Oberösterreich, 28. Jahrgang, Heft 2, 1978

Kremsmünster, Kirchberg Nr. 45, sogenanntes ,,Blaues Haus", Barockbau mit Mansardendach und Dreieckgiebel, reicher Fassadenstuck mit barocken Fenstergittern. Aufnahme: Gangi Bürgerhäuser Kremsmünster, im Mittelpunkt! Nicht nur 1200 Jahre Kloster, nicht nur Kirche, Kai sersaal und Fischbehälter, Sternwarte und Stiftskeller, Moschee und Marienkapelle, auch eines der schönsten Wohnhäuser Oberösterreichs rückt Kremsmünster ins Zentrum historischen Bauschaffens: das „Blaue Haus" der Familie Wascher. Wer heute vor diesem prächtigen Gebäude steht, ahnt nicht, wie trostlos es noch vor ei nigen Jahren ausgesehen hat: das Dach morsch, die Fassade abgebröckelt, die Mauern feucht, innen devastiert. Nach der Besitzübernahme der Familie Herta Wascher im Jahre 1948 war das dringlichste Problem die Erneuerung der Eindeckung. Es hat jedoch noch Jahre ge dauert, bis diese in Oberösterreich einma lige Art der Deckung wieder angebracht werden konnte. Es handelt sich bei diesem fischgrätartigen Dachmuster um soge nannte Spanschindel, das sind etwa 5 mm starke, 7 cm breite und fast 100 cm lange Fichtenschindel, die zentral zum Kern aus dem Stamm gekloben werden. Aufgebracht werden die Schindel leicht schräg in reihen weise wechselnder, in der Breite einander knapp überdeckender Weise, wobei von Lage zu Lage jeweils wiederum gut ein Drit tel der Länge überdeckt wird. Diese Spanschindelverlegung ist in Süd österreich und im Südost-Alpenraum hei misch und wurde wahrscheinlich durch den Bauherrn des um 1760 errichteten Hauses, den Amtsrichter Herrn v. Grubern, einem Schwager des Kremsmünsterer Abtes Alexander Fiximillner, nach Oberösterreich importiert. Es war für die Denkmalpflege ge radezu eine Pflicht, diese Eindeckungsart in ihrer ursprünglichen Form zu erhalten, aber nur dem unermüdlichen Engagement der Familie Wascher ist das Zustandekommen dieses Vorhabens zu danken. Schindelkiieber und Schindeidecker wurden aus Kärnten geholt, beides in einer Person: Adolf Grojer aus Launsdorf. Der damals schon vor dem 60. Lebensjahr stehende Mann, die Tabakpfeife immer im Mund, spaltete 50.000 Schindel aus dem Holz und deckte die ca. 600 m^ Dachfläche aliein auf. Eine gewaltige Leistung, wenngleich auch von Seiten des Hauses eifrig mit Zureichdien sten unterstützt und kräftig mit ,,Schnapsl" versorgt. Adolf Grojer, der ,,Schindel-Adi", freilich trug die enorme Arbeitslast mit Kärntner Gemüt, er hatte in vielen Jahren schon Tausende Quadratmeter eingedeckt. Die Dächer der Burg Hochosterwitz sind zum Großteil sein Werk. Neben der Bedachung war die Mauer werksentfeuchtung das schwierigste Pro blem. Gelöst wurde es durch die nach wie vor sicherste Methode, durch das Ab schneiden des Mauerwerks und das Ein bringen einer Horizontalisolierung: was das bei einem Haus mit Mischmauerwerk heißt, können nur jene beurteilen, die es in som merlanger Arbeit selbst gemacht haben; die Familie Wascher und ihre treuen Helfer. Erst nach diesen Voraussetzungen konnten die herrlichen Stuckdecken im Inneren und schließlich die imposante, reich verzierte und gegliederte Fassade mit den kunstvoll geschmiedeten Fensterkörben restauriert werden: zum Stiftsjubiläum prangte auch das ,,Blaue Haus" in neuer Pracht. Unvollständig aber wäre die Schilderung, 1*' laipÄ S» I.lfl

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