Oberösterreich, 28. Jahrgang, Heft 2, 1978

Von oben nach unten: „Huemer zu Auern", Haselbäckau 63, Inzersdorf (Fenster herausgenommen, nur noch teilweise erhalten) ,,Hlertzenberg", Schilerbach 219 (Gebetshuber) % Rechts oder links der Haustüre befindet es sich in der Mauer des Wohnbaues. Sein ge bräuchlicher Name als ,,Bettlerfenster" weist freilich auf nichts Besonderes hin. Mit einer breiten Mauerbrüstung schiebt es sich gut einen halben Meter ins Vorhaus hinein und bildet dort einen brauchbaren Abstell platz. Von hier aus wurde das Brot hinaus gereicht und die kleine, dürftige Münze, die der Gemeindearme am Freitag bekam oder die ein wandernder Handwerksbursch von Haus zu Haus erbetteln mußte! ,,Hamperer" - (d. i. ,,Handwerker" -) fenster nennen es die Leute im bayrischen Lande bei Ingol stadt, womit sie denselben Brauch andeu ten. Die Innviertier Bauern sprechen vom ,,Sternguckerfenster", was freilich liebens werter klingt. Das ,,Guckerl" des Vierkants, auch ,,Jausen"- oder eben doch meistens ,,Bettlerfenster" genannt, ist trotzdem allen anderen dieser Art überlegen. Seine beson dere Form hat etwas aus adeliger Bauzeit an sich, es wirkt wie ein versprengtes, herr schaftliches Schmuckding, das zu vielen Überlegungen führt: Wer hat es erdacht und geschaffen? Es war gewiß kein bäuerlicher Einfall, ist wohl auch nicht auf den Vorschlag und Entwurf eines einfachen ländlichen Maurermeisters zurückzuführen. Zunächst sieht es so aus, als wäre ein ferti ger Bauteil, ein ganzer fremdartiger Block, in die Maueröffnung hineingerückt und ver mauert worden, weil sich das Fenster in sei ner kalkweißen Fassung so deutlich und mit Absicht von der Hauswand abhebt, bald aber wird das zusammengesetzte Gebilde, Teil um Teil, erkennbar. Steinmetzarbeit ist es, zu der nur eine einzige Skizze notwendig war, denn ein Fensterstock ist dem anderen so ähnlich, daß Abweichungen nur durch das Handwerk erklärbar sind, das niemals mechanische Nachahmung treibt, sondern im Geringsten schöpferisch gestaltet. Das Material ist Stein - Stein aus dem Ge lände der nächsten Umgebung: in der Flyschzone (um Kirchdorf und bis hinab nach Kremsmünster) feinkörniger, quarzhältiger Sandstein, in der tertiären Voraipenzone (um Rettenbach und ins Aimtal hinein) der gut verbackene Konglomerat, der leicht poröse Nagelfluh. Nicht immer ist der Stein als solcher erkennbar, - meistens ist alles, was aus ihm besteht, mit weißem Kalk überzogen. Das Ausmaß des ganzen Fensterblockes beträgt in der Regel 150 x 85 cm - vom äußeren Rahmen her gemes sen. Die Solbank ist oft linear durchritzt, als ob sie aus gestaffelten Lagen bestünde, die beiden Bogen schneiden sich in den Fen stersturz ein und stützten sich - mit oder ohne Kämpfer-auf die freistehende Mittelsäuie, sowie auf die beiden Halbsäulen, die

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