Oberösterreich, 27. Jahrgang, Heft 2, 1977

Rechts: Grabkreuz auf dem Stadtfriedhof Steyr. Daneben: Pektorale für den verstorbenen Abt Ignaz Schachermair von Kremsmünster. wesen, gleichsam unbekannt, nur vom Hörensagen, aber niemals arbeitsmäßig. Daher auch seine Unikate, wie sein Geist sie erfand und wie er sie mit seiner Technik bewerkstelligt hat. Schöpferi sche Künstler wie Blümelhuber, man ist an Leonardo da Vinci und Michelangelo gemahnt, gehen Ihre künstlerischen Wege allein und auf neuen Wegen, auch In der Technik, das heißt, sie weichen dem Herkömmiichen aus, sobald es ihnen fremd ist, finden sich aber zu neuen einmali gen Ausführungen. Der Mord an dem Thronfolger Franz Fer dinand d'Este In Sarajewo hat 1914, wie wir alle wissen, den ersten Weltkrieg ausgelöst, nachdem die Weichen für ihn durch heimliche Verständigungen einer Entente, in der Frankreich die treibende Macht war, längst gestellt waren. Die österreichische Diplomatie hatte diese Entwicklung nur nicht beobachtet, eine Eigenschaft, die ihr bis herauf in unsere Zeit anhaftet. (Das hat in unsren Tagen keine so furchtbaren Folgen gezeltigt, weil Österreich mittlerweile ein Klein staat ohne sonderlichen politischen Ein fluß In der Welt geworden ist, es sei, daß noch immer von seiner Kunst eine welt weite Ausstrahlung ausgeht.) Auch Hans Gerstmayr wurde zum Kriegsdienst ein gezogen. Man hat ihn vor allem für künst lerische Aufträge eingesetzt, oder doch für ähnliche, so als Fotografen. Sein letz ter ,,Kriegsschauplatz", das Lazarett in Mehrerau in Vorarlberg, brachte ihn mit ■ /■ fi : dem dortigen Kloster Wettingen-Mehrerau in Verbindung, man wollte ihn da als Zeichenlehrer am Stiftsgymnasium der dort Installierten Zisterzienser gewin nen. Das ist nur bis 1920 gelungen. Aus dieser Zeit gibt es von Gerstmayrs Hand Entwürfe für Glasfenster und Gold schmiede- und Stahlschnittarbeiten inti merer Art, Schmuck, auch Pektorale für geistliche Würdenträger, von denen er etliche in den kommenden Jahren ge schnitten hat. Inzwischen war Leo Zimpel in den Ruhe stand getreten. 1920 erfolgte die Beru fung Hans Gerstmayrs an die nunmehr erweiterte Versuchsanstalt für Elsen- und Stahlbearbeltung In Steyr, nunmehr Bun deslehranstalt für Elsen- und Stahlbear beitung und für Elektrotechnik, und zwar mit dem besonderen Auftrag der Lehre und Pflege des Stahlschnittes allgemein und Im Sinne Michael Blümelhubers. Hans Gerstmayr hat diese Abteilung bis 1949 geleitet, als Lehrer der väterliche Freund seiner Schüler, selbst Vater von zwei Kindern, eines Sohnes, der zum Schmerz seiner Eltern in den Jahren starb, da er, der Hochtalentierte, seine Pläne, ein akademisches Studium, hätte realisieren können, vielleicht sogar in Übereinstimmung mit dem Schaffen des Vaters, und einer Tochter, die mit dem Anglisten der Wiener Universität, Profes sor Dr. Korninger, einer anerkannten Ka pazität seines Faches, verheiratet Ist. Der Tod der Gattin des Künstlers, einer mit feinem Taktgefühl und Verständnis für seine Arbeit, nichtsdestoweniger aber auch energischer Willensentschließung agierenden, tief religiösen Frau, hat Hans Gerstmayr noch enger an die Familie der Tochter gebunden. In ihr leben die Gerstmayr nach Ihrer Wanderung von Ti rol über Bayern nach Österreich welter, was allein biologisch besehen ein kraft volles Durchsetzungsvermögen beweist. Auch der nun 95jährige Großvater ist noch immer aktiv mit kleineren Arbeiten und zeigt sich auch als noch gerne her umreisender Zeltgenosse, der sich lau fend Kunstausstellungen In ganz Öster reich ansieht. Er ist demnach in so ho hem Alter ein sehr tätiger ,,Vater der österreichischen Stahlschnittkunst", ähn lich wie der vor Jahren verstorbene Pro fessor Franz Schleiß aus Gmunden ein rüstiger „Vater der österreichischen Ke ramik" gewesen ist. Künstler und Lehrer, Erzieher, das ging bei Hans Gerstmayr immer auf eins, eine Seltenheit, da überdurchschnittliche, ja geniale Künstler viel weniger gute Lehrer sind, als die Allgemeinheit annimmt. Als Künstler hat er neben dem „Steyrer Schmuck" aus Stahl, manchmal mit Gold und Edelstelneinlagen, Messer und Sche ren wie Michael Blümelhuber aus dem Stahl geschnitten. Sein hervorragendstes Werk ist gewiß sein Schwurkreuz mit der Inschrift „Ich bin die Wahrheit", das er für die Steyrer Bundeslehranstalt ge schaffen hat. Ein Kreuz mit Sternen und

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