Oberösterreich, 28. Jahrgang, Heft 4, 1978

Richard Biillnger als Einjährig-Freiwilliger Im Jahre 1917 hier bereits genannte ,,lnnvlertler Künstler gilde", als IKG überall bekannt, eine füh rende Rolle. In ihr haben sich von Beginn an viele Künstler nicht nur aus dem Innviertel, sondern aus ganz Österreich und Bayern gesammelt. Von diesen nicht im Innviertel Geborenen seien genannt Hermann Bahr, Hans Carossa, Gustav von Festenberg, Franz Karl Ginzkey, Hans von Hammerstein (einer ihrer Gründer), Arthur Fischer-Colbrie, Julius Zerzer, Otto Freiherr von Taube, Herbert Lange, Siegfried Freiberg, Josef Pfandler, Hermann Kuprian, Franz Brau mann, Willi Kandlbauer, Wolfgang Johan nes Bekh, dessen großer Münchner Roman ,,Die Herzogspitalgasse" hat aufhorchen lassen, Franz Tumler, Gertrud Fussenegger (als Gattin von Alois Dorn), schließlich Erna Blaas, Eugen Andergassen, Margret Sattlberger-Czerni, Carl Martin Eckmair, nicht zu vergessen Franz Engl, der sich als Schrift leiter des Jahrbuches der Gilde verdient gemacht hat, ebenso Otto Haubner, gebo rener Linzer, aber schon lange im Innviertel lebend, mit dem Gedichtband ,,Rückläufige Stunden" und den Erzählungen ,,Leben an der Mauer" eine bedeutsame dichterische Kraft, Hans Hamberger, Gun-Margret Forss, die seit Jahren in Pyrawang lebende Finnländerin, die einen vielversprechenden Gedichtband ,,Aufbruch" und eine unge wöhnliche Erzählung ,.Andreas und das Bild" veröffentlicht hat und mit ihren Dramen auf Aufführung wartet. Und da ist der Bayer Benno Hubensteiner, Historiker, aber auch Meister in der Kunst des kulturgeschichtli chen Essays, wie sein Band ,,Land vor den Bergen" beweist, ein Buch, das einen immer wieder ruft. Wer einen Essay über Martin Greif so wie Hubensteiner in diesem Band schreiben kann, ist auch ein Mann des dich terischen Wortes. Da ist alles anschaulich, ohne jede Schulmeisterei, weit entfernt also von der üblichen, um nicht zu sagen üblen deutschen Gelehrtensprache, die im allge meinen so gehandhabt wird, damit sich ein Laie hinten und vorne nicht auskennt, und oft auch kein Fachmann. Bei Hubensteiner wirkt kein Satz abgestanden, lau. Alles ist taufrisch wie eine Morgenwiese im Sommer oder kühl wie ein naturbelassener Forellen bach mit Tümpeln unter Weide-Erlengebüsch, nämlich ein munteres Gewässer mit Tiefgängen, an dem ein richtiger Sport fischer sich wohl fühlt. Kein Wunder, daß in den letzten Jahren auch ,,echte" Innviertier, hier geboren, zur IKG gestoßen sind, so Rudoif Weilhartner, sicherlich einer unserer Stärksten unter den Jüngeren in seinen Gedichten und Hörspie len, wenn auch schon in Gefahr, in eine Schablone hineinzuschlittern. Der Lyriker Alfons Etz gehört der Gilde schon lange an, ebenso Hans Fink, der sich besonders pu blizistisch um die IKG außerordentlich be müht hat, auch ein feiner Kenner der bilden den Künste und als solcher ein ausgezeich neter Essayist. Zwei Dichter-sie verdienen diesen Namenl - seien noch angeführt: Linus Kefer, der lei der seit Jahren schweigsam geworden ist, und Bruno Ammering. Linus Kefer kam nach 1945 ganz ins Innvier tel, zuletzt als Lehrer nach Mattighofen. Ab wechselnd mit Aufenthalten in Linz, ist es bei ihm bis auf den heutigen Tag auch so geblieben. Mit seiner Erzählung ,,Der Sturz des Blinden" und seinem Gedichtband ,,Die Nacht des Hirten" ist er im gesamtdeut schen Sprachraum rasch bekannt gewor den, ein Dichter von Gottesgnaden, wahr scheinlich die stärkste Begabung aus Ober österreich - er ist in Garsten bei Steyr gebo ren - in seiner Generation des Geburtsjah res 1909. Auch seine Novelle ,,Peruschka" bezeugt dies; sie ist 1966 in den repräsenta tiven ,,Neuen Deutschen Heften", Heraus geber Joachim Günther, erschienen. Kefer ist seinen dichterischen Weg bisher - noch zwei Gedichtbände hat er veröffentlicht, ,,Die Sommergöttin" und ,.Weissagungen der Regenmacher", - gradlinig gegangen. Alles, was er geschrieben hat, ist fern jeder literarischen Mode, jedoch nicht gegen die neue Zeit, die er aufmerksam in ihrer so bi zarren Entwicklung verfolgt. Er ist ein völlig unabhängiger Geist, der auch Dinge aus sagt, die nicht jedem Zeitgenossen genehm sind. Das macht er auf behutsame Weise, nicht etwa sensationell. Solche Literaten sind die stärksten schöpferischen Kräfte und nicht jene, die aufhauerisch um sich schlagen, weil sie jeden Tag in der Zeitung stehen oder im Rundfunk und Fernsehen genannt werden wollen. Nur noch ein zweiter Innviertier Dichter, vierzehn Jahre jünger als er, dürfte Linus Kefer, hätte ihn uns nicht der Zweite Welt krieg genommen, in innigem, unsentimenta lem Ausdruck erreicht haben - Bruno Am mering. Seinen einzigen Band ,,Gedichte" hat Franz Tumler 1949 aus dem Nachlaß ausgewählt und herausgegeben. Sein Nachwort zu diesem Band sei zur Gänze hier abgedruckt, weil es an der Zeit ist, wie der an Ammering zu erinnern. Es heißt da: ,,Wir legen hier die Gedichte eines jungen Mannes vor, in denen er, von wenigen Freunden nur gekannt zu der Zeit, in der er gelebt hat, nicht eigentlich sein Leben, son dern eine früh vollendete Gestalt bezeugt. Bruno Ammering ist als Sohn eines Buch binders in einem bürgerlichen Hause zu Ried im Innkreis am 25. April 1923 geboren. Er besuchte in Ried das Gymnasium, dort legte er im Jahre 1941 die Reifeprüfung ab. Im gleichen Jahre rückte er zur Wehrmacht ein und stand von da, ohne daß ihm längere Rückkehr vergönnt gewesen wäre, im Feld: zuerst in Rußland, zuletzt im Westen. Als Leutnant und Batterieführer ist er, einund zwanzig Jahre alt, am 26. Dezember 1944 in der Schlacht in den Ardennen gefallen. Der Nachlaß Ammerings umfaßt zweihun dert Gedichte, die in wesentlichen Stücken zuerst von der Mutter des Dahingegange nen mühsam aus Briefen ausgelesen wer den mußten. Ihr und insbesondere den Freunden Bruno Brehm und Johannes Würtz dankt der Herausgeber an dieser Stelle für Ratschlag und Mitarbeit bei der Auswahl. Ihm nämlich wurde es sodann er laubt, dem Toten unverkürzt jenes Recht zu wahren, das sonst der Lebende für sich wahrnimmt: zu sichten und auszuwählen. Was in dem hier vorliegenden Band endlich steht, mag jeden erstaunen: wie sich darin die schwermütig-reiche, jünglinghafte Seele eines früh zur Vollendung Gereiften offenbart in den reinen Zeugnissen einer ungewöhnlichen Begabung. Hagenberg, März 1949. Franz Tumler." Von den 50 Gedichten dieses Bandes sei ,,Wie auch mein Blick" als Beispiel für die Lyrik Ammerings abgedruckt: Wie auch mein Blick sich mühte, Vom blanken Himmel glitt er ab, in den Wäldern fand er nicht, was er suchte, in der flimmernden Weite nicht am Mittag. Aber hier: aus Nebeln müht sich die tiefere Sonne, die Krähe wirft über die Schollen leiser den Schrei.

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