Oberösterreich, 28. Jahrgang, Heft 3, 1978

Blick in den Gedenkraum für Heinrich Suso Waldeck, der vom Oberösterreichischen Volksblldungswerk im Gemeindeamt St. Veit im Mühlkreis eingerichtet wurde und von der Gemeinde liebevoll betreut wird. Foto: Fr. Gangl O B □ □ 4. Mit der Leo-Stube in Verbindung standen u. a. Gertrud von Le Fort, Leo Weismantel, Friedrich Muckermann und Petrus Klotz, Flans Leifhelm, Paul Keller, Franz Theodor Csokor, Paula Grogger, Ernst Trasold, Guido Zernatto, Jakob Kneip, Franz Flerwig und der Linzer Karl Martin Eckmayr. In dieser Runde, zu der auch P. Anton Pauk und der junge Theologe Franz Ser. Brenner (heute Nachlaßwalter des Dichters), sowie Prof. Christian Neumeyer zählten, soll es ,,sehr streng" hergegangen sein. Rudolf Renz berichtet darüber in seinen Lebens erinnerungen: ,,Heinrich Suso Waldeck war ein Fanatiker von Gewicht und Klang, Maß und Schwung eines Wortes, einer Zeile, eines Verses, ei nes Kapitels Prosa. Jeden Freitag wurde ge lesen und erbarmungslos gewogen und ge messen . . . noch heute sehe ich Susos prü fende, leicht verschmitzte Augen vor mir, wenn ich einen Vers hinschreibe . . ." Mit seinen Antlitzgedichten hatte sich Hein rich Suso Waldeck in Wien literarisches Bürgerrecht erworben. Bereits am 19. Juni 1928 wurde ihm vom Wiener Stadtsenat der Künstlerpreis der Stadt Wien zuerkannt, neun Jahre später erhielt er den großen Osterreichischen Staatspreis für Literatur. Vor den Antlitzgedichten hatte Robert Haas 1926 Waldecks „Legende vom Jäger und Jägerlein" als mit Handpresse hergestelltes Rollenbuch in fünfzig Exemplaren mit Holz schnitten von Carry Hauser herausge bracht. Im Gegensatz zu den Balladen aus dem Zyklus ,,Das böse Dorf" siegt in der Legende die Unschuld einer demütig-from men Magd über das Böse. Die dritte Auflage der,,Antlitzgedichte" erschien bereits 1930; im selben Jahr kam auch der Episodenro man „Lumpen und Liebende" heraus, der allerdings die große Linie vermissen läßt. Der Roman steht begreiflicherweise im Schatten der Verskunst seines Autors. Seine Prosa ist konventionell und besitzt je nes Kolorit, das dem Milieu der Wiener Nachkriegs-Boheme entspricht, in welchem sich die Episoden des Romans ereignen. Die freundliche Aufnahme beim Wiener Pu blikum dankt das Buch wohl den darin ge schilderten originellen Käuzen. Unvollendet blieb das Romanmanuskript zu „Schiaß Otten" (bzw. ,,Der Tanz im Pelz"); die Handlung spielt ebenfalls Im Wien der Nachkriegszelt. Der Romanentwurf „Er und sein Mesner", der eine Reihe heiterer Sze nen aus dem Pfarrhof-Milieu hätte erwarten lassen, wie dies das Kapitel,,Kunst um Mit ternacht" verrät, wurde ebenfalls nicht aus geführt. Aus seinem Märchenband „Hiidemichl", der 1933 erschien, spricht die Le bensweisheit des gerelften Mannes. Mit diesen satirischen Märchen von Menschen, Gelstern und Ungeheuern findet sich Hein rich Suso Waldeck in bester Gesellschaft. Im gleichen Jahr, da man sich anschickte, Heinrich Suso Waldecks 60. Geburtstag zu feiern, erschien dessen zweiter Gedicht band ,,Die müde Stunde", zwar schmäler gediehen als sein Vorgänger, aber diesem ebenbürtig. Der Lyrikband ,,Die milde Stun de" enthält neben der ,,Späten Grille", der ,,Kleinen Spitalsleiche", dem ,,Lied des Er bärmlichsten", dem ,,Weihnachtsbettler" u. a. wohl eine der bedeutendsten Schöp fungen christlicher Lyrik deutscher Sprache; den großen Pfingstgesang, den ,,Psalm zu Gott-Geist", in seinem hymnischen Pathos ebenbürtig dem Sonnengesang des Franz von Assisi, ein mystisches Preislied, das Seinesgleichen in der deutschen Dichtung nicht kennt. Doch Du, o Heiliger Geist; Unruhe bist Du über den Gipfeln der Welt, den Menschenhäuptern, Du der Fliegende von Nest zu Nest, von Stirn zu Stirn, Aufbrütend immer das Neue. Ewiger Antrieb! Nie wird Dein Sabbat sein! Samenstreuender Sturm in der furchigen Feuchte des Hirns, Flammenpeitsche des zagen Gedankens, Lampe des Forschers, Feuerhieb Du in den dämmrigen Traum des Erfinders! Du zähmst die wilde Rose und schaffst ihr prächtige Fülle, Süßest den herben Baum und adelst die Rebe; Du lehrst das Tier. Dich beten wir an im Wunder der neuen Maschine Und jubeln Dein Lob mit dem Toben des Motors, Allem Hämmern und Stanzen, dem Knir schen des Bohrers, Dem Surren des Rads und Geschwirr des Propellers. In jeglicher Neugestalt, unversehen und schön geboren, in kühner Kunst verherrlichst Du Dich, O Du des Bildners inwendige Hand, Du Rausch des Dichters! Wer anders schreitet die Stufen der Töne hinan und hinab. Erschafft Melodie und die edlen Geschlech ter der Rhythmen? Und in lebendiger Eintracht der Klänge Bekennst Du Dich, Dritter, zum Frieden der göttlichen Drei. (Aus: ,,Psalm zu Gott-Geist")

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