Oberösterreich, 28. Jahrgang, Heft 4, 1978

gung. Die Amerikaner überschritten den Inn um zwei Tage später als Im Mühlviertel die oberösterreichische Grenze, nämlich am 2. Mal, wobei die am südlichsten eingesetzten Truppen am raschesten vordrangen. Der nur gelegentlich gehemmte Einmarsch der Amerikaner erfolgte über Schärding nach Linz und über Obernberg nach Ried, Wels und Steyr, schließlich über Braunau nach Vöcklabruck und welter nach Süden. Unter den sehr zahlreichen Opfern der na tionalsozialistischen Verfolgung ragt gerade ein Innviertler heraus, dessen ,,einsames Gewissen" unvergessen geblieben Ist: Franz Jägerstätter. Waren die blutigen Verluste Innerhalb der Innviertler Familien gleich groß wie die In den anderen oberösterreichischen, so brachte die Besatzungszelt keine zusätz liche Verschlechterung für die nunmehr ein setzende Erholungsphase, wie auch der Bombenkrieg des letzten Kriegsjahres das Innviertel kaum berührte. Wirtschaft und Kultur Nach 1938 wurde einer der neuerrichteten fünf Großbetriebe, mögen sie sonst regional auch nicht gerade günstig gegliedert gewe sen sein, Im Innviertel aufgebaut, das Alumlnlumwerk Ranshofen, das schon 1941 als Rüstungswerk der Rüstungsinspektion un terstellt wurde. Damit Im Zusammenhang wurde eine verstärkte Stromgewinnung vor allem beim Inn (Staustufe Ering) In die Wege geleitet. Nach Kriegsende wird dann aller dings die weitere Industrialisierung vorwie gend Im oberösterreichischen Zentralraum forciert. Das Innviertel besitzt neben Kastin ger In Seewalchen und Gföllner In Grlesklrchen den Prototyp eines modernen Indu striebetriebes, der In einem Menschenalter aus einem Handwerksbetrieb erwachsen Ist: die FIscher-Skl-FabrIk In Ried. Trotzdem konnten die Wirtschaftsprobleme Im Grenzgebiet, denken wir nur an das Aus pendeln nach Bayern, gewiß noch keines wegs befriedigend gelöst werden - mögen sie auch nicht so schwerwiegend sein wie die von ,,toten Grenzen", etwa entlang der böhmisch-mährischen Grenze. Auch die Erdölfunde sind vorerst zweifellos nicht so ergiebig, wie man dies ursprünglich erhoff te. Der Bahnbau erreichte In der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts auch das Innviertel, so der Bau der Strecke Wels - Passau Im Jahre 1861, Neumarkt-Kallham - Braunau - Bimbach Im Jahre 1871 und Braunau - Steindorf Im Jahre 1873. Hatte man damals mit Vorliebe vom ,.Anschluß an die große Welt" gesprochen, so war dies an sich nur für die Verbindung Passau - Re gensburg und welter richtig. Dies gilt glei chermaßen für die Im Ausbau befindliche Autobahn. All das sind zweifellos wichtige und erfreuliche Maßnahmen, um den Gren zen die erst seit 1918 oder seit 1945 gege bene Barrlkadenwirkung zu nehmen und sie auf die notwendige enge Begrenzung politi scher Grenzen zurückzuführen. Im Zusammenhang mit HammersteinEquord konnte nur ein knapper Hinwels auf das eigenständige Innviertler Kulturleben gegeben werden. Man müßte Insbesondere anhand der Persönlichkelten von Preen, Dachauer, gewiß auch Kubin, auf die gar nicht so ungünstige Mittellage zwischen München und Wien hinweisen, so wie Vor arlberg für die Strecke Wien - Paris den Mit telpunkt darstellt. Wie Immer man den Bayern und den Inn viertler Im einzelnen charakterisieren mag - In seiner Gesamtheit weist seine jüngste Geschichte keinerlei Merkmale auf, die man dem einzelnen Innviertler oft nachsagt, etwa Freude am Raufen oder eine Großmanns sucht. Das Sensationelle dieser Entwick lung der letzten hundert Jahre Ist vielleicht, wie undramatisch, gewiß auch von Glück begleitet, unsensationell die Geschichte dieses jüngsten Viertels war. Wenn Albrecht Goes aber sagt. In den meisten Fällen Ist Glück kein Geschenk, sondern ein Darle hen, so hat das Innviertel viel dazu beigetra gen, das ,,Darlehen Glück" auf seine Welse abzustatten. Literaturhinweise 1 Konrad Meindl, Geschichte der Stadt Ried. 1899, 759ff. 2 Hans Sturmberger, Bayern und das Land ob der Enns. Versuch einer Übersicht. In: Archivalische Zeltschrift, herausgegeben von der Generaldirektlon der Staatlichen Archive Bayerns, 73. Band, 1977, 1-20. 3 Harry Slapnicka, Wie nach 114 Jahren die ,,Innviertler Schulden" beglichen wurden. In: Oberösterreichische Heimatblätter / InnviertelSonderheft (in Vorbereitung). 4 Otto Wutzel und Herbert (recte: Norbert) Grabherr, Oberösterreich. In: 100 Jahre Bezirks hauptmannschaften in Österreich, herausgege ben von Johannes Gründler. 1970, 54-60. 5 Statistisches Jahrbuch der autonomen Lan desverwaltung in den im Reichsrat vertretenen Königreichen und Ländern. 1909, 139ff. 6 Harry Slapnicka, Oberösterreich - Von der Monarchie zur Republik (1976) 105 (Umkämpft: Wahlkreise, passives Wahiaiter, Listenkoppeiungen); Harry Slapnicka, Oberösterreich 1917-1977, Karten und Zahlen (1977), 14, 15, 56, 57, 58, 59. 7 OÖLA, Landtagsmatrikei 1861-1909. OÖLA, Landtagsmatrikei 1909-1934. 8 Josef Honeder, Johann Nepomuk Hauser. Harry Slapnicka, Oberösterreich - Die politische Führungsschicht 1918-1938 (1976), 119ff. 9 Harry Slapnicka, Oberösterreich - Von der Monarchie zur Republik 1918-1927 (1975), 60. 10 Ludger Rape, Die österreichischen Heim wehren und die bayerischen Rechte 1920-1923 (1977), 175 ff. 11 Harry S/apn/c/ra, Oberösterreich - Die politi sche Führungsschicht (1976), 86f. 12 Harry Slapnicka, Oberösterreich - Von der Monarchie zur Republik 1918-1927 (1975), 96. 13 Dto, S. 94f. Seite 21: Aus der Frühzeit Innviertler Dichtung: Nacherzählung des ,,Meier Helmbrecht" von Wernher dem Gartenaere, Ausgabe 1924 mit Illustrationen von Wilhelm (Willy) Dachauer

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