Oberösterreich, 28. Jahrgang, Heft 2, 1978

I ü r44 hübscher Empiretracht aus Tuch und Seide über die Schweiien gegangen sein. 1887 schiießlich ist ais weiteres Renovierungsda tum überiiefert - für fast 100 Jahre war es der ietzte weiße Kragen. Mit beharriicher Ausdauer ging die Famiiie Loßberg daran, die verdeckenden Schich ten abzutragen, bis zu den Farbspuren an Türen und Decken, bis zu den breiten Läden der Fußböden und schiießiich - ais größte Überraschung - bis zu dem vom Putz verhüiiten renaissanzezeitiichen Sgraffitodekor an den Fassaden. Aber nicht nur an die Schönheit des Hauses, auch an seinen Nut zen wurde gedacht. Die Nähe des Wassers iieß die idee der Energiegewinnung Wirkiichkeit werden: die Heizung funktioniert nach dem Kühischrankprinzip - die Wärme, die aus der Käite kommt. Auch Wiesen und Gärten sind nicht reine Zier. Gemüse und Obst bereichern die Spei sekammer. Wer einmai Gast sein durfte, dem haben sich deren unergründiiche Schätze unvergeßlich und köstlich auf den Gaumen geschlagen. War es in Hartheim die Tochter des elterli chen Gutsbetriebes und in Lungendorf die Sehnsucht, städtischer Hektik zu entkom men, die diese fast schon vergessenen ehemaligen bäuerlichen Objekte neu beleb ten, so blieb in Geretsberg, Pimbach Nr. 6, die Kontinuität ungebrochen. Das Bauern haus ,,Treiber" ist nach wie vor landwirt schaftlicher Betrieb und um so erfreulicher ist es, daß die Besitzer Hörtiackner dieses so bedeutende architektonische Erbe weiter pflegen und damit fernab alier Ideologien das vermitteln, was gerade heute wieder so stark ins inteiiektueiie Diskussionsfeld gera ten ist: Tradition. Das Wohnhaus des ,,Treiber in Pimbach", dem alten Mittertenntypus verwandt, ist noch einer der wenigen gut erhaltenen Hoizbiockbauten im Verband eines innviertier Vierseithofes. Im 18. Jahrhundert errich tet, breit und behäbig, bückt das Haus mit seiner schönsten Seite nicht nach außen, sondern nach innen gegen den Hof. Unter dem weit vorgezogenen, fiachgeneigten Satteidach dehnt sich dieser zweigeschos sige Bau mit den fein gedrechselten Balu straden seiner Schrotgänge und den Ziera ten seiner Sägschnittbretter. Die Dominante der auf den First ausgerich teten Portaiachse gibt dem Haus Ruhe und Symmetrie-eine im Laufe vieler Generatior nen erprobte, gereifte Architektur. - Die Frage drängt sich auf, warum diese herrli chen Bauten keine Nachfolge finden konn ten. Importierte und bis zur Karikatur entstellte Klischees haben das so Naheliegende fast unerreichbar in die Ferne gerückt. Vielleicht bleibt die Hoffnung, daß das Pimbacher Bei spiel, wo es noch möglich wäre, ähnliche Fürsorge für so unverwechselbares Erbe motivieren könnte. Der Nutzungswandei ist ja eines der Haupt probleme der Dekmalpfiege und betrifft alle Denkmaikategorien. Daß solcher Wandel nicht zwangsläufig zur oft zerstörerischen Veränderung des Benützten führen muß, haben die Beispiele gezeigt. Daß auch ehemals in kirchlicher Verwendung ste hende Objekte, nachdem sich ihr ursprüng licher Zweck erfüllt hat, eine sinnvolle Zu kunft haben können, dokumentiert der ehe malige Pfarrhof von St. Georgen im Atter gau, jetzt Landsitz der Musikerfamiiie Prof. Harnoncourt. Nach der beruflichen Schwer punktverlagerung von Wien nach Salzburg wurde die Standortsuche aktuell und 1973 mit dem Ankauf des schon längere Zeit ver waisten Wirtschaftspfarrhofes abgeschlos sen. St. Georgen, durch die Autobahnnähe an Salzburg gerückt, wie ein Wiener Außen bezirk ans Zentrum, ist damit für Prof. Har noncourt zum Ausgangspunkt ferner Tour neen, noch mehr aber zum Ort der Rück kehr, des Ausruhens und Kräftesammeinszum Zuhause - geworden. Seine bis heute gültige Baugestalt erhielt der Pfarrhof nach einem Brand im Jahre

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2