Oberösterreich, 27. Jahrgang, Heft 2, 1977

Landeskunde Anton Wolfradt - Gottes Dienst und Fürstendienst Lebensskizze aus dem Frühbarock Wendelin Hujber Barock und Stift sind heute zusammen- ein und übernahm als Abt die Leitung gehörige Begriffe. In ihrer barocken Er- des Stiftes Wiihering. 1600 wechselte er scheinung treten uns die Stifte vor Augen in den Benediktinerorden über und wurde als Bild gewordene Bestätigung des Sie- als Abt nach Garsten berufen. Als Abt ges der Gegenreformation. In der Mitte von Kremsmünster übernahm er 1601 des 16. Jahrhunderts war es im Gefoige auch die Führung des Prälatenstandes, der Reformation zu einem starken Nie- dessen Interessen er kompromißlos verdergang klösterlichen Lebens und kiö- folgte. Zu den protestantischen Ständen sterücher Kultur gekommen. Die ersten stand er in scharfem Gegensatz. Bis zu Reformen zur Wiederherstellung der Klö- seinem Tod 1613 wußte er die Anerkenster und Stifte gingen vom Landesfürsten nung der Kapitulationsresolution durch aus, dem im letzten Viertel des 16. Jahr- die Prälaten ob der Enns zu verhindern, hunderte bereits wieder eine Reihe tüch- in der König Matthias 1609 den Protetiger Prälaten zur Seite stand. Ihre Tätig- stanten weitergehende Zugeständnisse keit war oft mühsam und kräfteraubend. gemacht hatte. Alexanders Tod markierte Einer protestantischen Mehrheit im Land aber nun eine Wende, gegenüberstehend, suchten sie zunächst. Mit Ausnahme Lambachs erhält in den nicht selten durch langwierige Prozesse, Jahren 1607 bis 1615 jedes der landständie Rechte, Patronate und Benefizien dischen Klöster ob der Enns einen neuen wiederzuerlangen, die den Klöstern und Vorstand. Mit den neuen Äbten und Pröpihren inkorporierten Pfarren von adeliger sten tritt uns die erste Generation der und protestantischer Seite entfremdet großen Barockpräiaten entgegen: Leo worden waren. Von dieser Basis aus wa- pold Zehetner 1612 bis 1646 in St. Flo ren erst die Untertanen und Pfarrangehö- rian, Anton Spindier 1615 bis 1642 In rigen der katholischen Religion zurück- Garsten, Georg Grill 1614 bis 1638 in zugewinnen. Wiihering, Maximilian Ratgeb 1613 bis Der gerade zu Beginn empfindlich spür- 1647 in Waldhausen und Mauritius Faber bare Mangel an tauglichen deutschen 1616 bis 1633 in Mondsee. CharakteriPriestern erleichterte dieses Unterfangen stisch für sie ist eine stärkere Verbunnicht. Wiederholt schien es notwendig denheit mit dem Land (einige sind auch oder ratsam, einen Prälaten, der sich bei schon hier geboren) und die lange Zeit der Leitung eines Klosters bewährt hatte, des Wirkens für ihre Klöster. Sie alle zur Führung eines anderen, größeren zu überragt die Gestalt Anton Wolfradts, Ab berufen. So waren alle Kremsmünsterer tes von Wiihering und Kremsmünster, der Äbte zwischen 1568 und 1639 zuvor Prä- als Hofkammerpräsident, Geheimer Rat laten in anderen Stiften des Landes ge- und Bischof von Wien in weiterer Folge wesen. Das hatte aber seine Ursache aus dem Prälatenstand hinauswuchs und nicht im Zustand des Kremsmünsterer an den kaiserlichen Hof ging, so daß ihn Konvents, aus dem zwischen 1579 und als Präses der Prälaten der Propst von 1631 vier Priester zur Leitung anderer St. Florian vertreten mußte. Stifte berufen wurden, sondern in der Be- Änton Woifradt wurde am 9. Juli 1581 in deutung Kremsmünsters. In einem Land, Köln geboren. Sein Vater Gerhard war das keinen eigenen Bischof besaß, son- hier Schneider. Änton besaß zumindest dem zur Diözese des Passauer Bischofs, zwei Brüder und eine Schwester. Der äleines landfremden Reichsfürsten, ge- tere Bruder Gerhard hatte gleichfalls den hörte, fiel dem Äbt von Kremsmünster geistlichen Beruf gewählt. Nach dem Stumit dem Vorsitz im Präiatenstand auch dium am Kollegium Germanikum in Rom die Rolle eines Sprechers und Führers wirkte er als Pfarrer in Mühidorf in Oberder katholischen Partei zu. Und für solch bayern und Wels. Der zweite Bruder Se eine Äufgabe wurden eben bereits erfah- bastian wurde von Änton, nachdem dierene Äbte benötigt. ser als Abt von Kremsmünster Kremsegg Alle obderennsischen Prälaten aus dieser erworben hatte, zum Verwalter dieser ersten Periode der Gegenreformation Herrschaft eingesetzt. Um die Schwester stammten aus dem Ausland, ihr bekann- Margarethe scheint sich zunächst (vieitester und bedeutendster Vertreter ist leicht nach dem Tod des Vaters) Gerhard Alexander a Lacu. Er stammte aus Lu- Woifradt angenommen zu haben, denn gano (Tessin), erhielt seine Ausbiidung sie war mit dem Stadtschreiber von desam Kollegium Germanikum in Rom und sen Pfarre Mühidorf in Bayern vermählt, wirkte fünf Jahre in seiner Vaterstadt, Später kam sie, bereits Witwe, mit ihrer ehe er 1586 als Hofkaplan nach Wien Mutter nach Kremsmünster und vermählte übersiedelte. Hier bekleidete er zweimal sich hier mit dem Hofschreiber Wolf den Rektorsposten der Wiener Universi- Huedt. Von den Verwandten, die die tät, trat dann in den Zisterzienserorden Akten der Verlassenschaftsabhandiung des Abtes und Bischofs nennen, führt keiner mehr den Namen Woifradt. Anton erhielt seine erste Ausbildung am Jesuitenkolleg in Köln. Durch Vermittlung seines Bruders Gerhard traf er 1599 in Rom zum Studium am Kollegium Germa nikum ein. Er trug sich kurze Zeit mit dem Gedanken, dem Jesuitenorden bei zutreten, faßte aber dann den Entschluß, um Aufnahme in den Zisterzienserorden zu ersuchen. Im Herbst 1601 reiste er nach Clairvaux ab, wo er sein Noviziat verbrachte, die Probezeit vor dem end gültigen Eintritt in den Orden. 1604 legte er dann in Heiligenkreuz in Niederöster reich seine feierlichen Ordensgelübde ab. Darauf sandten ihn seine Oberen wieder nach Rom, damit er seine Studien voll ende. Am 21. Dezember 1604 traf er hier wieder ein, erwarb den Doktorgrad der Theologie und wurde am 21. Oktober 1607 zum Priester geweiht. Am 28. April 1608 verließ er die Heilige Stadt, kehrte aber auf Weisung des Generaiabtes nicht nach Heiiigenkreuz zurück, wo seine Mitprofessen in Differenzen mit ihrem Abt geraten waren, sondern ging nach Rein bei Graz, wo er für die Kleriker theologi sche Vorlesungen hielt. 1609 reiste er im Auftrag des Reiner Abtes Matthias Gülger zum Generalkapitel des Zisterzien serordens nach Citeaux, um die Inkorpo ration der Pfarre Gratwein zu betreiben, auf der er dann nach seiner Rückkehr als Pfarrer wirkte. Hier dürfte es gewesen sein, daß der Priester Anton Woifradt die Bekannt schaft des durchreisenden Wiener Bi schofs und königlichen Ministers Kiesl machte, der in Zukunft einer seiner För derer wurde. Als 1611 der Abt des Stiftes Wiihering starb, wurde Anton mit Unter stützung Kiesls und des Abtes von Rein, der gleichzeitig Generalvikar seines Or dens war, von König Matthias zum Nach folger bestimmt. Er war als solcher kaum installiert, da starb 1613 in Kremsmünster Abt Alexander a Lacu. Matthias verfügte nun den im Gutachten der Landtagskom missare an zweiter Stelle gereihten Woif radt als neuen Abt von Kremsmünster und setzt damit den Zweiunddreißigjährigen an die Spitze des Prälatenstandes ob der Enns. Der Papst erteilt die Erlaub nis zum Ordenswechsel. Zwei Wochen nach der Installation folgt die Verleihung des kaiserlichen Ratstiteis, im gleichen Jahr auch die Berufung zu dem durch Alexanders Tod vakant gewordenen Verordnetenamt. Bis an sein Lebensende lag Woifradt das Wohl des Klosters und seiner Konventualen stets am Herzen. Bis zur Ernennung

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