Oberösterreich, 28. Jahrgang, Heft 1, 1978

Pittura metafisica und dem Futurismus, in Rußland dem Suprematismus und Konstruktivismus: Wassily Kandinsky und Kasimir Malewitsch, beide Russen, be gründeten die Abstrakte Malerei. Es war zu einem Durchbruch gekommen, der neue Perspektiven eröffnete und bisher unbekannte Ausdrucksmöglichkeiten an bot, die dem neuen Lebensgefühl des technisch-wissenschaftlichen Zeitalters mehr als die alten zu entsprechen schienen. In Österreich erlagen die Künste bei nahe den tristen Verhältnissen des auf knapp sieben Millionen zusammenge schrumpften Vaterlandes. Kllmt und Schleie waren noch im letzten Kriegsjahr gestorben und Kokoschka wellte im Aus land. Der sogenannte Secesslonismus, zu dem auch die berühmte ,,Wiener Werk stätte" zählte, war zum Erliegen gekom men. Es fehlte allenthalben an Geld und an Initiativen; man war hauptsächlich auf Privataufträge angewiesen und die flös sen spärlich. Gerade aber infolge der veränderten Ver hältnisse drängte vieles zum Ausdruck. Da der einzelne selbst in guten Zeiten machtlos ist, entstanden in Österreich nach und nach Vereinigungen, zuerst in Wien und in den Landeshauptstädten, bald aber auch nach Landschaften (z. B. dem Innviertel) gegliedert. Das Salzkammergut ist infolge seiner mannigfaltigen Gestaltung eine an Moti ven besonders reiche Landschaft. Schon im 16. Jahrhundert hatten Woif Huber und Albrecht Altdorfer Motive dieser unver gleichlichen Gegend in ihre Bilder auf genommen oder Skizzen davon angefer tigt und spätestens im Biedermeier gab es eine Reihe von Zeichnern und Malern — Adalbert Stifter, Ferdinand Georg Waldmüller, Jakob und Rudolf Alt, Fried rich Gauermann und viele andere —, die sich bemühten, die Schönheiten des kai serlichen Kammergutes bildlich festzu halten. Manche lebten hier — etwa die sogenannten Sallnenzeichner — und an dere kamen, um im Salzkammergut wäh rend der schönen Jahreszelt zu arbei ten. Als 1856 der Markt Bad Ischl kaiser liche Sommerresidenz wurde, bekam das Salzkammergut ein besonderes Gewicht. Im Jahre 1927 schlössen sich in Gmunden einige Kunstmäzene und Kunstschaffen de zu einer Vereinigung zusammen, die sie ,,Künstlergilde Salzkammergut" nannten. Wie kam es dazu? Gmunden hatte schon vor 1927 einige Ausstellungen erlebt. Von der regen, seit 1924 bestehenden Innviertler Künstler gilde waren Bilder gezeigt worden, es gab andere Sonderausstellungen und so gar Expressionisten waren mit ihren Wer ken bis in die Traunseestadt vorgedrun gen. Da in dieser Landschaft viele Künst ler lebten und schufen, war der Wunsch gewachsen, sich zu einer Vereinigung, in der man sich gegenseitig stützen und fördern konnte, zusammenzuschließen. 1927 gestaltete Richard Freiherr von Hasenauer, der Sohn des berühmten Wie ner Ringstraßenarchitekten Karl von Ha senauer, eine vorbereitende Ausstellung im Gmundner Rathaussaal, an der 14 Ma ler und 2 Bildhauer teilnahmen. Es wa ren die gleichen, die sich kurz darauf, am 5. Mai 1928, unter der Führung von Au gust Freiherr von Ramberg zur Künstler gilde Salzkammergut vereinigten. Schon am 22. Juli 1928 ging im Rathaussaal die Ausstellungspremiere der Gilde als „I. Sommerausstellung" in Szene. Der Katalog nannte die Künstler Otto Boenisch, Adelheid von Chlingensperg, Anton Gerhart (Bronze und Keramik), Magda Ghon-Kirley (Kunstgewerbe), Paul Gutscher, Franz von Jakowsky, Hanns Kreutzlin, Anka von Löwenthal, Elisabeth von Mandelsloh, August Hanns Merkl, Au gust von Ramberg, Walter Schauberger, Wilhelm Schückl, Marie von Wrede und A. Redl. Es waren Ölbilder, Aquarelle, Ra dierungen, Holzschnitte, Gouachen,Zeich nungen zu sehen. In Vertretung des Bundespräsidenten (!) war Kabinettsdirektor Dr. Freiherr von Löwenthal erschienen. Bürgermeister Dr. Franz Thomas (auch Ghefredakteur der Salzkammergut-Zeitung) war anwe send und die feierliche Eröffnung wurde vom Regierungsrat Dr. Menzel der Be zirkshauptmannschaft Gmunden vorge nommen. Diese erste Ausstellung war auch ein erster Erfolg. Von nun an gab es In jedem Sommer Expositionen und 1930 war man außerdem in Bad Ischl zu Gast. Die Bilder fanden Anklang, die Künstler wurden bekannt, es gab Ver kaufserfolge. Innerhalb der Gilde herrschte gute Kameradschaft, manche tauschten untereinander Bilder aus und kamen auch gesellschaftlich zusammen. Bald machte sich jedoch die zunehmende Weltwirtschaftskrise bemerkbar. Die Zeit von 1938 bis 1945 Die Gilde hat den Wechsel der verschie denen polltischen Systeme — Demokratie, Rechtsdiktatur, NS-Regime — verhältnis mäßig gut überdauert. 1938 wurde Ernst August von Mandelsloh ihr Präsident. Er besaß ein so bedeutendes Ansehen, daß er die Freiheit der Kunst selbst vor den NS-Machthabern verteidigen konnte. Da er nach München übersiedelte, währte seine Führung jedoch nur bis 1939; Dlpl.- Ing. Walter Schauberger, der Nestor der heutigen Gilde, wurde sein Nachfolger. Auch während des Krieges gab es regel mäßig Ausstellungen. An ihnen nahmen zahlreiche prominente Künstler, wie Leo Adler, Robert Angerhofer, Toni Hofer, Paul Ikrath, Walter Ister, Hanns Pollack, Hans Welbold, sowie auch Gäste aus Wien teil. 1943 wurde die letzte Schau gezeigt. Mit der Proklamation des totalen Krieges kam auch die Tätigkeit der Gilde zum Stillstand. Der Krieg forderte von der Gilde ein Opfer. Gunther Weigl, Zeichenprofessor am Gmundner Realgymnasium, wurde 1945 zum Volkssturm eingezogen und fiel bald darauf in Schlesien. Neue Anläufe (1946 bis 1967) Die Pause dauerte nur drei Jahre. Schon 1946 bildet sich eine neue Gilden leitung, die von der Sicherheitsdirektion für öberösterreich am 16. August 1946 (G.ZI.SiD/Ver-3627/1-1946) bestä tigt wurde. Sie setzte sich aus Erwin Lang, Hanns Hübl, Franz Schicker und Max Riebe zusammen. Die Verbindung mit der Traunviertler Künstlergilde, der die KGS (Künstlergilde Salzkammergut) während der NS-Zelt formal zugeordnet worden war, wurde gelöst. Die persönlichen Beziehungen des Prä sidenten Lang, aber auch die günstigeren Lebensverhältnisse des damals ,,golde nen Westens" bewegen namhafte aus wärtige Künstler mit der Gilde auszustel len. So waren Arthur Brusenbauch, Josef Dobrowsky, Leo Frank, Alfred Gersten brand, Ernst Huber, Ferdinand Kitt und Franz von Zülow Gäste (Kitt war 1952 auch Präsidentenstellvertreter). Manche von Ihnen waren Wiener, denen schon vor dem Kriege das Salzkammergut künstlerische Heimat geworden war. Zülow, in Hirschbach seßhaft, arbeitete viel für die angesehene Gmundner Keramikfirma Schleiß, bemalte al fresco die Decke des oberen Saales des Gmundner Gasthofes Fuchs und gestal tete In Viechtwang Im Hause Weber In Schwarzweiß eine weitläufige Landschaft. Diese Erweiterung und Öffnung nicht nur nach außen, sondern auch zu verschie denen, in der Gilde nach und nach platzgrelfenden Kunstrichtungen, gereichte ihr zum Vorteil. Man nahm Qualltätvolles herein, war selbst Gast bei anderen Ver einigungen und befreite sich damit aus

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2