Oberösterreich, 27. Jahrgang, Heft 1, 1977

Karl Rössing Lebensbild eines Lehrers und Künstlers Kristian Sotriffer Bevor ich Karl Rössings Werk näher ken nenlernte und wenig später ihn selbst, seine zugleich agile wie gelassene, freundliche Art in ihrer unvergleichlichen Mischung zwischen kaum spürbarer Di stanz und aufmerksamer Zugewandtheit (und man muß auch einmal von der Per sönlichkeit des Künstlers sprechen, wenn von seiner Arbeit die Rede ist) — bevor ich ihn also erlebte (1970 in Linz), war mir das Werk eines seiner Schüler besonders vertraut. Das ist Heinrich Heuer, der bei Rössing in Stuttgart studiert hatte (nun aber schon lange in Wien lebt). Von dem Inzwischen ganz gut bekannt geworde nen Friedrich Meckseper, den ich einmal in Hagen/Westfalen flüchtig kennenlern te, wußte ich lange nicht, daß auch er mit Heuer bei Rössing gelernt hatte, und wenn man das weiß, fallen einem natür lich sofort gewisse Züge und Liebhabe reien auf, die eine Affinität zum Rössingschen Werk bezeugen. Den in Stuttgart lebenden Robert Förch, einen Linolschneider wie Rössing, und in seiner Art mehr als respektabel, geleitet von einer Hingabe zu den Artefakten alter Kulturen oder einsamen Landschaften, lernte Ich kennen, als Rössing in der Wiener Al bertina ausstellte. Und kurz zuvor auch den als Typograph, Buchgestalter und Theoretiker seines Fachs wirkenden Hans Peter Willberg, der zu Technik und Werk seines Lehrers sehr Erhellendes und Wis senswertes zu sagen wußte (in: Philobiblon, Jahrg. XIX, Heft 2, Hamburg 1975). In ihnen allen scheint mir auch etwas vom Wesen Ihres einstigen Lehrers zu stecken — nicht nur vom Werk, sondern auch von der jeweiligen Persönlichkeit her, ihren Schichtungen, Interessen und ihrem Selbstverständnis. Der Lehrer und seine Schüler haben einander wohl nicht zufällig gefunden. Bei Heinrich Heuer etwa bewunderte ich stets die Präzision seiner Arbeitsweise, die handwerkliche Akuratesse, in der er seine Aquatinta-Radierungen entwickelt, wobei sich nicht nur von der Technik, sondern auch vom Thematischen her zahlreiche Bezugspunkte zum stillen und dennoch reichen, verhaltenen und dennoch ausgreifenden Werk Rössings ziehen lassen. Diese Hinwendung Rechts: Tiergarten I, aus: Karl Rössing, Passion unserer Tage, 25 Stiche 1945/46, Aldus Verlag, Diez 1947 Unten: Aus: Karl Rössing, Bilderrätsel In Holzstichen, 50 Stiche 1934, Insel Verlag, Leipzig 1935 » *

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2