Oberösterreich, 28. Jahrgang, Heft 3, 1978

Oberösterreich aktuell Oberösterreichs Landwirtschaft unter neuer Führung Am 29. Mai 1978 hat der oberösterreichi sche Landtag den relativ jungen Bauern Leopold Hofinger aus Paschallern bei Grieskirchen zum neuen Mitglied der oö. Landesregierung und Agrarreferenten ge wählt. Die Wahl war notwendig geworden, weil der langjährige und hoch angesehene Anwalt der Bauern in der oö. Landesregie rung, Johann Diwold, am 19. Mai 1978 ver storben war. Die Zeitschrift ,,Oberösterreich" fühlt sich verpflichtet, sich mit dem neuen Regie rungsmitglied, seiner Person, dem von ihm vertretenen Berufsstand, sowie den Gedan ken und Absichten des jungen Landesrates eingehend zu beschäftigen, nicht nur weil die Landwirtschaft bis vor wenigen Jahr zehnten noch im offiziellen Sprachgebrauch als ,,Landeskultur" bezeichnet wurde, de ren Interessen ein ,,Landeskuiturrat" ver trat, sondern weil dieser Berufsstand dem Bauernland Oberösterreich, seiner Ge schichte, seinem Erscheinungsbild und sei ner Geisteskultur tatsächlich weitgehend seinen Stempel aufdrückte. Leopold Hofinger, 1937 als drittes Kind bäuerlicher Eltern in Paschallern 11 bei Grieskirchen geboren, entstammt einer Fa milie, die sich seit vielen Generationen mit zweierlei beschäftigt; Hauptberuflich mit dem Bauernhof, der ihr Mittelpunkt, Lebens inhalt und Lebensunterhalt ist, nebenberuf lich mit der Politik. Nach Volks- und Hauptschule in Grieskir chen besuchte er die landwirtschaftliche Fachschule in Otterbach, 1965 legte er dort auch die landwirtschaftliche Meisterprüfung ab. Seit 1949 - in diesem Jahr starb sein Vater-führter, vorerst zusammen mitderMutter, den elterlichen Bauernhof. Seit frühester Jugend arbeitet er im Jugendwerk der Oö. Landwirtschaftskammer und in der Jungen ÖVP mit. Von 1967 bis 1973 erwirbt er sich wesentliche Kenntnisse in der bäuer lichen Interessenvertretung als Jugendrefe rent in der Vollversammlung der Landwirt schaftskammer. Ab 21. Oktober 1973 kann er diese Kenntnisse auch im oö. Landtag als Abgeordneter verwerten. Gleichzeitig wird er 1973 Bezirksbauernkammerobmann, Mitglied des Gemeinde rates von Grieskirchen und dort auch Frak tionsobmann der ÖVP-Gemeinderäte. Hofinger, der die fachliche Ausbildung als eine der wesentlichsten Förderungen der Landwirtschaft ansieht, ist auch Landesob mann der Absolventenverbände der land wirtschaftlichen Fachschulen. Um seine besonderen Neigungen befragt, gibt er neben der Landwirtschaft, die ihm Landesrat Leopold Hofinger in seiner heimatlichen Umwelt. Foto: Pretscher-Wansch, Gallspach nicht nur Beruf ist, das naturverbundene Ja gen, Skifahren, Trachtenkleidung und alte Bauernmöbel an. Seine Aufgabe sieht er insbesondere in der Anerkennung der gesellschaftlichen Stellung des Bauernstandes, gleichgültig ob es sich um hauptberufliche Bauern, Neben erwerbs- oder Zuerwerbsbauern handelt, in der wirtschaftlichen Besserstellung des Bauernstandes, die erst dann gegeben ist, wenn die landwirtschaftlichen Einkommen denen der übrigen Berufe vergleichbar sind und - bei aller Anerkennung der Notwendig keit des technischen und wissenschaftli chen Fortschritts - in der Erhaltung bäuerli chen Kulturgutes, bäuerlicher Siedlungs und Lebensformen. Die Berufung zum Agrarreferenten in der oö. Landesregierung gibt ihm verstärkt die Mögiichkeiten, diese Zielvorstellungen zu ver wirklichen. Bevor konkrete Taten gesetzt werden, erscheint ihm eine Standortbe stimmung notwendig. Hofinger sieht die oö. Landwirtschaft so: ,,Unsere Bauern werden immer mehr in die wirtschaftliche, soziologische, rechtliche und politische Umwelt eingebunden. Sie haben sich durch einen enormen Lei stungswillen bemüht, sich der modernen, wirtschaftlichen, technischen und markt wirtschaftlichen Entwicklung anzupassen. Sie werden abernurdann ihre umfassenden Aufgaben erfüllen können, wenn ihnen ent sprechende wirtschaftliche Bedingungen gewährt werden. Umso mehr, als die Auf gabe der Landwirtschaft sich nicht in der Nahrungsmitteiproduktion erschöpft, son dern wesentliche, von der Gesellschaft und der Politik immer mehr geschätzte Leistun gen dazugekommen sind. Der Land- und Forstwirtschaft obliegt eine große Aufgabe bei der Erzeugung von hochwertigen und ge sunden Nahrungsmitteln und Rohstoffen zu angemessenen Preisen, der Erhaltung, Pflege und Gestaltung der Kulturlandschaft, insbesonders im Bergge biet, der Erhaltung und Verbesserung der natür lichen Lebensgrundlagen, Abnahme von industriellen und gewerbli chen Gütern und Lieferung an die Verarbei tungsindustrie und damit Sicherung von außeriandwirtschaftlichen Arbeitsplätzen, der Aufrechterhaltung der Besiedlungsdichte in einem funktionsfähigen ländlichen Raum. Oberösterreich ist ein Bauernland mit über wiegend klein- und mitteibäuerlichen Fami lienbetrieben. 80 Prozent aller Bauern be wirtschaften Höfe bis 20 ha land- und forst wirtschaftlicher Gesamtfläche und nur rund 1200 bzw. 1,6 Prozent der Betriebe besitzen mehr als 50 ha Gesamtfläche. Die Zahl der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe in Oberösterreich betrug 1951 78.630, 1971 waren es 71.689 und 1976 nur mehr 66.107, eine gewaltige Verringerung. Viele Bauern mit unbefriedigenden Be triebsgrößen haben mit großen persönli chen Anstrengungen versucht, das Fami lieneinkommen durch die Aufnahme eines außerlandwirtschaftlichen Erwerbes aufzu stocken. 1976 waren in Oberösterreich nur mehr 38,6 Prozent Vollerwerbsbetriebe, 3,3 Prozent wurden bereits als Zuerwerbsbetriebe und 57,0 als Nebenerwerbsbetriebe geführt. Eine weitere Verschiebung ist zu erwarten. Wir streben die Erhaltung von möglichst vielen land- und forstwirtschaftli chen Betrieben im Voll-, Zu- und Nebener werb an. Die Nebenerwerbsbetriebe sind daher in die Förderung im OO. Landwirt schaftsgesetz in Übereinstimmung mit be triebswirtschaftlichen Zielsetzungen be sonders einbezogen. Dies ist auch der Grund, warum wir in Oberösterreich im Ge gensatz zum Bund bereits ab 1 ha Grund eine Förderung durch Bewirtschaftungs prämien im Berggebiet gewähren.

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