Oberösterreich, 28. Jahrgang, Heft 3, 1978

Denkmalpflege im Bereich der Technik Manfred Mohr Denkmalschutz ist heute nicht mehr Sache einiger weniger. Er kann als eine Heraus forderung an die Geseiischaft angesehen werden, das Leben der Bürger lebenswert und lebenswürdig zu gestalten. Gerade das unverwechselbare Gepräge des Landes bietet dem Menschen jene Umwelt, die sei ner Individualität entgegenkommt und doch - anders als die Anonymität moderner Siedlungs- und Wohnungsformen - auch der Gemeinschaft, der Nachbarschaft ihren Platz anbietet. Max Dvoräk hat in seinem ,,Katechismus der Denkmalpflege" bereits 1918 mit Nach druck gefordert, der Denkmalschutz dürfe sich nicht nur auf Kunstwerke beschränken, sondern müsse alles umfassen, was als künstlerisches Gemeingut angesehen wer den kann; das Geringe bedürfe oft mehr des Schutzes als das Bedeutende. Grundsätz lich sollte man daher bestrebt sein, der au ßerordentlichen Vielfalt kultureller Güter - ohne Einschränkung auf spezielle Bereiche - gerecht zu werden. So spannt sich heute der Bogen der Denkmalpflege von hervor ragenden Einzelkunstwerken über Schöp fungen anonymer volkstümlicher Kunst bis zu den Objekten der Technik, Manifestatio nen der Arbeitswelt, des Brauchtums und den Zeugnissen der Zeitgeschichte. In Oberösterreich wird nicht erst seit dem Europäischen Jahr des Denkmalschutzes (1975) diese Aufgabenstellung wörtlich ge nommen. In diesem Zusammenhang soll auf den Aufsatz von Dr. Otto Wutzel ,,Aktive Denkmalpflege in Oberösterreich" (Kultur zeitschrift Obe'rösterreich, 25. Jg., Heft 1, 1975) verwiesen werden. In einem Punkt darf allerdings eine Ergänzung angebracht sein. Es gibt zahlreiche Bauwerke, die nicht unmittelbar mit dem Begriff der Kunst in Verbindung zu bringen sind, jene techni schen Einrichtungen, die vielleicht mehr als manch profanes oder kirchliches Gebäude kulturgeschichtiichen Aussagewert besit zen. Besonders in Oberösterreich befinden sich einige interessante Anlagen, die heute bereits zu europäischen Unikaten zählen. Die Erhaltung dieser Denkmale kann nicht mehr mit künstlerischen Werturteilen allein begründet werden. Der Verlust dieser Ob jekte brächte eine spürbare Verarmung un serer Kulturlandschaft mit sich. Im Zusammenhang mit der für 1980 geplan ten Ausstellung ,,Die Hallstattzeit" wird der zeit mit verstärkter Aktivität vom Naturhisto rischen Museum in Wien der vorgeschicht liche Bergbau im Hallstätter Salzberg er forscht. Über die Ausrüstung der Knappen vor gut 4000 Jahren weiß man heute bereits ausreichend Bescheid. Das Hallstätter Mu seum beherbert ein Stück eines damals be nützten Tragsackes aus Leder, Textilreste, Holzspanfackeln und Pickel. Aus der Zeit des Barock stammt der Schwarzenberger Schwemmkanal, eine technische Meisterieistung, die heute nur mehr in sporadischen Resten vorhanden ist und an der vor mehr als 200 Jahren rund 1200 Arbeiter gearbeitet haben. Bereits aus 1774 datiert ein Plan, vom Böhmerwald ei nen Schwemmkanal für das Holz zur Donau zu bauen. Ein Tunnel von 459 Meter Länge, der erste Tunnelbau auf dem europäischen Kontinent, Überführungen von Bachläufen, die Überschreitung der Wasserscheide zwi schen Elbe und Donau verlangten ganz spezifische technische Einrichtungen die ses 52 Kilometer langen Transportweges. Ebenfalls der Holzgewinnung diente die Chorinsky-Klause, die bei einer Stauhöhe von annähernd 7 Meter rund 75.000 Kubik meter Wasser für die Trift freigab. Solche Klausen waren meist aus Holz gebaut. Im Goiserer Weißenbachtal entstand jedoch um 1819 ein Steinstauwerk, das von einem Ischler Waldmeister errichtet worden ist und auch heute noch gepflegt wird, als hätte der Lastwagen nicht schon längst den Transport übernommen. Eine kontinentaleuropäische Pionierlei stung war sicherlich die Pferdeeisenbahn, ausgehend von Gmunden bis hinauf ins böhmische Budweis. Bereits 1808 hatte Prof. Franz Ritter von Gerstner erste Ent würfe vorgelegt, doch auch sein Sohn konnte die Pläne nicht zu Ende führen. 1824 wurde mit den Arbelten begonnen und erst 1832 erreichte der Schienenstrang ürfahr bzw. Linz. 14 Stunden benötigte die Fahrt zwischen beiden Endbahnhöfen. Salz, Holz, Industriewaren und Kohle waren die wich tigsten Transportgüter. Leider sind heute ein Großteil der Trasse und zahlreiche Brücken verschwunden. Vielleicht gelingt es aber doch noch, wenigstens den verbliebe nen Rest in einen geplanten Fernradweg einzubeziehen. Zwei Stationsgebäude sind noch erhalten, wobei für Kerschbaum, dem Grenzbahnhof nach Böhmen, bereits eine denkmalpflegerische Aktion angelaufen ist. Erste Restauriermaßnahmen am Dach ha ben voriäufig den Verfall dieses Gebäudes aufgehalten, so daß weiterhin über die Mög lichkeit eines oberösterreichischen Eisen bahnmuseums diskutiert werden kann. Vielleicht war der Verlust der ,,Wollzeug fabrik" in Linz als Denkmal der ,,Großmanifaktur hinter barocker Fassade" Anstoß, das Augenmerk des an der Geschichte interes sierten Menschen allmählich auch auf den Bereich der Arbeitswelt zu richten. Im We bereifachmuseum in Haslach ist heute stell vertretend für das ganze Mühlviertel dieser bedeutende Wirtschaftszweig dargestellt. Die Pflege dieser wirtschaftshistorischen Denkmale geht jedoch Hand in Hand mit ei ner methodischen Einführung in alle fach lichen, technischen und sozialen Aspekte. Die enorme Entwicklung der Technik läßt heute bereits manches als Geschichte er scheinen, was gestern noch im täglichen Gebrauch gestanden ist. Das Photomu seum in Bad Ischl kann als jüngstes Beispiel einer Symbiose von Denkmalpflege und Technik angesehen werden. Es gelang dem Land Oberösterreich dabei, eine Sammlung zu sichern und aufzustellen, um die uns an dere Länderbeneiden, vor allem aberwurde das dem 19. Jahrhundert zuzuschreibende völlig devastierte Marmorschlößl in Bad Ischl einer neuen Zweckwidmung zugeführt und instandgesetzt. Auch im örtlichen Bereich rückt das interesse an der Erhaltung von Denkmälern, speziell der Arbeltswelt, immer mehr in den Vordergrund. In Vorderweißenbach wurde ein alter Hammer soweit instandgesetzt, daß dem interessierten Besucher die Funk tion der mechanischen Teile wieder vorge führt werden kann. In Bad Wimsbach-Neydharting wurde in den letzten Jahren die älte ste Hammerschmiede - ebenfalls mit Hilfe des Landes - instandgesetzt. In Bad Gei sern betreut der Verband der Oberöster reichischen Freilichtmuseen die Anzenaumühle, in der seit rund 400 Jährendes Mahlund Backgeheimnis bis zum heutigen Tag gehütet wird. Die gotische Mahlstube, die dunkelbraune Balkendecke mit tiefgekehl tem Renalssance-Rüstbaum schlagen wie derum die Brücke zum Baudenkmal, dem auch eine künstlerische Aussagekraft zu kommt. In der Ortsmitte von Goisern wurde eine alte Holzknechtstube aufgestellt - als Denkmal für die historische Waldarbeit. In diesem Zusammenhang ist das Sensenschmiedemuseum in Micheldorf ein vorzüg liches Beispiel von aktiver Denkmalpflege in Verbindung mit Technik und Kulturge schichte. Wenn wir heute mit Stolz auf die Leistungen der österreichischen Schwerin dustrie blicken, so darf man nicht verges sen, daß hier eine Tradition fortgesetzt wird, die bereits im 16. Jahrhundert ihren ürsprung hatte. Die ,,biauen Sensen" der oberösterreichischen und steirischen Pro duzenten bildeten bis Ins 20. Jahrhundert einen der wichtigsten und krisenfestesten Exportartikel unseres Staates. Durch Jahr hunderte nahm die Herstellung von Sensen eine überragende Stellung in der österrei chischen Eisenindustrie ein. ünter den sensenherstellenden Handwer ken des alpenländischen Eisenwesens kam der Sensenschmledezunft von Kirchdorf-

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