Unterbewußtsein, synchiron geschaltet mit einer Schweizer Hochgebirgstour, wuchs sich zum unailtäglichen Prosaband von Bodo Hell aus; die in lyriknahen Prosa geflechten sich ergehenden, breit ausge sponnenen und entwickelten ,,Spielräume" der Elfriede Gerstl zeigen das Weltbild einer ihre totale Verunsicherung mit viel Charme ertragenden Emanzipierten namens Grit; ein Ernst-Jandl-Lesebuch, ,,Reader", wie es der Autor selber nennt, kommt hinzu, mit Reflexionen und Kommentaren über seine persönliche Art des Schreibens: ,,My right band - my writing hand - my handwriting"; und weiter brachte Bäcker heraus den Bildund Letternband von Josef Bauer, dem konkreten Texter, Lettristen, Plastiker, Land-Artisten und Aktionsmann, betitelt ,,Zeile für Zeile", Eugen Gomringer ver suchte diesem Buch in einem Nachwort ge recht zu werden. Er bezeugt: ,,Überall ist spürbar, daß Bauer versucht, die Welt, in der wir leben, durch Konfrontation und Kompo sition einzelner Teile zu organisieren." Schließlich wurde mit Max Peintners,,Ewig keit im Tagbau" von der ,,edition neue texte" noch ein weiterer aufwendiger Bildband produziert, der mit akribisch gezeichneten Landschaftsutopien, mit verhängnisvollem ineinander von Technik, Zivilisation und verfeindeter Naturumgebung aufwartet. Hat Bauer schon seit Jahren das Aussteiiungsgeschehen in Wien, Graz und Linz mitbe stimmt, so kommt Peintner, geboren 1937 in Hall, Tirol, von der Architektur. 1969 publi zierte er seine ersten, utopistischen Zeich nungen. Peintners früheste, ehrliche Ab sicht war gewesen, ,,zu kritisieren und zu höhnen". Später begriff er, daß durch Auf zeigen des Maßlosen und Gewaltsamen im solcherart immer weiter zerstörten Kosmos auch eine Wirklichkeit organisiert werden könne, ,,in der unsere Gewalttätigkeit zur Ruhe kommt". Seine Bilder wurden ihm so zu Sektionen des eigenen Bewußtseins in medizinischem Sinn. Auch dem Betrachter will er ,,einen Schnitt durch seine eigenen Wahrnehmungszentren vor Augen" führen. Die ,,edition neue texte" bereitet an Druck legungen für die nächste Zeit vor: einen so wohl der konkreten wie der visuellen Poesie verpflichteten Band von Fritz Lichtenauer, ,,text und llnle"; sowohl einen Gedicht- als auch einen Essayband von Reinhard Prießnitz und ,,stille post", Gedichte von Heidi Patakl. Als Gegenstück zum Ernst-JandlReader wird die Publikation ,,Jardin pour Friederike Mayröcker" vorbereitet. Und damit soll noch einmal zurückgeblendet werden zum Ausgangspunkt einer Entwick lung, die durch Helmrad Bäcker in Ober österreich eingeleitet und noch lange nicht zum Abschluß gebracht worden ist. Man kann dies am bisher in Linz realisierten lite rarischen Veranstaltungswesen recht über sichtlich ablesen: Im Mai 1966 präsentierten sich Ernst Jandl und das Glawischnigg-Duo aus Graz in der Volkshochschule Linz. Jandl las konkrete Texte von Reinhard Döhl, Raoul Hausmann, Andreas Okopenko, Helmut Heissenbüttel und Friederike Mayröcker; unvergleichlich und interpretatorisch bis heute unerreicht geriet ihm aber der Vortrag seiner eigenen Arbeiten. Im April 1967 wurde Im oberösterreichi schen Landesstudio ein Rundfunkvortrag in zwei Teilen von Helmrad Bäcker,,Konkrete und experimentelle Poesie" und ,,Dichtung als Sprachkritik", mit deutlicher Bezug nahme auf aktuelle internationale Tenden zen ausgestrahlt. In den etwa gleichzeitig vorliegenden ,,Pro tokollen 66" stellte Ernst Jandl die Verbin dung zwischen (konkreten) ,,Beiträgen zu einer modernen Weltdichtung" im Ausland und der geistesverwandten ,,wiener gruppe" her. Auch deren Vertreter hat Heimrad Bäcker später, als Exponent der Volkshoch schule, der Grazer Autorenversammlung und des MAERZ, fast vollzählig nach Linz geholt. Bäckers ,,neue texte"-Konstellation in Linz hatte überdies punktuelle Entsprechungen in Graz, wo Gunter Falk, und in Innsbruck, wo Heinz Gappmayr und Peter Weiermeier wirken. Im Oktober 1967 erschien bei Rowohlt der erste Sammelband über die ,,wiener gruppe" mit Friedrich Achleitner, H. 0. Artmann, Konrad Bayer, Gerhard Rühm und Oswald Wiener. Die erste Linzer Doppellesung Jandl-Mayröcker, Gharakteristikum zahlreicher noch folgender Begegnungen, fand Im Dezember 1968 gemeinsam mit dem damaligen Linzer ,,Total Trio" (Peschek, Schmidinger, Kahowez) anläßlich der neuartigen VeranstalEugen Gomringer, Schöpfer des Begriffes ,,konkrete Poesie", bei seinem Lese- und Dia-Vortrag in der Neuen Galerie, als Zuhörer Dr. Heimrad Bäcker. Foto: M. Merighi, Linz
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2