Oberösterreich, 27. Jahrgang, Heft 2, 1977

fengräber repräsentieren wohl den Typ des einfachen baierischen Wehrbauern, der ,,im Fußdienst an militärischen Auf geboten teiizunehmen hatte". Neben der Bewaffnung — üblicherweise „der Sax", einem 60 bis 90 cm iangen Kriegsmes ser, fallweise auch Pfeiien — weisen sei che Gräber keineriei auffäilige Ausstat tung auf. Die Ausrüstung für den Kriegs dienst hatte ja der waffenfähige oder waf fenwürdige Mann aus eigenen Mittein zu bestreiten. Schon aus diesem Grunde mußte der untere Stand der Waffenträger kostspieliges schmückendes Beiwerk ent behren. Für die Waffenwürdigkeit war neben dem Stand offenbar auch das Lebensalter ent scheidend. So fiel auf, daß in Gräbern junger Männer, die der Ausstattung nach zwar dem freien Stande angehörten, keine Kriegswaffe enthalten war. Daß jedoch die übliche Regel nicht unbe dingt auch für die Angehörigen höheren Standes galt, zeigten zwei interessante Funde aus der prominenten Zone des Gräberfeldes. Ein im Aiter von etwa 50 Jahren verstorbener Mann trug unter anderem die ungewöhnlich prächtigen Metailbeschiäge eines Waffengürtels und des Wehrgehänges. Es fanden sich auch die Reste einer mit gedrehtem Goidfaden verzierten Schwertscheide. Vom dazu gehörigen Schwert fehlte jede Spur. — Einige Tage darauf wurde unweit dieser Steile das Grab eines jungen Mannes freigelegt. Es enthielt keine Beigaben außer einem beigelegten Schwert—einer gut erhaltenen ,,Spatha" mit damaszierter Kiinge. Unter aiien Waffen des ganzen Gräberfeides konnte nur diese nach Typ und Qualität aus der ieeren Schwert scheide des äiteren Mannes mit dem rei chen Waffengürtei stammen. Es steht außer Zweifel, daß der Träger des Gürtels, dieser besetzt von silbermessingtauschierten Beschiägen mit rot grünen Farbgiaseinlagen, eine — wenn nicht die— führende Persönlichkeit un ter der hier bestatteten Bevölkerung war. — In dem jungen Mann mit dem beigeiegten bianken Schwert darf hingegen wohl mit Recht der früh verstorbene, rechtmäßige Rangerbe vermutet werden. Nur wenige der Waffenträger erwiesen sich durch einen beigegebenen Reiter sporn ais berittene Krieger. Der Reiter sporn wurde bis gegen die Mitte des 8. Jahrhunderts nicht paarweise, sondern nur am linken Fuß getragen. Zweifeilos gehörten die Berittenen einer höheren sozialen Schicht an als die Kämpfer im Fußdienst. Der Dienst in der Reiterei Rudelsdorf: Gürteltasche (Schnürbeutel) mit Perlenbesatz und Hängekettchen, aus dem Grab eines Waffenträgers wird nur Begüterten mögiich gewesen sein. Der Preis für eine vollständige gute Reiterausrüstung betrug immerhin rund 30 Solidi, etwa soviel wie der Preis für 30 Kühe! Noch geringer ist die Zahl der mit Schild und Lanze bewaffneten Männer. Gewöhn lich tritt diese Ausstattung selbst in gro ßen Gräberfeidern nur einzeln auf. Man ist fast versucht, diese „einsamen" Schild- und Lanzenträger als professio nelle Kämpfer und Wächter im Dienste der Gemeinschaft oder einer führenden Person aufzufassen. Relativ häufig sind in Männergräbern Pfeilspitzen — meist zu zweien — anzu treffen. Seltener finden sie sich in grö ßerer Zahl, mitunter auch mit Resten eines Köchers. Gewöhnlich erscheinen Pfeile bei solchen Bestattungen, die schon durch die Beigabe einer Hiebwaffe — Sax oder Spatha — ausgezeichnet sind, stellen also vorwiegend eine ergänzende Bewaffnung dar. Das fallweise Vorkom men von Pfeil und Bogen in Männergrä bern ohne eine andere Waffenbeigabe, bei auch sonst nur bescheidener Aus stattung, erweist für Pfeil und Bogen in solchen Fällen eher den Charakter einer Jagdwaffe. Sozusagen zur Grundausstattung eines baierischen Männergrabes gehören in er ster Linie Gürtel und Messer. Oft gesellt sich dazu eine Gürteitasche mit Dingen des täglichen Gebrauches, wie Kamm und Feuerzeug, fallweise das klappbare Schabmesser. In gut ausgestatteten Waf fengräbern finden sich nicht selten zwei feststehende Messer unterschiedlicher Verwendung. Davon wurde eines stets am Gürtel oder in der Gürteltasche getra gen, während das zweite in einer an der Außenseite der Sax- oder Schwertscheide aufgenähten Nebenscheide steckte. — An laß für unterschiedliche Vermutungen bot hingegen jener gut ausgerüstete Waffen träger aus dem Rudelsdorfer Gräberfeld, der in seinem an Eisenkettchen vom Gür tel herabhängenden, mit Perlenbesatz gezierten Schnürbeutel neben den üb lichen Dingen des persönlichen Ge brauchs auch einen Frauenarmreif, eine Ringfibel und ein zierliches Kindermesser trug. Die Funde aus gut ausgestatteten Män nergräbern und die daraus zu erschlie ßende „schmucke Ausrüstung" imponie ren gewöhnlich ungleich mehr als die Relikte von Tracht und Schmuck aus Frauengräbern. Tatsächlich fällt es schwer, aus dem Fundbestand der baieri schen Gräberfelder ein qualitativ und quantitativ entsprechendes weibliches Gegengewicht zu erkennen. So finden etwa die prachtvollen silbertauschierten Beschläge der männlichen Gürtelgarnitu ren beim anderen Geschlecht nur selten ein optisch oder wertmäßig vergleichba res Gegenüber. Unter den weiblichen Schmuckattributen dominieren in den baierischen Gräberfei dern eindeutig die reizvollen vielfarbigen Halsketten aus durchscheinenden, opa ken, vielfach auch mehrfarbig gemuster ten Glas- und Frittperien. Die heitere Buntheit des so beliebten Halsschmucks läßt noch heute einen Hauch der Lebens freude seiner Trägerinnen erahnen. Einige der Rudelsdorfer Frauen trugen ais zusätzlich schmückende Anhänger an ihren Glasperlenketten durchbohrte römi sche Münzen, die man — ais Zahlungs mittel längst wertlos — vermutlich von verbliebenen Romanen erworben hatte. Im Grab einer verkrüppelten Frau von zwergenhaftem Wuchs fand sich als An-

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