Oberösterreich, 27. Jahrgang, Heft 1, 1977

Landeskunde Zuerst kamen die Maler Gebirgsphotographie im Salzkammergut Hans Frank Schon vor der Erfindung der Photographie war man bestrebt, die Gebirgswelt nicht nur in Lied und Schrifttum darzu stellen, sondern auch im Bild. Im Salz kammergut denken wir da besonders an die prachtvollen, der Natur abgelausch ten Gemälde Ferdinand Georg Waldmül lers (1793 bis 1865). Sein Dachsteinbild schuf er 1838. Viele Sommer verbrachte Waldmüller in Ischl und zog mit seiner Staffelei ins Gebirge. Der Dachsteinforscher Friedrich Simony, der bereits in den 1840er Jahren den Dachstein wissenschaftlich erforschte, mußte sich anfänglich auch darauf be schränken, die ihn interessierenden An sichten mit dem Stift festzuhalten. Obwohl die Photographie bereits 1839 erfunden wurde, war wegen der umständlichen Ar beitsweise nicht daran zu denken, mit dem Daguerreotyp-Apparat ins Gebirge zu ziehen. Dies änderte sich erst durch die Erfindung des Collodiumverfahrens. Als erstes begann man in der Schweiz, zu wissenschaftlichen Zwecken Aufnah men von höher gelegenen Punkten aus herzustellen. Die Ausrüstung von Aime Giviale hatte ein Gesamtgewicht von 250 Kilogramm. Berühmt wurden die Aufnah men, die der Pariser Photograph August Bisson im Jahr 1861 am Montblanc an fertigte. Es wurden für diese Expedition 25 Träger gebraucht. Am 2. Juli 1863 ging von Wien eine Photogruppe ab, die ,,Großglockner-Expedition". Der techni sche Leiter war der Photograph Gustav Jägermaier. Das mitgeführte Labor allein wog ca. 26 kg. Es wurden 84 Aufnahmen in der Größe 35x43 cm angefertigt. Zur damaligen Zeit mußte sich der Photo graph knapp vor der Aufnahme die Plat ten selbst präparieren und sofort nach der Aufnahme entwickeln; daher war die Mitnahme eines Dunkelkammerzeltes oder eines Dunkelkammerwagens nötig. Einfacher war es, die Platten in einem Dunkelkammerwagen zu präparieren und zu entwickeln, doch war dies im Gebirge meist nicht möglich und so mußte ein lichtdichtes Zelt mitgeführt werden. Sol che Zelte, die wegen ihrer praktischen Ausführung von den Landschaftsphoto graphen gerne gekauft wurden, erzeugte Alois Bauer in Mondsee; er war einer der ganz frühen Wiener Photographen, gab aber sein Wiener Atelier auf und übersie delte als Privatier nach Mondsee. Für die Aufnahmen im Gelände wurde auch eine Art Kiste verwendet, in der man arbei tete und der Körper des Photographen in ein Tuch eingehüllt wurde. Die beige gebene Abbildung macht dies deutlich. Simony arbeitete auch noch auf diese Art. Vielfach photographierte für ihn der Goiserer Photograph Elsenwenger. Zur Erinnerung an Friedrich Simony, welcher die erste Lehrkanzel für Geographie in Wien bekleidete, sind im Hallstätter Mu seum einige seiner photographischen Utensilien und auch von ihm angefertigte Photographien ausgestellt. Im Heimatmuseum Geisern befinden sich Erinnerungsstücke und Bilder von Elsenwenger, darunter seine große Kamera mit einem Rapid-Rectilinear von J. H. Dalimeyer. Alois Elsenwenger wollte Ma ler werden, wurde jedoch Buchbinder in Goisern und ein Pionier der Hochgebirgsphotographie. Nebenbei war er auch Ma ler und um 1875 Bürgermeister von Goi sern. In den Photographischen Notizen von 1877 schildert Elsenwenger selbst eine seiner photographischen Exkursio nen auf den Dachstein, die er im Auftrag Simonys unternommen hat: ,,Früheren Erfahrungen gemäß wurden bei dem Auf bruche aus unserer Station, alle zum Photographieren mit nassen Platten er forderlichen Apparate und Utensilien, de ren Anzahl ich auf das nur unumgänglich Notwendigste beschränkte, auf mehrere sogenannte Kraxen, welche auf dem Rükken getragen werden, verteilt und sodann ausmarschiert." Er schildert dann eine Panne, welche er anläßlich einer frühe ren photographischen Tour am Waldbachstrubb hatte: ,,Es wollten mir näm lich, trotzdem ich kurze Zeit vorher eine vollkommen gelungene Aufnahme ge macht hatte, in der Nähe dieser Quelle nur seltsam verhunzte Platten entstehen und zwar zeigte sich die Fehlerscheinung immer erst nach dem letzten Waschen. Nach längeren Untersuchungen und neu erlichen Mißerfolgen fiel mir zufällig ein, dieTemperatur des Wassers dieser Quelle zu messen, und da ergab sich, daß das selbe nur 1V2 Grad Wärme besaß und war somit durch die ungewöhnliche Kälte des Wassers der Fehler erklärt. Schon nach Erwärmung auf 8 Grad ergab sich wieder ein vollkommen befriedigendes Resultat." Nach schwierigem Weg, wobei die Trä ger mit den Kraxen Felspartien krie chend überwinden mußten, erreichten sie das neuerbaute Schutzhaus, wobei sie eine unerfreuliche Überraschung erleb ten. Der ganze Vorraum war mit Frem den, sowie deren Führern und Trägern überfüllt. Elsenwenger erzählt: ,,Wir wur den als ganz überflüssige Ankömmlinge betrachtet. An der Überfüllung des klei nen Vorraumes war die Abwesenheit des Hauswartes schuld, indem niemand sonst den Schlüssel zum Schlafraum für die Fremden wußte ... bis endlich doch der Schlüssel zur Thüre aufgefunden wurde. Dies war umso angenehmer und erwünschter, als inzwischen im Freien die Temperatur auf 3 Grad gefallen war." Es brach schlechtes Wetter ein und sämtliche Anwesende mußten sich zum Abstieg entschließen und die begonnene Expedition war mißlungen. Einige Tage darauf stieg Elsenwenger wieder zur Simonyhütte auf und gelangte zum Niede ren Dachstein. Auf der Scharte angelangt, wurde recognosziert, wo eine Aufstellung möglich wäre. ,,Nachdem es fast unmög lich schien, auf der schmalen Scharte Platz zu finden, wurde eine Leiter ent deckt, mit Hilfe derselben ein kleines, et was Windgeschützes Plateau erstiegen und dort die Dunkelkammer placirt. Nun gieng es schnell an's Präpariren; bei dem auf der höchsten Kante herrschenden starkem Winde war jedoch wenig Aus sicht auf Erfolg. Nachdem der Apparat mit dem Qbjectiv aufgestellt und gerich tet war, mußte dieser von zwei Mann, auch während der Exposition gehalten werden, damit derselbe nicht in die uns von zwei Seiten umgebenden Abgründe geschleudert wurde. Nach Hervorrufung der ersten Platte zeigte sich dieselbe lei der unscharf, in Folge des durch den hefti gen Wind doch noch bewegten Apparates. Erst durch die Anbringung von größeren Steinen zum Beschweren und Schützen desselben gelang es mir, einige verhält nismäßig gute Aufnahmen zu Stande zu bringen. Der nunmehr noch heftiger einsetzende Wind zwang uns jedoch zu einem schnellen Rückzug, und mussten hiebei die Gegenstände einzeln über den Kamm getragen werden, um dem Wind kein zu grosses Angriffs-Qbject zu bie ten." Elsenwenger benützte Platten von 8x10 Zoll Größe (das ist ca. 21 x 26 cm), üm möglichst kurz belichten zu können, be nützte er ein ,,sehr rasch arbeitendes Collodium" und nahm, um die Platten empfindlicher zu machen, „das Silber et was stärker als bei Thal-Aufnahmen". Ab schließend schreibt Elsenwenger: ,,Über die Schönheit des Gegenstandes, wel cher uns gegenüberstand, kann ich nur sagen, daß der Eindruck ein wirklich zu aufregender war, um gelassen arbeiten zu können. Denken Sie sich ein Vis-ä-vis von nahe 10.000 Fuß Höhe mit ungewöhn lich düsteren zerrissenen Wänden, zwi schen welchen sich breite Bänder von stark contrastirenden Firnschnee herab ziehen. Denken Sie sich einen tiefblauen, ja schwarzblauen Horizont von unbe schreiblicher Reinheit darüber, dann eine Fernsicht von Steiermark's Grenzen bis

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