Oberösterreich, 28. Jahrgang, Heft 3, 1978

höflich und in verhüllter Form an, daß sich so jeder nennen könne, auch einer, der .ir gendwann einmal irgendeine Kleinigkeit ge schrieben habe' und ,wir wollen doch nur Leute freistellen, die wirklich an etwas arbei ten'. Nun ja, ich habe nach Wien um Pinsel geschrieben, da ich mich hier in eine Haus industrie einstellen lassen könnte: Bemalen von Dominosteinen mit allerlei österreichi schen Emblemen und Motiven, für die Ame rikaner. Aber von selten meiner Wiener Freunde hat sich bisher nichts gerührt - ob gleich Post aus Wien längst hier sein könnte - außer einem Telegramm, das allerdings die wichtige Nachricht gebracht hat, meine Sachen seien erhalten. Hoffentlich sind un ter ,Sachen' vor allem auch die Manuskripte zu verstehen. Sie befanden sich zuletzt in Siegenfeld, das in der Badener Gegend liegt." Zwei Äußerungen aus der Osterzeit 1946 noch, um diesen Erlebniskomplex abzu runden: ,,Das Wetter plötzlich verhangen und trüb, grau, tiefverhüllt. Ein nicht willkommener Besuch kündigt sich an, aus jener von Prätentionen gestreckten und mit Pfiffigkeit all zeit gut eingedeckten Welt bürgerlich-ge sellschaftlicher Akademiker, aus der mir noch nie Gutes gekommen ist." ,,Dienstag nach Ostern brach schlechtes Wetter ein, dasselbe, welches den Karfrei tag gekennzeichnet hatte: Nebel und Re gen. Also standen die Ostertage wie eine strahlende Insel oder Oase im unmittelbar ihnen nachfolgenden Gedächtnis, im Nach klang, eine leuchtende Burg, die aus dem vorhergehenden und folgenden Gewölk ragt. Indessen ist das Wetter wieder ganz ausgeheitert. Anderes ist weniger gut. Seit Dienstag ohne Zigaretten und zu essen hab' ich auch nichts mehr, die paar Semmeln von meiner Zusatzkarte sind verbraucht." Osterfest am Attersee Die Bedeutung des Osterfestes in der deut schen Literatur ist zwar durch Goethes ,,Faust" vorgeprägt. Nichts davon reflektiert Heimito von Doderer zu seinem ersten Frie dens-Ostern in Oberösterreich. Er erlebt diese Ostern vielmehr auf eine beeindrukkend katholische Weise, die geradezu symptomatisch für eine gewisse Heilkraft der Liturgie ist. In einer bis dato ausständi gen Untersuchung über religiöse Elemente im Leben und Werk Doderers wären diese Tagebuchstellen wichtig: ,,Das Hochamt dauerte ein und eine halbe Stunde und in der kleinen Steinbacher Kir che drinnen war es fast so schön wie drau ßen im Freien. Dem amtierenden Priester lag die Sonne auf den Schultern, sie legte sich durch den Dampf von Weihrauch. Es wurde tüchtig musiziert. Pastoral-Messe von Franz Reisinger in 0 und G und Tantum ergo - beides ländlich-österreichisch, mit heiterem Gloria und Reminiszenzen oder Assonanzen an Beethovens Sechste. Die ser Osterspaziergang nach Steinbach hin und zurück betäubte fast durch seine Schönheit. Wohin zuerst schauen? Der blaue See, rein wie Lack. Oh, noch reinerer Schnee-Zucker auf den hohen Bergen! Hin ter den Blüten-Wolken der Bäume die breite, feste, harmonische Front eines alten ober österreichischen Bauernhofs." Durchaus dem religiösen Erleben zuzuord nen ist jedoch auch der Höhepunkt unter ...Ä

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