Oberösterreich, 28. Jahrgang, Heft 3, 1978

von Kraft und Feinheit, ein Zug, der immer deutlicher hervortritt und-wenn die Zeichen nicht trügen - künftig, da nun die Register der Nuancen, der Übergänge, der Transpa renz und der Strahlkraft zur Verfügung ste hen, sich noch weiter nach der Seite beweg ter Kraft und bannenden Ausdrucks hin ver stärken dürfte. In ihrer Schau kehrt auch ein Märchen nicht selten den mythischen Kern hervor und gewinnt so die eigentliche, die ursprüngiiche Dimension zurück, die auch der Gegenwart entsprechen mag, weil sie auch unserem Leben Zeichen setzt. Das subtile Handwerk dient einer starken Sub stanz, ihr Instrumentarium reicht vom ele mentar Naiven bis zum miniaturhaft Zarten. Die Strenge der Form ist gewachsen und nicht errechnet, sie entfaltet sich organisch, auch wenn man sie mit dem Rechenstift überprüfen kann. Ihre Palette ist reich, be vorzugt aber dunkle Werte, Nacht- und Dämmerfarben aller Art, auf deren Grund die Lichtphänomene besonders intensiv wirken. Die Urelemente sind fast immer ge genwärtig, greifbar, spürbar; Feuer, Was ser, Erde, Luft. Die unverwechselbare Schau, die sugge stive Gestik, der beherrschte Einsatz von Farbe und Licht, die Polyphonie der Über gänge, die Zwiesprache zwischen Licht und Schatten, das Spiel mit den Räumen, die alle aus der Fläche entwickelt sind, das alles und manches mehr schafft die sanfte Ge walt, die von Helga Aichingers Bildern aus geht, aber die Analyse kann nur den Spuren folgen und nachvollziehen, sie kann das Rätsel nicht lösen. Daß Helga Aichinger immer wieder schauen kann ,,wie am ersten Tag" und das unsterb liche Kind in sich selbst nicht verleugnet, das ist wohl mehr als alles andere der Grund, daß Kinder in aller Welt ihre Sprache verstehen. Ihre besondere Domäne ist ja denn auch von jeher das künstlerische Bil derbuch, mit dem sie neue Maßstäbe setzte. Von ihrem Schaffen auf diesem Feld gingen starke Impulse aus. HelgaAichinger hat schon in ihren Anfängen das Bilderbuch aufgewertet im berechtigten Vertrauen auf das Fassungsvermögen des Kindes, das hier nicht überfordert, sondern auf schöpferische Weise angeregt wird, und das man gemeinhin weit unterschätzt. Es sind vielmehr die Erwachsenen, die ihre un zulängliche oder klischeehafte Vorstellung vom Kind daran hindert, ihm einen erweiter ten Spiel-Raum zuzugestehen. Dem großen und staunenden Blick eines Kindes, den un sere Künstlerin sich bewahrt hat, erschließt sich auch ein größeres Thema selbstver ständlich und oft genug auf ergreifend ein fache Weise. Ihre Figuren sind Geschöpfe einer starken Imagination und treten prall von Leben ans Licht, gerade dann, wenn sie ,,reine Erfin dung" sind, denn Innen und Außen ist ihr

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