Oberösterreich, 27. Jahrgang, Heft 1, 1977

primär ans rein Graphische, die Be schränkung aufs Metier des Radierers, durch die eine betont malerische Kompo nente trotzdem nicht ausgeschlossen wurde — im Gegenteil: auch das ist ein Erbe Rössings, der sich zeitlebens kaum mit anderem beschäftigte als mit der Stichel- und Schneidearbeit und mit dem Drucken. Das Ausspielen handwerklicher Fähigkeiten und das sichere Beherrschen der Materie als einer Grundvorausset zung, oder der mitunter wohl auch um seiner selbst willen ausgebaute und vom Material her inspirierte technische Vor gang — das sind Prämissen, die das Werk aller Rössing-Schüler kennzeichnen, und daß ihnen darin sein eigenes Werk Vor bild sein konnte, muß nicht erst erklärt werden. Denn wie bei Heuer ist auch bei Meckseper, ist bei Förch die Akuratesse des Vorgangs auch dem zu Ende geführ ten Werk immanent, ohne daß es des wegen zu steril-perfekter Demonstra tion nur dieser einen Seite würde. Denn von Rössing haben sie wohl alle auch gelernt, daß die Technik ja immer erst in enger Verbindung mit ihrer Be seelung durch den künstlerischen Geist, durch Einfalls- und Empfindungskraft zu jenem geschlossenen, lebendigen Pro dukt führen kann, das quasi atmet und pulsiert, aus Schichten heraus lebt, die der Künstler auf- und verdeckend zu gleich zu analysieren sucht, ohne ihnen den Reiz des Geheimnisvollen zu neh men, den das archäologische Fundstück auf uns ausstrahlt: Als Teil unserer eige nen Geschichte, Teil unserer eigenen Wünsche und Möglichkeiten. Was ebenso wie die — natürlich durchaus selbständige — Entwicklung des Werks der Schüler für den Lehrer spricht, ist ihre Verehrung für ihn auch noch nach vielen Jahren oder Jahrzehnten (Rössing gab seine Lehrtätigkeit in Stuttgart im Jahr 1960 auf); man erlebt ein derarti ges, von gegenseitiger Wertschätzung ge tragenes Lehrer-Schüler-Verhältnis heute wohl nur noch selten — selten auch den bleibenden Niederschlag der prägenden menschlichen neben den künstlerischen Kräften auf andere. Derartige Beziehun gen, die sich nach außen hin nicht sicht bar entfaltet haben und erhalten geblie ben sind, kennzeichnen aber auch das Rössing'sche Werk selbst und die Wege, durch die es einem immer noch zu klei nen Kreis zugänglich gemacht werden konnte: Weil es eben nichts nach außen hin Großartiges, Spektakuläres oder Sen sationelles aufweist, sondern von jener in sich selbst ruhenden Gestimmtheit ge prägt wird, auf die aufmerksam zu wer den ein anderes Sensorium erfordert, als es dem Menschen heute im allgemeinen gegeben ist. Von einer Rössing-,.Gemein de" zu sprechen, hat deshalb nichts von jenem fatalen Beigeschmack an sich, der solchen Zirkeln sonst anzuhaften pflegt. Rössing kann im Grund von jenen nicht verstanden werden, die sich zum Opfer eines nach außen gerichteten Lebens machen; die Betrachtung und das Verständnis seiner Arbeiten erfordert eine Spur von jener kontemplativen Hal tung, durch die sein Wesen und seine Arbeit charakterisiert werden. Bei näherer Untersuchung seiner Arbei ten ist jedoch unschwer zu erkennen, wie offen gerade dieser Künstler seiner Ge genwart gegenübersteht, wie sehr er an

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