Oberösterreich, 27. Jahrgang, Heft 2, 1977

Blick vom Georgenberg nach Norden zum Magdalenaberg. Die alte Talachse, der römische ,,Decumanus", durchzieht, heute nicht mehr ganz erhalten, die Bildmitte nach rechts. — Aufnahmen: M. Eiersebner - Wszs berfeldstraße durch eine jahrhunderte alte Lichtsäule gekennzeichnet, die so genannte Bietmarksäule, ein wichtiges heimatgeschichtliches Denkmal, das heute stark verwittert ist und dringend einer Erneuerung und Wiederherstellung bedürfte. Von dieser Lichtsäule zieht sich die heu tige Grund- und damit die ehemalige Bietmarkgrenze im rechten Winkel zur Straße nach Westen und überschneidet dabei die Gebäudefundamente des 1. Jahrtausends. Wir ersehen daraus, daß diese Siedlung seither so sehr dem Erd boden gleichgemacht worden ist, daß man hier neue Grenzen zog, was nur wenig weit davon, auf der anderen Seite der Krems, nicht der Fall war. Die nahen Gräberfelder bezeugen ihre Belegung bis in das 9. oder 10. Jahrhun dert. Dieser Zeitraum gilt mit großer Phase der freigelegten Siedlung. Es ist daher wichtig, festzustellen, wann die neue Bietmarkgrenze gezogen wurde, weil wir daraus einen Zeitpunkt gewin nen, zu welchem diese Siedlung zerstört war oder wurde. Wie wir wissen, war der Markt (heute Stadt) Kirchdorf durch das ganze Mittel alter hindurch im Besitze des Hochstiftes Bamberg und mit dem Markt auch ein wenig umfangreicher bäuerlicher Bezirk, eben die vorgenannte Bietmark, welche erst mit den Besitzveränderungen im 18. und 19. Jahrhundert vom Markt ab getrennt wurde. Nach unseren Forschun gen, die wir 1973 veröffentlicht haben, kann angenommen werden, daß der Übergang des Gebietes von und um das spätere Kirchdorf durch eine Schenkung um etwa 1060 erfolgte. Wir sehen diese Schenkung im Zusammenhang mit einer wichtigen Neugliederung der Besitzver hältnisse im südlichen Oberösterreich, die durch den Untergang des Hauses der Lambacher Grafen eingeleitet worden war. Wir haben vorne erwähnt, daß diese bzw. ihre Besitznachfolger auch den Georgenberg in ihrer Gewalt hatten. Es kann wohl kaum ein Zufall sein, daß die Bietmarkgrenze über das zerstörte Dorf hinweg seither den bambergischen Be sitz vom lambachischen trennte. Die Pro blematik besteht unseres Erachtens nicht in dem Punkte der Besitzteilung, die mit Sicherheit durch jene Schenkung um 1060 erfolgt ist. Dagegen ist die Frage noch nicht restlos geklärt, ob unsere Annahme, daß die Zerstörung des Dorfes tatsäch lich in Zusammenhang mit den blutigen Ereignissen von 1056 erfolgte oder ob nicht — weniger dramatisch, jedoch nicht weniger erfolgreich — das Dorf schon in den Stürmen der Ungarnzeit, also etwa hundert Jahre früher, untergegangen war. Auch hier könnte vielleicht eine Fort setzung der Grabung eine Entscheidung bringen. Wir sind mit diesen Ausführungen am Ende des zu behandelnden Zeitraumes angelangt, vielleicht haben wir ihn sogar schon überschritten. Eine Frage haben wir jedoch für den Abschluß aufgespart, wann in diesem Gebiet mit einer ersten bairischen Landnahme gerechnet werden kann. Dazu möchten wir die Vermutung äußern, daß diese schon vor der Grün-

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