Oberösterreich, 28. Jahrgang, Heft 3, 1978

Landeskunde 400 Jahre Schloß Klaus Hans Sturmberger Im „Weißkunig" hat Kaiser Maximilian I, das Bestreben der Menschen, sich zu verewi gen, mit folgendem Satz motiviert: ,,Werime im Leben kein Gedachtnus macht, der hat nach seinem Tod kain Gedachtnus und des selben menschen wird mit dem Glockendon vergessen." Das mochte der Herr von Klaus - Ludwig Storch - für seinen Vater Ulrich be fürchtet haben und so ließ er auf dem ,,neu en" Schloß, das Ulrich erbaut hatte, fol gende Worte anbringen: ,,Has Udalricus Storch de Styrpe creatus aedes exstruxit nobilis aere suo. Annus cum Christi Salvatoris 1578 numeratur. Nostri huic concedat gratia plura Deus (Dei)." In deutscher Spra che ließ er hinzufügen: ,,Dis aufgerichte Dixtichon hat zur Gedächtnis setzen lan Ludwig Storch, solchermaßen. Damit man aigentllch kan wissen dises Hauß erst gelegten Grundstein, welcher den 20igsten Martij ge leget ein. Und im Jahr wies oben weist aus, Gott erhalt gnädigllch diß Haus." Dieser vorsorglichen Inschrift ist es zu dan ken, daß wir in diesem Jahr der vor 400 Jah ren erfolgten Grundsteinlegung des Schlos ses Klaus gedenken können. Sie ist die ein zige, allerdings verläßliche Quelle für dieses Geschehen im März des Jahres 1578, keine Notiz im Archiv, keine Baurechnung, kein Spaltzettel für einen Baumeister oder Handwerker gibt uns sonst näheren Auf schluß. Es ist fast ein halbes Jahrtausend, auf das wir zurückblicken müssen, wenn wir uns Zeit und Umwelt vergegenwärtigen wol len, in welcher Schloß Klaus erbaut worden ist. Gewiß verbindet unsere Gegenwart manches mit diesen Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts und wir empfinden eine ge wisse Affinität zu dieser Zeit eines Auf bruchs und großer Veränderungen, zugleich aber liegt eine ganze Welt zwischen uns und dieser Periode. Aufklärung und soziale Re volution haben eine ungeheure Distanz zum Denken des 16. Jahrhunderts erzeugt. Einzelne historische Fixpunkte mögen uns helfen, dieses Jahr 1578 in das große Pan orama des geschichtlichen Geschehens einzuordnen. Damals regierte seit zwei Jah ren auf dem Prager Hradschin Kaiser Ru dolf II. das Reich und die habsburgischen Erbländer. Sechs Jahre vorher hatte der Aufstand der Niederlande gegen die Spa nier begonnen und eben -1578 - hatte Ale xander Farnese die südlichen Niederlande für Philipp II. von Spanien zurückgewonnen. In Frankreich gab es die große innere Aus einandersetzung der Hugenottenkriege, 1572 die blutige Bartholomäusnacht, und In England wurde sieben Jahre nach dem Baubeginn in Klaus die Schottenkönigin Ma ria Stuart enthauptet. Österreich stand in der Ära jener großen Spannung zwischen dem katholisch gebliebenen Landesfürsten tum der Habsburger und dem protestantisch gewordenen Adel, den Landständen seiner Länder. Eine konfessionelle, aber auch eine politische Auseinandersetzung, welche der Zelt ihr Signum aufdrückt! Eben zehn Jahre vor diesem Jahr 1578 hat der protestantische Adel des Landes ob der Enns dem Kaiser Maximilian II. die soge nannte ,,Religionskonzession" abgetrotzt, eine Erlaubnis zur Ausübung des protestan tisch-lutherischen Bekenntnisses für den Adel und seine Untertanen, und hatte dafür 1,200.000 fl. Türkenhilfe gegeben. Es war jene Zeit, da der Protestantismus im Land ob der Enns seinem Höhepunkt zustrebte, da der Großteil der Bevölkerung sich der Lehre Luthers zuwandte, es war aber auch die Zeit, da bereits die ersten drohenden Zei chen der Gegenreformation sichtbar wurden und zeigten, daß der Protestantismus nicht nur seinen Höhepunkt, sondern auch seinen Kulminationspunkt erreichen sollte. Wir besitzen ein sprechendes Denkmal die ser Zeit, das unmittelbar mit Klaus und dem Erbauer des neuen Schlosses zusammen hängt und den Geist dieser Jahrzehnte In großartiger Welse widerspiegelt. Es ist das Epithaphium des Erbauers von Schloß Klaus, Ulrich Storch, und seiner Familie in der Pfarrkirche zu Kirchdorf an der Krems. In der ansprechenden und ernsten Adelstracht dieser Zeit knien Ulrich Storch, seine Gattin Dorothea und seine Kinder um eine Darstel lung der Kreuzigung Christi. Im Geist der Renaissance ist dieses Epithaphium in dem ,,der überfeinerten Kultur des ausgehenden 16. Jahrhunderts so entsprechenden" Kelhelmer Stein dargestellt, ,,aus dem durch Ätzen oder Gravieren figürliche Darstellun gen, reiche Ornamente und Inschriften ganz zart herausgearbeitet wurden". Gehörte die Form und künstlerische Gestaltung dieses Grabdenkmals der späten Renaissance zu, die in den Ländern nördlich der Alpen mit Verzögerung und Verspätung wirksam wur de, so ist die Storchsche Grabplatte zu gleich ein Denkmal der tiefen Gläubigkeit und Hoffnung des Luthertums, Zeugnis echt evangelischer Frömmigkeit in unserem Lande. In fünf farbigen, durch die Jahrhun derte etwas gebleichten Bildern, welche zu einem Kreuz verbunden sind, ist das Heils geschehen dargestellt und mit Bibelsprü chen erläutert; Christi Geburt, die Kreuzi gung, die Auferstehung und die Wiederkunft Christi umrahmen die Darstellung des Sün denfalls, die beiden Engel des Jüngsten Ge richts rufen ,,Finis" und ,,Ratio". Das ist nicht mehr eine mittelalterliche Biblia pauperum, denn neben den Bildern sind zahl reiche Bibelsprüche zu finden! Und man hat mit Recht gesagt, nur weil breiteste Schich ten der Bevölkerung Im Lande ob der Enns damals dem Luthertum anhingen, in dem die Hl. Schrift eine zentrale Stellung einnahm, konnten an einem Grabdenkmal, bei dem es ja auf die allgemeine Verständlichkeit an kam, so tiefsinnige Gegenüberstellungen des Alten und des Neuen Testaments gebo ten werden. So Ist dieses Epithaphium des Ulrich Storch von Klaus nicht nur ein Denk mal dieses Schloßherrn und seiner adeligen Familie, sondern es zeigt uns den Geist der Zeit, in die er hineingestellt war, der Ihn und sein Handeln prägte, jene merkwürdige Synthese diesseitiger Lebensfreude, wie sie in der Renaissance sich manifestierte, mit der christlichen Frömmigkeit der deutschen Reformation. Wenn wir heute der vor 400 Jahren erfolgten Erbauung des Schlosses Klaus gedenken, so müssen wir unser Augenmerk besonders auf den Erbauer Ulrich Storch und dessen Familie wenden. Denn die Storch zu Klaus, wie sie sich ja nannten, haben nicht nur 120 Jahre in Klaus regiert und Schloß und Herr schaft Innegehabt, sie haben durch die Er bauung des ,,neuen Schlosses", wie es in den Quellen stets genannt wird, und durch die Errichtung des ,,neu erpaut Kirchls", wie es in den Urbaren der Zeit heißt, sich gleich sam in Klaus verewigt und die beiden signi fikanten Bauwerke, die zugleich Bekennt nisse ihrer geistigen Haltung waren, ge schaffen, die noch heute das Bild der Land schaft von Klaus wesentlich bestimmen. Das ,,Stirpe creatus nobili" des Ulrich Storch - ,,aus vornehmen adeligen Ge schlecht stammend", stimmt natürlich, die Storche zu Klaus gehörten dem niederen Adel an, sie waren innerhalb der oberöster reichischen Landstände Mitglieder des Rit terstandes und angesehene Leute. Aber ihr Adel war keineswegs alt, sondern sie sind aus dem Bürgerstand aufgestiegen, was auch im Mittelalter durchaus möglich gewe sen Ist. Sie stammten von jenem Jakob Storch - auch Starch oder Starich in den Quellen genannt-, der Bürger zu Wien war und in den habsburgischen Thronwirren zur Zeit des Ladislaus Postumus und des brü derlichen Zwistes zwischen Kaiser Fried rich III. und Erzherzog Albrecht VI. auf der Seite Ulrichs von Eitzing und des Erzher zogs Albrecht stand. Er war von 1457 bis 1460 Bürgermeister von Wien. Der zeitge nössische Chronist Michael Behalm, der al lerdings polltisch auf der Gegenseite stand, weiß nichts Gutes über diesen Jakob Storch zu sagen. Geringschätzig meldet er, dieser sei der Sohn eines Schuhflickers in Lands hut gewesen, er sei ,,ain arger Schalk" und ,,ain poswicht" gewesen, ,,gelöcheret und

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