Nicht nur, daß bayerische Einheiten auf österreichischem Gebiet Bayern verteidigen \woliten; zeitweilig war auch der bayrische Kronprinz Rupprecht im oberösterreichi schen Micheidorf im Exil. In dieser Zeit begann auch eine enge Zu sammenarbeit zwischen der im Anfangs stadium befindlichen oberösterreichischen Heimatwehr und den bayerischen Schwe sterorganisationen, den Organisationen Escherich und Kanzler. Nichtsehrergebnis reich war der Vertreter der Organisation Kanzler bei seinem Gespräch am 22. April 1920 in Linz, wo ein Gesprächspartner der christiichsoziaie Landeshauptmann-Stell vertreter Dr. Schlegel war. Den Kontakt zur bayerischen Einwohnerwehr wollte man In möglichst engen Grenzen halten, weder Gewehre noch Finanzhilfen wurden erbe ten. Auch eine Gegeneinladung oberöster reichischer Heimwehrvertreter bei der,,An schlußtagung" in Rosenheim festigte die bescheidenen Beziehungen nur wenig. Ent scheidend für die Zurückhaltung auf bürger licher Seite war vor allem die Gegnerschaft Hausers zu den Wehrverbänden aller Art. Kanzlers Vertreter traf aber auch im Schloß des Grafen Almeida in Mondsee mit adeli gen Heimwehrexponenten Oberösterreichs zusammen. An Gesprächen des oberöster reichischen Grafen Coreth nahmen an schließend in München Kanzler, sein Vor gesetzter Escherich, aber auch als Vertreter des bayerischen Ministerpräsidenten Kahr der Münchner Polizeipräsident Pöhner teil. Der Vertreter der legitimistischen Heimweh ren ersucht um 4000 Gewehre und erklärt sich bereit, seine Organisation nach bayeri schem Vorbild aufzubauen. Ein weiteres, auf Veranlassung von Clam-Martinic Ende Juni 1920 in Linz geführtes Gespräch - für die Bayern nahm der Stabschef Kanzlers, Oberleutnant Krazer, teil - zeigte weit gehende programmatische Differenzen auch mit der legitimistischen Gruppe. Auch persönliche und egoistische Motive waren immer wieder sichtbar, wie etwa bei den Verhandlungen zwischen dem bei Braunau ansässigen Baron Handel mit dem OrkaFührer des ostbayerischen Rottgaues, dem Grafen Geldern. Handel ersuchte um Waf fen und um die Anerkennung der Gau hauptmannschaft über die Heimwehr des Braunauer Bezirkes, während der bayeri sche Stabsleiter glaubte, die legitimistische Organisation des Innvierteis durch Einglie derung in den Verband der Heimwehr bes ser überwachen zu können. Auch wenn schließlich ein Bedarf von 6000 Gewehren für die oberösterreichische Heimwehr er rechnet wurde, kamen vermutlich nur we nige hundert Gewehre über den Inn, die meisten für Baron Handel In Braunau. Bis 1923 waren diese oberösterreichlsch-bayerischen Beziehungen spürbar, sie waren nie intensiv und überwiegend ohne Vorteile für beide Teile^o. Zurückhaltung in der Anschlußfrage Die Zurückhaltung in der Frage der Milizver bände ähnelt der Zurückhaltung in der An schlußfrage, wobei jeweils Hauser der ge wichtigste bremsende Faktor war. In der ganzen ,,Anschluß"-Diskussion nahm Oberösterreich eine relativ zurückhaltende Stellung ein, insbesondere auch in der Frage eines länderweisen Anschlusses, den an sich schon das deutsch-österreichische ,,Berliner Protokoll" vom 2. März 1919 als unerwünscht bezeichnet hatte. Ein wenig auffallend Ist es, daß die Länder Salzburg und Tirol in ihrer überwiegenden Mehrheit für einen länderweisen Anschluß waren, während für Oberösterreich mit seinem Inn viertel ein solcher Einzelanschluß nur von großdeutscher Seite zur Diskussion gestellt wurde. Ursache dafür dürfte bei Salzburg und Tirol die wesentlich schlechtere Ver pflegungslage gewesen sein, von der man bei einem Anschluß an Bayern eine Besse rung erwartete, während diesbezüglich Oberösterreich eher günstig gesteiit war. Auch die Tatsache, daß von Anbeginn zwei Oberösterreicher in der Bundespolitik an prominentester Stelle wirkten (Hauser, Dinghofer), dürfte bei dieser Zurückhaltung Oberösterreichs eine Rolle gespielt haben. Unter den Landtagsabgeordneten hat vor allem Ferdinand Frankenberger ziemlich unverhohien gegen die Monarchisten und für einen Anschluß an Bayern Stellung genommenio. Frankenberger war 1870 in tJnterschwarzenbach in Niederbayern gebo ren, hatte in einen oberösterreichischen Bauernhof, ins Meirgut in St. Florian am Inn, eingeheiratet. Bei ihm ergab sich die etwas paradoxe Situation, daß er Bürgermeister von St. Fiorian, Landtagsabgeordneter und seit 1911 Reichsratsabgeordneter, 1918 und 1919 auch Vertreter des Innviertels in der Provisorischen und Konstituierenden Nationalversammlung in Wien, während sein Bruder Reichstagsabgeordneter des Zentrums in Berlin war". Der länderweise Anschluß hätte zweifellos zu einem Zerfali Österreichs geführt, die diesbezüglichen Pläne haben aber auch im Süden Deutschlands Mißbehagen hervor gerufen, weil man eine übermäßige Auswei tung der Macht Bayerns befürchtete, wenn selbstverständlich auch ein Einzelanschluß der österreichischen Länder an Deutsch land - und kein Anschluß an Bayern - mög lich gewesen wäre, wie dies eben nach 1938 reaiisiert wurde. Dies wäre nicht zuietzt deshalb unschwer möglich gewesen, weil es damals in Deutschland noch wesentlich kleinere Länder als Tirol und Salzburg ge geben hat. Lediglich für den Fall eines Zerfalls Öster reichs entstanden im Innviertel Pläne für ei nen Anschluß an Bayern. Es kam 1921 zu Gesprächen des großdeutschen Rieder Vi zebürgermeisters Dr. Karl Graf mit bayeri schen Vertretern, insbesondere auch zu Mi nisterpräsident Kahr, der Beamte zu weite ren Gesprächen nach Ried schickte. Die Gespräche verliefen sich 1922 nach dem Sanierungswerk Seipeis. Angeschlossen hätten damals die drei Be zirke Ried, Schärding und Braunau werden sollen. Bemerkenswerterweise hatte man einen Beamten als ,,Anschiußkommissar" in Aussicht genommen, der später noch als Politiker eine gewisse und nicht allzu glück liche Rolle spielen sollte und schließlich 1938 in Wien durch Selbstmord endete: Odo Neustädter-Stürmer (geborener Freiherr von Gonzaga)i2. Allerdings führten auch Gespräche zwi schen dem deutschen Reichsfinanzminister und Zentrumspolitiker Erzberger und Hau ser - zweifellos in seiner Funktion als Par lamentspräsident, die auf Ersuchen Erzbergers zustande gekommen waren, zu keinem Ergebnis^^. So am Rande sollte allerdings auch erwähnt werden, daß nach dem Anschluß im Jahre 1938 bei den unterschiedlichen Gebiets abtretungen und Gebietszuwächsen (an Oberösterreich kam damals das Ausseer Land, niederösterreichische Gebiete im Räume Steyr-Münichholz und die südböh mischen Kreise Krummau und Kaplitz), die Abtretung des Innvierteis an Bayern nie ventiliert oder erwähnt wurde - vermutlich angesichts derTatsache, daß niemand beim ,,Heimatgau des Führers" anstreifen wollte. Konservative Wahlergebnisse Betrachtet man die drei Landtagswahlen der Zwischenkriegszeit, so kann man sie als keineswegs sensationeil bezeichnen. Für das Jahr 1919 liegen naturgemäß die Wahlergebnisse in den beiden Wahlkreisen Schärding und Ried vor, ab 1925 nur noch die des Wahlkreises ,,lnnviertei". Für die beiden Wahlkreise Ried und Schär ding errang die Christiichsoziaie Partei 52,84 Prozent der Stimmen (in ganz Ober österreich 51,98 Prozent), die Freiheits- und Ordnungspartei (Großdeutsche, Landbund) 27,43, Prozent womit sie weit über dem Landesdurchschnitt lag (20,48 Prozent). Naturgemäß lagen die Sozialdemokraten mit 19,71 Prozent unter dem Landesdurch-
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