Oberösterreich, 27. Jahrgang, Heft 2, 1977

Denkmalpflege Braunauer Herzogsburg - Bezirksmuseum Rainer Reinlsch Eine hervorragende kulturelle Tat setzte die Stadt Braunau mit der Übergabe der sogenannten Herzogsburg als neues Bezlrksmuseum am 24. Oktober 1976. In einem Festakt in Anwesenheit von Frau Minister Dr. Herta Firnberg und Landes rat Dr. Josef Ratzenböck wurde das neue Haus feierlich seiner Bestimmung über geben. In vier renovierten Stockwerken wird einerseits in moderner Art alles Se henswerte aus der Geschichte der Stadt, des Handwerks und der Kunst vorgestellt, andererseits aber auch die Möglichkeit für Sonderausstellungen und Veranstal tungen angeboten. Die Stadt wird mit die sem Bezirksmuseum Herzogsburg weit über die Grenzen des zugeordneten Um landes wirken können. Eine besondere Aufwertung erfährt die Fertigstellung der Herzogsburg, weil die ses Vorhaben in ein Gesamtprogramm für die Altstadterhaltung eingebettet ist und neben einer Vielzahl von Erneue rungsprojekten beispielhaft für alle ande ren vergleichbaren Städte als Muster an geboten werden kann. Angemerkt seien nur die Auswirkungen einer laufenden Fassadenaktion, in deren Rahmen schon über 120 Hausfassaden erneuert wurden, die laufenden Forschungen über Alt stadterhaltung im allgemeinen, das Assanierungsprojekt ,,ln der Scheiben" und der Bebauungsplan für die ganze Altstadt mit Bebauungsvorschriften zur Pflege und Erhaltung des charakteristi schen Stadtbildes dieses Denkmales mit telalterlicher Stadtbaukunst. Von allem Anfang an war die Stadt Braunau eine Festungsstadt. Schon ihre Gründung hatte einen strategischen Hin tergrund: die Abtrennung der Ostmark von Bayern und die Bildung eines selb ständigen Herzogtums Österreich im Jahre 1156. Seit 1192, also nach der Be lehnung der Babenberger mit dem Lande des steirischen Herzogs, war die Grenze auf ein bis zwei Tagesmärsche an den Inn herangerückt und das Land bis zum Inn wurde das Glacis Bayerns. Diese po litische Lage führte unter Herzog Hein rich 1260 zum Brückenbau, zur Errich tung eines befestigten Brückenkopfes mit einem „Castrum" und so zur eigentlichen Stadtgründung. Diese Funktion der Festungs- und Vertei digungsstadt hatte Braunau oft und mit schweren Wunden durch Jahrhunderte getragen, bis im Frieden von Preßburg am 26. Dezember 1805 zwischen Öster reich und Napoleon auch die Schleifung dieser bastionären Festungswerke ver- |4. ?*' äL 7 I 1'* j:"* 1 ' öiti. L "tt" ■ 1'- • einbart und das Bollwerk sichtbar ent waffnet wurde. Im Zusammenhang mit der Eigentümlich keit des Stadtgrundrisses und der Her zogsburg im besonderen ist diese histo rische Entwickiung insofern bedeutend, als sich in einer doch recht gefährdeten Festungsstadt an der Reichsgrenze kaum bedeutende Familien ihre Dauerwohn sitze einrichteten. So ist die Stadt eben immer ohne prunkvolle Profanbauten ge blieben, und diesem Umstand ist es zu zuschreiben, daß ein so einfaches Lager gebäude an der Enknachseite schon rein verbal zur Herzogs-,,Burg" aufgewertet und in den letzten Jahren mit viel Auf wand und Liebe restauriert werden konnte. Die Herzogsburg zählt zu den ältesten Gebäuden im alten Burgviertel der Stadt Braunau und war sicher der Sitz des Kastellans, später des herzoglichen Kast ners. Das zur Zeit der Stadtgründung aus Holz erbaute Haus ist mit der ganzen ,,hölzernen" Stadt Braunau um 1380 einem großen Brandunglück zum Opfer gefallen. Noch vor 1400 wurde es im Zuge des Aufbaues der ,,gotischen" Stadt wie dererrichtet. Der Bau diente nicht so sehr als Quartier für den Herzog bei seinen Visiten in der Stadt, sondern vielmehr als ,,Kasten" der herzoglichen Verwaltung, d. h. als Ablieferungs- und Lagerstätte für Zehent und Abgaben der Untertanen. Dafür zeug- %'l'P ten auch der einstige große Platz vor dem Gebäude und die Lage an der Lände, dem Hafen der Stadt. Nach der Abtre tung des Innviertels an Österreich im Jahre 1779 verlor der Bau seine bisherige Bedeutung. Er wurde Braustadel, Wagen remise und Pferdestall, und schließlich er warb das Haus der letzte Postmeister der Stadt, der noch in den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts mit der pferdebespannten Postkutsche in den westlichen Bezirk hinausfuhr. In den Jah ren 1970 und 1973 wurde das inzwischen auf zwei Eigentümer aufgeteilte Haus von der Stadt Braunau käuflich erworben. Der Kauf von historisch bedeutsamen, aber desolaten Objekten würde wohl kaum in einer Stadt beschlossen werden können, wenn nicht eine Reihe von ver einsmäßig auftretenden Persönlichkeiten die Anliegen der Stadterhaltung und der Bewahrung des historischen Erbes im mer wieder artikulierten. In Braunau geht das bereits bestehende Heimathaus auf solche Initiativen zurück und es läßt sich auch das Projekt Herzogsburg eigentlich als Erfolg diesen Hütern unserer Vergan genheit zu Buche schiagen. Im Jahre 1908, als der Heimatverein „Alt Braunau" gegründet wurde, übergab Hugo V. Preen einen Großteii der von ihm gesammelten wertvollen Objekte der Volkskunde und zahlreiche Funde aus seinen Ausgrabungen im Bezirk Braunau dem jungen Verein, womit auch schon

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