Oberösterreich, 27. Jahrgang, Heft 2, 1977

höftes, wie sie auf Grund der Angaben des bairischen Volksgesetzes, vor allem aber der jünsten Ausgrabungen erschlos sen werden konnte. Demnach wurde be rücksichtigt, daß es sich entgegen hart näckiger älterer Rekonstruktionen beim frühbairischen Gehöft nicht um ein Ein baus, sondern um einen Haufenhof mit fünf bis sechs Nebengebäuden handelte. Allgemein waren die Bauten Pfostenhäu ser mit steilem Strohdach und Flecht wänden, wie sie noch z. B. im Bezirk Eferding, aber bei Scheunenbauten (stei les Strohdach) im ganzen Land mit Aus nahme der Alpenregion bis zur Gegen wart üblich waren. Die Baiern siedeln auf den besten Ackergründen, in der Zone der heutigen Weizen-, Mais- und Agilolfingerklöster Mondsee und Krems münster bezeugen das Nachleben, aber auch die Symbiose der alteingesessenen Keltoromanen mit den nun ton- und sprachbestimmenden Baiern. Aber nicht allein mit keltoromanischen Bevölkerungsresten muß gerechnet wer den, erwiesen ist auch, daß vom Osten und Süden und wohl auch vom Norden her slawische Siedler in das ursprünglich voll ständig vom germanischen Element be herrschte und bevölkerte Land zwischen Enns und Inn eindrangen. Linter den zirka 35.000 deutschen Orts-, Flur-, Fluß- und Bergnamen gibt es nach dem oberöster reichischen Slawisten Univ.-Doz. Dr. Otto Kronsteiner ganze 278, also einen ver schwindend geringen Prozentsatz, die auf sind allenthalben, auch östlich von Paß Gschütt - Ischl - Steyr - und ab hier, im Norden der nach Linz — Haslach zurück springenden Linie, bairische Edle und die bairischen Kirchen und Klöster. Die Sla wen sind anscheinend ohne besondere Schwierigkeiten und Spannungen in die umgebende Landbevölkerung ein- und umgeschmolzen worden, dies bezeugt auch deutlich der Befund der Gräber vom späten 8. bis zum 10. Jahrhundert. Dort, wo die Kirche am stärksten durchdringt, hört die Sitte der Grabbeigaben am frühesten auf — im Zentralraum etwa im er sten Drittel des 8. Jahrhunderts. An den Rändern und in den Rückzugsgebieten wird sie länger beibehalten. Diese Beob achtung ist der Volkskunde und EthnoloW i fM \ Zuckerrübenanbaugebiete des Alpenvor landes. Die Lage ihrer Sippengräber (Reihengrabfelder) und die Verbreitung der ing- und ham-Namen lassen erken nen, daß sie sich besonders dicht im Eferdinger Becken, im Raum von Linz und in einem Gebiet westlich der Traun, von Linz bis Lambach, dann wieder, der alten römi schen Reichsstraße über Vöcklabruck— Frankenmarkt folgend, gehäuft im obe ren Innviertel niederlassen. Im Atter gau und im salzburgischen Flachgau mi schen sie sich deutlich mit dort noch wei terlebenden Romanenresten, die in den ,,Walchenorten" (Seewalchen, Straßwalchen, Wallersee u. ä.) weiterleben und sich neuerdings sogar auch durch Grab steine, die eine romanisch-germanische Mischkultur aufzeigen, nachweisen ließen (vgl. dazu Lothar Eckhart, Das Nach- und Weiterleben der Römerzelt in Oberöster reich, im Katalog der Ausstellung). Denn nicht nur der bedeutsame Grabstein von St. Georgen im Attergau aus dem 6. Jahr hundert, sondern auch die römischen Grabsteine in den Fundamenten der slawischen Ursprung schließen lassen. Darunter sind aber etwa 40 Namen proble matisch und können verschieden gedeu tet werden. Sicher ist jedenfalls die früheste Erwähnung zweier slawischer Dekanien innerhalb des bairischen Herr schaftsraumes in der Gründungsurkunde Kremsmünsters von 777 und auch die re lativ späte letzte Erwähnung slawischer Siedler Im Jahre 1110 in der Gemeinde Sipbachzell, ebenfalls im Einzugsgebiet des Stiftes (Kremsmünsterer Pfarre). Der awarisch beeinflußten, slawisch-deut schen Mischkultur des 9. bis 11. Jahr hunderts gehören Grabfunde an, die ge rade in den letzten Jahren gehoben wer den konnten. Ein Zentrum dieser karantanisch-frühdeutschen Kultur war dem nach Micheldorf Im Kremstal, aber auch das Gebiet der sogenannten „Riedmark" war im 9. Jahrhundert slawisch besiedelt. Dennoch Ist ein großer Unterschied zu den Verhältnissen in Steiermark und Kärnten und denen Niederösterreichs ge geben. Herr des Landes ,,ob der Enns" ist der bairische Herzog, und Grundherren gie nur allzugut bekannt. Wer altartige Verhältnisse studieren will, muß sich in die „Wildnis", in die verkehrsfernsten, ab geschiedensten Gebiete begeben. Die Christianisierung im Sinne nicht nur einer politisch berechnenden, sondern einer überzeugten Annahme des Ghristusglaubens ging Hand in Hand mit dem Ausbau der kirchlichen Verwaltung und Organisa tion. Zellen blieben ohne Zweifel die ro manischen Bevölkerungsreste und feste Punkte wie Lorch, Passau, Salzburg und wohl auch dazwischen liegende Stationen an den ehemaligen Römerstraßen. Wenn Ignaz Zibermayr noch davon ausging, daß eine zweimalige Bekehrung der Baiern notwendig war, so war dies, wie heute vermutet wird, zwar in der Darstellung übertrieben, aber es lag Ihr doch die Tat sache zugrunde, daß anstelle einer ech ten conversio in Baiern das Christentum die Formen einer besonders stark mit den Elementarereignissen und dem Ding haften verbundenen Volksfrömmigkeit annahm, gegen die schon Bonifatius und alle folgenden Missionare ankämpften.

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