Oberösterreich, 28. Jahrgang, Heft 2, 1978

Kunst der Gegenwart Der Zeichner und Maier Anton Wetzl Anton Watzl ist ein unentwegt Suchender. Er gehört zur frühen Pioniergeneration der Linzer Kunstschule. In seiner künstleri schen Arbeit folgt er einem inneren Drang. In diesem Sinne, diesem Ziele folgend, hat er auch sein äußeres Leben eingerichtet. Ihm genügt eine bescheidene Existenz. Von Ruhm- und Geltungsbedürfnis ist er weit entfernt. Äußerer Erfolg dient ihm lediglich ais Mittel zum Zweck, um ein in sich ruhen des, bescheidenes Dasein zu sichern. Anton Watzl ist aber auch stets auf der Su che nach erregenden, schönen Erlebnissen. In einer Beschreibung seines Schaffens ist von seiner ,,Neugierde" die Rede. Diese Neugierde, lernbegierig und ehrfurchtsvoll, gilt vor allem dem menschlichen Antlitz, der Stadtlandschaft, aber auch der freien Natur und ihren Tieren. Mit dem Zeichenstift ist Anton Watzl interna tional bekannt geworden . . . Über dem Graphiker darf jedoch nicht der Maler ver gessen werden, vor allem der Aquarellist. In seinem Linzer Atelier finden sich aus seiner Frühzeit noch einige Ölbilder, die Möglich keiten für die Zukunft - wie Keimendes, Un geborenes - versprechen. In einer Ausstellung in der Kammerhofgale rie in Gmunden 1976 erwies Anton Watzl auch seine Fähigkeiten In der figuralen Komposition. Anton Watzl ist ein begeisterter Reisender, im Sinne seiner Neugierde und seiner un entwegten Suche. In vielen Städten ist er bekannt geworden. Überall hat er sich mit seinen Zeichnungen, ohne Protektion und Empfehlung, aus eigener Kraft einen ange sehenen Namen geschaffen. Die Zeitschrift,,Oberösterreich" erachtet es als eine Auszeichnung, einmal einen Quer schnitt aus dem Schaffen Anton Watzls als Beitrag zur ,,Kunst der Gegenwart" veröf fentlichen zu können. An Stelle eines litera rischen Begleittextes wurde eine Auswahl von gewichtigen Stimmen zum Werk des Künstlers zusammengestellt, die erweisen soll, wie weit und tief das Werk Anton Watzls in in- und ausländischen Fachkreisen be reits gewirkt hat. Otto Wutzel Die Klage, die Kunst könne unter dem Ein fluß zeitgenössischer Richtungen keine Porträts von Bedeutung mehr hervorbrin gen, ist noch nicht alt. Deshalb haben viele Bildnismaler auf eine allzu enge Verbindung mit einer der modernen verzichtet - und da durch gleichzeitig die Klage bestätigt. Den noch gibt es z. B. Künstler, die den heute zwar nicht mehr aktuellen und wegen seiner emotionalen Ausdrucksweise für Bildnisse wenig geeigneten Tachismus mit der Kunst des Porträtierens zu verknüpfen suchten. Ein Meister dieser Synthese antithetischer Darstellungsformen ist der Zeichner Anton Watzi aus Osterreich. Das dominierende Element vieler Bildnisse ist die Linie, deren Funktion sehr verschie den sein kann, die aber stets in doppelter Weise gespannt ist - einerseits als Kontur, die Form gibt, andererseits ais Ausdruckträ ger emotionaler Gestimmtheit sowohl des Künstlers wie des Modells. Die Linie-ein in tuitiv eingesetztes Biidmittel - ist nicht straff gezogen, sondern reagiert auf die Wider stände des Papiers, der Feder und auf die impulsiven Bewegungen der Finger ebenso wie auf die Gesichtsform des Partners. Des sen Wesen vermag die Ausführung ent scheidend zu beeinflussen. In anderen Bildnisarbeiten wird das Lineare zu einem Gefüge, teilweise zu Schraffuren verdichtet. Auch diese Strichfoigen sind nicht allein damit zu erklären, daß sie eine Licht-Schatten-Wirkung markieren sollen, daß sie dem Gesicht Räumlichkeiten geben: Sie sind daneben in ihrer Dichte und Heftig keit auch Ausdrucksträger von Empfindun gen und Intuitionen des Autors. Seine Ner vosität, seine Sensibilität wird hier von ei nem bildnerischen Mittel verdeutlicht. Und genau in dieser Eigenart liegt die Wirksam keit und damit die Berechtigung des Ta chismus, der in Watzls Bildern in einer linea ren Variante auftaucht. Die Reihe der Landschaftsbilder beweist die Fülle technischer Möglichkeiten, die Watzl besitzt. Klassizistische Architekturen wer den in harten, rhythmisch gegliederten Strichstrukturen festgehalten. Weitgezo gene Landstriche und vielseitigere Gebäu dekomplexe lassen dem Zeichner größere Freiheit im Einsatz der Mittel: sie umfaßt den feinen, zarten Strich ebenso, der einem Haus Fassade gibt, wie Schraffuren für Dä cher und Pflanzen (die aber auch durch das Aussparen des Weiß vergegenwärtigt wer den können), wie trennende Konturlinien oder Flecke, die akzentuieren, Schwer punkte und Spannungen unabhängig vom Sujet bilden. Mit allen Möglichkeiten wird aber zugleich die Beschränkung auf die ge genständliche Gebundenheit überwunden. Sie spiegeln die Sensibilität des Zeichners und sind in ihrer Freiheit tachistische Mittel der Bildgestaltung. Es spricht für die künstlerische Unabhän gigkeit des Zeichners, daß er nirgends in Gefahr gerät, Gefäiiigkeitsbilder zu ma chen, weder als Porträtist noch als Land schafter. Der spontane, aber auch überlegte Einsatz der Bildmittel, das Wissen um die Möglichkeiten und Grenzender Abstraktion, die Freude an der Wirklichkeit, vor allem aber die exakte Komposition, die nirgends vordergründig-aufdringlich wirkt, bestim men die Qualität der Blätter und der künstle rischen Leistung von Anton Watzl. Jürgen Weichardt, Hamburg Der Graphiker und Zeichner Anton Watzl aus Linz an der Donau hat für seine Arbeiten durch weite Reisen in fremde Länder wert volle Eindrücke gesammelt, die seine Fan tasie beflügeln und ihm zum Ausdrucksmittei für Feder und Pinsel wurden. Sicher er kennt er die charakteristischen Merkmale seiner Motive und bringt sie mit der Zeichen feder in lockerem, bisweilen vibrierendem Strich zu Papier, immer die Wirklichkeit ins Künstlerische gesteigert. Jede Bewegung scheint typisch, beweist Sicherheit und gibt den Eindruck von etwas mühelos Hinge schriebenem. Der zumeist skizzenhafte Charakter seiner Schriftbilder zeigt bildhaft geschlossene Blätter, selbständige Inter pretationen, die die jeweilige Atmosphäre ausstrahlen. Der Künstler spürt sie intensiv auf und bringt, stets das Wesenhafte beto nend, ihren Rhythmus zum Ausdruck. Das graphische Element findet seine besondere Bestätigung in den zusammengezogenen Konturen seiner Städtebilder, in die er kalli graphische Schnörkel und Striche hinein fließen läßt. Die Skizze ist bei Anton Watzl nicht nur die erste Quelle, sondern ebenso ein ausgereif tes Blatt, in dessen Freiheit er sich selber gibt. Seine Arbeiten zeigen Profil und das Handwerkliche gehört bei ihm zur festen Grundlage. Die Beobachtung hat Schärfe und alles, was ihn künstlerisch berührt, registriert er mit seiner Zeichenfeder in engem Kontakt zur Welt und allem sinnlich Wahrnehmbaren. Wolfgang Gurlitt, München In der Bildniskunst wird über das Alltägliche hinaus etwas Unvergängliches bewahrt. Zeit und Raum treten in eine verharrende Kommunikation. Das erfaßte und vom Künstler fixierte Porträt ist daher nicht Abschilderung des Ähnlichen im Sinne forma ler Richtigkeit, sondern die Totalität der Per sönlichkeit hebt sich über das Belanglose hinaus. Man könnte heute einem Porträtisten den Vorwurf machen, er schildere ab, jedoch Ist das Grundvoraussetzung. Die Frage müßte lauten: Wie erlebt der Künstler sein Gegen über, wie sagt er anderes über den Darzu stellenden aus? Änton Watzl hat sich von Änbeginn diese Frage vorgelegt und er hat sie unnachgiebig verfolgt. Entscheidend ist für ihn, sich vom Beliebigen fernzuhalten. Der Zeichner trifft

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