Oberösterreich, 28. Jahrgang, Heft 2, 1978

Schloß Almegg, Renaissancebrunnen Im Hof der Hochburg. Aufnahme: Gangl Stimmungsbild von einem Keramikseminar in Schloß Almegg. Aufnahme: H. G. Prillinger lich-fränklscher Architektur, ist jedoch sei ner Gesamtwirkung nach eine durchaus ei genständige Schöpfung. Erst in jüngster Zeit hat man dieser Stilrichtung und Bauauf gabe auch wissenschaftlich Anerkennung gezollt. Daher ist es ganz besonders erfreu lich, daß in Oberösterreich ein derart promi nentes Bauwerk dieser Epoche so vorbild lich restauriert und - was noch wichtiger er scheint - echt revitalisiert werden konnte: dies deshalb, weil es keinen Nutzungswan del gab, sondern das Objekt wieder das ist, als was es immer gedacht und angelegt war: feudaler Wohnsitz. Dabei braucht man nicht an Johannes Mario Simmel zu denken, bei dem es heißt ,,kein Mensch ist eine Insel". Obwohl nunmehr Inselbewohner, ist die Familie LeitI mit mehr als einem malerischen Holzsteg mit Oberösterreich verbunden. Die Insel muß nicht erobert werden, man darf Gast sein. Litzlberg und LeitI ist nicht nur eine sinnige Alliteration, sondern eine Iden titätsbrücke. Die architektonische Verbin dung von Schloß und Villa vereinigt feudale mit bürgerlichen Elementen, die - personifi ziert - auch den Eigentümer charakterisie ren. Die bis ins Detail gehende Restaurierung macht spürbar, wie, bei Ausschöpfung der Möglichkeiten, selbst als unbehausbar gel tende Objekte (hohe Räume, dickes hygro skopisches Mauerwerk) wohnlich werden können. Nur ein Detail; das Heizproblem wurde energiesparend (und denkmalge recht) so gelöst, daß die zum Teil wunder schönen alten Kachelöfen belassen und auf Flüssiggas umgestellt wurden. Sicherlich insgesamt keine billige Revitalisierung, aber Schlösser brauchten seit jeher Aufwand. Gelungene technische Einrichtungen sind heute imstande, die Livree des ,,Personals" zu ersetzen. Ein besonderes Beispiel privater Initiative zur sinnvollen Revitalisierung eines Schloßbaus setzte und setzt Dr. Norbert Handel, seit 1972 Eigentümer von Schloß Almegg. Die landschaftlich besonders reiz voll steil über dem Almfiuß zwischen Stei nerkirchen und Bad Wimsbach gelegene hufeisenförmige Anlage wurde schon 1183 als Besitz des Klosters Kremsmünster er wähnt, das die Burg an den Ministerialen Otto de Alben verlieh. In der wechselvollen, nicht mehr in allen Zügen nachzuzeichnen den Geschichte scheinen von 1380 bis 1511 die Sachs, dann ab 1537 bis 1808 die Ho henfelder als Besitzer auf. Nach mehrmals rasch geändertem Eigen tumsrecht gelangt 1870 Freiherr Franz v. Handel in den Besitz von Schloß und Gut Almegg. Der Beginn unserer Dekade setzte also den Übergang vom ersten ins zweite Jahrhundert Handeischen Familienbesit zes, und dem Gedeihen des Schlosses ist nur zu wünschen, daß der frische Elan unter demselben Wappen auch noch ins dritte Jahrhundert jubiliert. Wenn das Geschlecht der Handel bereits in der Vergangenheit Dichtung und Politik bereicherte - Enrica Handel-Mazzetti und der letzte k. u. k. Stat thalter von Oberösterreich Erasmus F. v. Handel seien stellvertretend genannt -, so ist auch Gegenwart und Zukunft der Aimegger Handel diesen Bereichen verbunden. Kulturpolitik, dem langsam schon abgegrif fenen Terminus, fehlt hier - und das ist ei gentlich das Erstaunliche am Aimegger Ex periment-das Manipulatorische, Gängeln de, die oft unverhohlene Vermarktungsten denz, die ähnlichen Organisationen, Kultur oft nur vortäuschend, im Tausche von Besu cherzahlen gegen Subventionen nicht sel ten aufgezwungen wird. Die kulturelle Tätig keit vollzieht sich in Almegg im Gleichschritt mit der mählichen Sanierung des Schlos ses, das lange Zeit substanzerhaltender Maßnahmen entbehrte. Man steht also auf zwei Beinen in Aimegg und versucht mit kleinen Schritten nicht ins Hinken zu kom men: den seit 1973 unter Prof. G. Praschak abgehaltenen Keramikseminaren, den Aus stellungen, Lesungen, dem Musizieren ste hen die Restaurierungen am Schloß - Dä cher, Gewölbe, Turmfassade, Renaissan cebrunnen, Rittersaal, Hofmauer etc. - ge genüber. Almegg versteht sich nicht als eli tärer Wallfahrtsort, aber auch nicht als kultu reller Rummelplatz, sondern will ganz ein fach der ländlichen Gegend selbstverständ licher Mittelpunkt sein: Ausgang und Ein kehr, Ort des Sehens, Hörens und Begreifens - nicht ohne Vergnügen. Daß dabei neuerdings die engagierte Lambacher Gruppe O2 mitmacht, sollte dem Aimegger Kulturhimmel jenes Wetter bescheren, das letztlich fruchtbare Ernte verheißt: Sonne, Wolken, Regen und Wind.

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