Oberösterreich, 28. Jahrgang, Heft 3, 1978

(nach der erweiterten ,,Schröckenfux Chro nik" von Fritz Greiner) auch die größte in Österreich war. Wie wenig auch in der „guten alten Zeit" schöne alte Bauten gegolten haben, geht aus der Geschichte des Innerberger Stadels hervor. Er sollte zu Beginn unseres Jahr hunderts abgerissen werden, an seiner Stelle wollte man einen sogenannten Prachtbau, wahrscheinlich ähnlich dem neugotischen Sparkassengebäude am Steyrer Stadtplatz, errichten, ein Postamts gebäude. Der am Anfang seiner ruhmrei chen Laufbahn als Stahlschnittkünstler ste hende Michael Blümelhuber hat damals durch seine Beziehungen zum Kaiserhaus, besonders zum Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand d'Este, den Weiterbestand des historischen Baues erreicht, der einst als Lagerhaus der Innerberger Gewerk schaftdiente und heute nicht nur die Samm lungen des Museums der Stadt Steyr, son dern auch den von Josef Zeitlinger einge richteten Eisenhammer und das einzigartige Marionettentheater ,,Steyrer Kripperl" be herbergt. Die Neuordnung des steirischen Eisen wesens ist hauptsächlich auf die durch fort währende Unruhen aus religiösen Gründen und Kriege entstandene Entwicklung zu rückzuführen. Daß sie ebenso rein aus der Materie, der Sensenerzeugung und ihrem Wandel durch Eisvogel, angeheizt wurde, kann ebensowenig geleugnet werden. Die Arbeitsmethoden nach Eisvogel in den vier von Helmhart Jörger in Scharnstein gegrün deten Sensenschmieden brachte überdies einen Streit zwischen Rittertum und Hand werk in den Lauf der Dinge. Bisher war je dem Sensenhammer ein bestimmtes Quan tum des am Erzberg in Eisenerz erzeugten Eisens zugeteilt worden, das nach der täg lich möglichen Sensenerzeugung errechnet wurde. Die Produktion belief sich allgemein auf siebzig Sensen im Tag. Die Erfindung Eisvogels erhöhte diese Zahl. An dem nöti gen Absatz dieser Mehrproduktion fehlte es nicht. Andererseits fehlte es aber jetzt am Eisen, ja auch an der von Köhlern in den Holzmeilern erzeugten Holzkohle für die Essen. Sogar mit der Lebensmittelversor gung der ansteigenden Belegschaften der Sensenhämmer, die nicht gerade in den fruchtbarsten Landesteilen arbeiteten, wurde es schwieriger. Jeder Sensenwerks besitzer versuchte nun auf eigene Faust zu organisieren, was er nur bekommen konnte. Es kam 16.04 zu einer neuen Sensen schmiede-Handwerks-Ordnung, die durch strenge Verbote gekennzeichnet war. Ins besondere wurde die Aufnahme von Gesel len und Lehrbuben geregelt. Gegen Über tretungen werden hohe Geldstrafen, ja so gar Gefängnis angedroht. Soweit man weiß, sind diese freien Handwerksmeister, als die sich die Gewerken erkannt hatten, auch nachher so frei gewesen, Wälder zu Schlä gern, damit sie zu Holz kamen, und mit dem Einkauf der Bröckl nahmen sie es auch nicht so genau, es war ihnen gleichgültig, woher sie ihr Rohprodukt nahmen. Helmhart Jör ger wurden viele Vorwürfe gemacht. Eine menschliche Erfindung, die die Arbeit er leichtern sollte, brachte anhaltende Zer würfnisse in das Eisenwesen. So wie es im 19. Jahrhundert unter dem Waffenkönig Josef Werndl, dem Begründer der österreichischen Waffenfabriks-Gesellschaft, in Steyr arbeitslose Zeiten gege ben hat, von denen die Historiker (und auch die Literaten in ihren Romanen) keine Zeile geschrieben haben, dafür umso mehr von Glanz und Gloria dieses freilich genialen Mannes, den man den ,,Kaiser von Steyr", dies zu Recht, genannt hat, so auch früher bei den Sensenschmieden. Die patriarcha lische Lebenshaltung der Sensengewerken fand dagegen ein einfaches Mittel, das heißt, sie brauchten es nicht extra zu finden: als Besitzer oft großer Bauerngüter setzten sie ihre Arbeiter in der Landwirtschaft ein. Hatte sich die neue Sensenindustrie eini germaßen von dem großen Krieg, dem Drei ßigjährigen, erholt, der ein Religionskrieg gewesen ist und gerade viele Eisenverar beiter, so die Messerer, wegen ihres Verharrens am lutherischen Glaubensbekennt nis zur Auswanderung zwang (so sind die berühmten Steyrer Messerer zu Gründern der seit langem weltberühmten Solinger Stahlwarenindustrie geworden), kamen die Franzosen dreimal hintereinander ins Land. Die Napoleonischen Kriege fügten der erst kurz zu neuer Blüte anlaufenden Sensen erzeugung einen neuen schweren Schlag zu. Die außerordentlich hohen französi schen Kontributionen hatten die Bevölke rung arm gemacht, nicht zuletzt die Sensen gewerken. So schreibt Ötto Kalab in seiner umfassenden Studie ,,Aus der Geschichte der Kirchdorf-Micheldorfer Sensenindu strie", die im 3. Band der lesenswerten, aber leider vergriffenen ,,Heimatkunde des politi schen Bezirkes Kirchdorf an der Krems" von Kurt Weinbauer erschienen ist, über die Folgen dieser Kriege für ganz Europa: ,,Fi nanzielle Krisen und Teuerungen drückten schwer auf das gesamte Eisenwesen. Sehr stark machte sich der ausländische Mitbewerb auf dem Eisenmarkte fühlbar. Schwe den überschwemmte mit seinem Eisen und Stahl alle Handelsplätze und bediente sich zum raschen Absatz desselben des Inner berger Stahlzeichens. Ein schwerer Schlag traf die einheimische Sensenerzeugung durch die Gründung großer Fabriken in Deutschland und Frankreich. Das Deutsche Reich schützte seine Erzeugnisse durch hohe Zölle, Frankreich hemmte die Einfuhr österreichisch-steirischer Sensen. Da da durch wichtige Absatzgebiete dem österrei chischen Sensenhandel verschlossen blie ben, andere sogar verlorengingen, mußten die Gewerksbesitzer die ganze Ware auf den russischen Markt werfen, wo sich ein so großer Wettbewerb geltend machte, daß die Verkaufspreise sehr gedrückt wurden. Der jährliche Verlust für das Land ob der Enns infolge Stockung des Absatzes ins Ausland wurde auf 500.000 bis 600.000 Gulden be ziffert." ötto Kalab, seines Berufes Schul mann, ist über diese Veränderungen so gut unterrichtet, weil seine Frau eine geborene Weinmeister war, also ein Nachkomme aus einer der großen Sensenschmiedefamilien des Kirchdorf-Micheldorfer Innungsbezir kes. (Bruno Kalab, der Sohn öttos, bewahrt in seinem Haus in Micheldorf viele Erinne rungen aus dem Haus seiner mütterlichen Großeltern, die er geerbt hat, so Bilder, Mo biliar, Trachten, die alle genauso wie das Das sogenannte ,,Blumauer Zimmer", dessen Einrichtung das Land Oberösterreich aus dem Herrenhaus des Sensenwerkes BlumauKirchdorf angekauft hat und das nunmehr ein Glanzstück des Oberösterreichischen Sensenschmlede-Museums darstellt. Foto: Fr. Gangl

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2