Oberösterreich, 27. Jahrgang, Heft 1, 1977

Das Rathaus zu Steyr r - W - I » ' liir« ■ Foto: Frühauf, Steyr Die Styraburg, die in der vorigen Folge der Kulturzeitschrift „Oberösterreich" nahegebracht wurde, ist das frühest genannte Bauwerk der alten Eisenstadt, das Rathaus dagegen von der Lage her und durch seine rechtliche Bedeutung der Mittelpunkt. Das sichtbare Symbol der Stadtverwaltung — ein repräsentativer Bau des österreichischen Spätbarocks — entstand von 1765 bis 1778, dominiert trotz der Konkurrenz benachbarter Bürgerhäuser mit seiner reichen Gestaltung und dem Fassadenturm den Stadtplatz. 1422 wurde das Bürgerhaus an dieser Stelle angekauft, nachdem Herzog Albrecht V. am 16. November des gleichen Jahres die Genehmigung zur Errichtung eines Rathauses erteilt hatte. Die erste Umgestaltung erfolgte 1538. Durch das Hochwasser von 1572 erlitt das Rathaus schweren Schaden. Seit 1577 besitzt der Rathausturm eine Uhr. 1634 wurde das Rathaus als so baufällig bezeichnet, daß die Stadt zu einer Renovierung genötigt war. 1720 hieß es vom Turm, er sei ,,im Gehölz völlig verfault". Am 26. November 1757 legte der auch in Admont, St. Florian und Seitenstetten tätig gewesene Baumeister Johann Gotthard Hayberger (1695 bis 1764), der von 1759 bis 1784 auch als Bürgermeister der Stadt Steyr vorstand. Pläne zur Umgestaltung des Rathauses vor. Die finanzielle Belastung durch den Siebenjährigen Krieg (1756 bis 1763) verhinderte zunächst die Durchführung. Die Bauleitung hatte Haybergers Nachfolger, der Stadtbaumeister Wolfgang Hueber, inne. Der viergeschossige und fünfachsige Flügel am Stadtplatz wurde 1772 fertiggestellt. Die erste Ratssitzung im neuen Haus fand am 16. Oktober 1778 statt. Die Stadtverwaltung kann auf eine jahrhundertelange, mit historischen Quellen belegbare, wechselvolle Geschichte zurückblicken; bedingt durch die hervorragende Rolle, die Steyr in der Landes- und Wirtschaftsgeschichte spielte und noch innehat. 1170 wird die sich am Fuße der Styraburg entwickelnde Siedlung ,,urbs", 1180 mit Ulrich der erste Stadtrichter genannt. 1252 folgt die Bezeichnung „civitas". Das in lateinischer Sprache abgefaßte Priviiegium vom 23. August 1287, die älteste Originalurkunde im reichhaltigen Archiv der Stadt Steyr, bestätigte bisherige Vorrechte und gewährte weitere Begünstigungen. Nach den ,,Annales Styrenses" des Valentin Preuenhueber haben die Steyrer schon vorher Privilegien ,,vom König Rueder (Rudolf von Habsburg) und den alten Fürsten" (wahrscheinlich den Steirischen Otakaren und den Babenbergern) bekommen. ,,Wo aber solche Privilegia etwa hinkommen, ist mir (so Preuenhueber) unbewußt!" Der für die Stadtverfassung wichtige Absatz dieser Urkunde lautet:,,Keiner soll den Bürgern zum Stadtrichter vorgesetzt werden, den sie nicht selbst aus ihrer Gemeinde erwählen, nur bedarf er die Bestätigung des Landesfürsten". Auch ist zu lesen: ,,Wer immer teilnimmt an der Freiheit des Handels oder den Rechten der Stadt, soll auch die bürgerlichen Lasten mittragen." Dieses Priviiegium ist der drittälteste Freiheitsbrief im Lande ob der Enns: Enns 1212, Freistadt 1227, Steyr 1287, Gmunden 1301, Wels 1328, Linz 1336 und Vöcklabruck 1353. Eine Entscheidung Herzog Albrechts vom Jahre 1378 hob die Jurisdiktion des Burggrafen über die Stadt Steyr auf. i Am 16. September (1499 gewährte Kaiser Maximilian „In Ansehung der Bürger zu Steyr getreuen Dienste" das Recht ,,nunhin füran ewige Zeit eines jeden Jahres einen aus ihnen dazu schicklich ist zu Bürgermeister für(zu)nehmen und (zu) erwählen" und ihm nach Ablegung des Eides das ,,Bürgermeisteramt mit allen Ehren, Würden, Rechten und guten Gewohnheiten" zu übertragen. Am 25. Dezember 1499 wurde Kaspar Flädarn zum ersten Bürgermeister der Stadt Steyr gewählt. Diese Urkunde hielt die Stadtverwaltung für so wichtig, daß sie im Jahre 1508 aus Sicherheitsgründen im Stift Garsten eine Abschrift machen und vom dortigen Abt Ulrich Pranauer beglaubigen ließ. 1523 ging auch die hohe Gerichtsbarkeit — Blutgerichtsbarkeit und Blutbann - an die Steyrer Stadtverwaltung über. Das neue Rathaus war kaum acht Jahre vollendet, als Josef II. die überkommene Stadtverfassung auflöste und sie durch den juridischen Magistrat ersetzte. Nach dieser Änderung standen der Stadtverwaltung geprüfte Juristen, und zwar der Bürgermeister, vier Magistratsräte und vier Magistratssekretäre vor. Der erste nach der neuen Ordnung gewählte Bürgermeister war der Doktor beider Rechte Sylvester von Paumgarten. Am 11. November 1850 bekam die Stadt Steyr eine neue Gemeindeordnung. Die Stadtverwaltung unterstand damals vorübergehend der k. k. Bezirkshauptmannschaft und nach 1854 kurz dem k. k. Bezirksamt. Das darauffolgende, verbesserte Gemeindestatut war die Grundlage, auf der sich Steyr zur autonomen Stadt entwickeln konnte. Volker Lutz Auskünfte über kulturelle Veranstaltungen: Kulturamt der Stadt Steyr, Tel. 0 72 52 / 39 81 / 432. Volkshochschule der Stadt Steyr, Tel. 0 72 52/39 81 /431. Weitere Informationen bzw. Prospekte: Fremdenverkehrsverband Steyr, Tel. 0 72 52 / 32 29. Alle 4400 Steyr, Rathaus.

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