Oberösterreich, 28. Jahrgang, Heft 3, 1978

Links unten: Darstellung der Tracht der Gewerken In den Ausstellungsräumen des Herrenhauses, 1. Stock. Foto: Fr. Gang! I Unten: Zunfttruhe der KIrchdorf-MIcheldorfer Sensenschmiede-Innung. Foto: Fr. Gangl Landeskunde ergeben. Seinen Kustos er wartet eine Fülle von Arbeit, die In Ihrem Kern das Lokale wird aufgreifen müssen. Die Verzweigungen in den weiteren Umkreis und in die Ferne werden sich dann wie von seihst ergeben. Überall an diesen Häusern des neuen Sen senschmiede-Museums in Micheldorf fin den wir noch die alten, so sinnvollen Stein tafeln mit der Inschrift vor, daß Caspar und Josepha Zeitlinger In den zwanziger und dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts diese Stätten erbaut haben. Dieser Caspar Zeitlinger muß ein sehr bau freudiger Mann und zugleich ein weitbiikkender Sensengewerke gewesen sein. Ei gentümlicherweise wird er in der umfassen den und gründlichen Wirtschaftsgeschichte des Landes Oberösterreich ,,Werden, Wachsen, Reifen" (1. Band) und ,,Männer, Mächte, Betriebe" (2. Band) nur zweimal kurz erwähnt, so heißt es da einmal über ihn: ,,Von einzelnen Werken erzeugten um 1845 Caspar Zeitlinger in Micheidorf von vier Hämmern mit 451 Personen jährlich 150.000 bis 200.000 Stück Sensen." Er stammte von der Werkstatt Auf der Zinne in Micheldorf, ein Haus, das heute noch steht. Mit seinem lieblichen Arkadenhof zählt es zu den Herrenhäusern der Sensengewerken, die Arbeitsmiiieu und private Sphäre so ein zigartig zu verbinden wußten. Am 10. No vember 1823 heiratete er die Gewerkentochter Josepha Theresia, die Erbin der ,,Gradn". Der Name Gradn, so nimmt man an, könnte von ihren früheren Besitzern, der Gratt-Famille, herstammen. Caspar Zeitlin ger und die Josepha Stainhuber- Ihr Vater war der Besitzer der MIcheldorfer Sensen werkstatt Untere Stainhub, er hatte die ,,Gradn" erst 1824 gekauft und war ein Jahr danach an Schwindsucht, eine bei den Sen sengewerken häufige Krankheit, gestorben - traten den Besitz mit Datum vom 21. Juni 1826 an. Gestorben ist der bauiustige Mann 1866, nachdem seine Frau Josepha schon 1852 das Zeltliche gesegnet hatte. Caspar Zeitlinger war aber auch heiratsfreudig und ehelichte nach dem zu damaliger Zeit streng eingehaltenen Trauerjahr die Hofamtsmannstochter Franziska Fürlinger aus Schwanenstadt, ausnahmsweise, so muß man sagen, keine Gewerkentochter oder - witwe. Auch sie starb vor ihm. Die ebenerdigen Räume des Herrenhauses der,,Gradn" halten sich in ihrer Funktion als Museumsräume genau an ihre Vergangen heit und schenken uns Einblick in den Alltag eines Gewerkenhauses. Vom Flur kommt man rechts In die Wirtschaftsräume wie Kü che, Stube für das Gesinde, und in die soge nannte Mentscherkammer, zu linker Hand geht es in die Kanzlei. Wenn man bedenkt, wer aller im kleinen, einfachen, aber würdi gen Empfangszimmer vom Gewerken Cas par Zeitlinger begrüßt worden ist und welch große geschäftliche Abschlüsse hier unter zeichnet wurden, im Vergleich dazu den Aufwand für die heutigen Büros solcher Ma nager ermißt, der über alle Notwendigkeit hinaus betrieben wird, so zweifelt man an der Sachlichkeit unserer Zeit mit ihrer Beto nung emotionsloser Geschäfte. Im ersten Stockwerk ist der erste Raum dem Gedanken an die Kirchdorf-Micheldorfer Sensenschmiede-Innung gewidmet, dann folgen in der Flucht der Zimmer der Gewerkenfamilie Musterstücke an Einrichtungen, ausgesprochen schönes Mobiliar (wozu man sogar die großen prächtigen Öfen zäh len kann) und in den Vitrinen Trachten der Gewerken, Sensenknechte wie überhaupt des Gesindes, aber auch sonstige Ge brauchsgegenstände wie Gläser, Porzeilangeschirr und ähnliches, an den tapezier ten Wänden Bilder, vor allem Gemälde, ein Musterbeispiel dafür, daß es durchaus mög lich ist, Tapeten zu verwenden, von denen sich Bilder abheben. Univ.-Prof. Hofrat Dr. Lipp hat da das Seine getan, das Leben einer Gewerkenfamilie in der Gemeinschaft mit ihrem Gesinde durch absolute Einfüh lung in eine vergangene Zelt wieder leben dig zu machen. Auch der Hof des Hauses ist in seiner Ein fachheit, die starken Eindruck hinterläßt, mit sicherer Einfühlung ins Vergangene reno viert worden. Von ihm tritt man in einen klei nen Saal, der für Veranstaltungen, wie Vor träge und Vorlesungen, gedacht Ist. Er ist aus dem ehemaligen Pferdestali hervorge gangen: eine originelle Idee des Architek ten. Sowohl die Eingangstür des Hauses als auch ihr Gegenüber, das großartig wieder hergestellte Rundbogentor mit der Sonne

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