendstil-Kunstge werbe-Bewegung und gilt heute als eine der auf das Weimarer Bauhaus vorausweisen den Kunstschulen auf Werkstattbasis vor dem Ersten Weitkrieg. (Während der Berli ner Europarats-Aussteilung ,,Tendenzen der zwanziger Jahre" 1977 zeigte man im Berliner Bauhaus-Archiv im Rahmen der Sonderschau ,,Kunstschulreform 1900-1933" erstmals auch Arbeiten dieser Debschitz-Schule und unter ihnen solche von Karl Schmoll von Eisenwerth). 1905 be rief W. V. Debschitz Karl Schmoll als Leiter der Graphik-Klasse an seine Schule. Hier wirkte er zwei Jahre bis zu seiner Berufung nach Stuttgart. Er entwickelte die Gebiete Illustration, Plakatkunst, Gebrauchs- und Werbegraphik, doch sein Schwerpunkt wa ren das Naturstudium, Akt- und Land schaftszeichnen und Aquarellieren sowie die künstlerische Druckgraphik, in deren Bereich er bereits den Ruf eines der versier testen Techniker besaß. Erst achtundzwanzigjährig, wurde Karl Schmoll von Eisenwerth 1907 als ordent licher Professor ,,für Ornament- und Figu renzeichnen, Aquarell und dekoratives Ent werfen" - wie der Lehrauftrag lautete - an die Technische Hochschule Stuttgart beru fen. Hier lehrte er im Rahmen der renom mierten Architekturfakultät fast vierzig Jahre lang. Er gehörte als Maler, Zeichner und Kunstpädagoge zur Gruppe der soge nannten ,,Stuttgarter Architektur-Schule" mit den bekannten Architektenkoiiegen Theodor Fischer, Paul Bonatz, Paul Schmitthenner u. a. Ein Höhepunkt seiner Profes sorenzeit bedeutete seine Amtsführung als Rektor der Technischen Hochschule Stutt gart im Jubiläumsjahr ihres hundertjährigen Bestehens 1929/30 und seine anschlie ßende Einladung zu einer Schiffsreise nach Westindien, dessen tropische Landschaften und das exotische Leben die nachhaltigsten Eindrücke auf sein Malerauge ausübten. Aus der Zusammenarbeit mit den Architek ten der Stuttgarter Hochschule entwickelte sich Karl Schmolls Monumentalmalerei. So schuf er 1911 für die Hauptloge des Stutt garter Hoftheaters vier dekorative Thea terszenen (heute im Württembergischen Landesmuseum Stuttgart), 1912 in Theodor Fischers Stuttgarter Kunstgebäude (Kunst verein) ein Wandbild mit dem ,,Urteil des Paris" (kriegszerstört), für den Lesesaal der von Paul Bonatz erbauten Tübinger Univer sitätsbibliothek das Monumentalgemälde ,,Odysseus in der Unterwelt" (1912/13) und für Theodor Fischers ,,Corneiianum", das von Cornelius Freiherr Heyl zu Herrnsheim gestiftete Festsaalgebäude der Stadt Worms am Rhein, sieben große Wandbilder mit Szenen aus dem Nibelungenlied (1913 bis 1915). Dieser Monumentalzyklus gilt als sein Hauptwerk. Mit ihm trat der Vierunddreißigjährige in Konkurrenz zum damals berühmtesten monumentalen Historien maler Europas, dem Schweizer Ferdinand Hodler, der 1909 für die Aula der Universität Jena den ,,Auszug der Jenenser Studenten in den Befreiungskrieg 1813" komponiert hatte. Wie Hodler gab Schmoll der kraftvol len Zeichnung großer Figurenumrisse das Hauptgewicht seiner Entwürfe, während die Farben der Wandbilder in gedämpften grü nen, violetten und rötlichen Tönen leuchte ten. Diese Fresken sind im letzten Krieg vernichtet worden. Einige der großen Origi-

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