Oberösterreich, 27. Jahrgang, Heft 1, 1977

Augen gestellt, um die europäische Lei stung richtig einschätzen zu können. Pacher, um 1430 geboren, gehört der Generation Schongauers, Memlings, der Frührenaissancemeister Mantegna, Verocchio und Bellini an. Leonardo, Dürer und Michelangelo, wohl auch der Kefermarkter Meister, gehören erst zur nächsten Schicht. Altdorfer baut auf Pa cher und Dürer gleichermaßen auf. Er ist Zeitgenosse Raffaels, Tizians, Bai dungs und Wolf Hubers. Mit Pacher, Altdorfer und Wolf Huber tritt aber noch ein besonderes Phäno men auf. Oberösterreich taucht als Land schaft in das europäische Kunstbewußt sein ein, sowie später noch einmal im 19. Jhdt., als vornehmlich das Salzkam mergut das bevorzugte Ziel der Künst lerschaft wurde. Damit wäre in groben Umrissen Ober österreichs Beitrag zur europäischen Kunst abgehandelt. Aber das Bild ist doch noch zu fragmentarisch. Nach dem Tod Karls des VI. ist die große Zeit der österreichischen Barockarchitektur zu Ende. Unter Maria Theresia lebt vieles noch fort, was unter Karl begonnen wurde, manches reift aus, aber die Ten denz des Auseinanderklaffens der Künste wird unter den Dogmen des Zere moniells spürbar. Unter Josef dem II. kommt es dann zur radikalen Lösung. Noch einmal kann man hier von europäischer Bedeutung, wenn gleich weniger in künstlerischer, als in historischer Hinsicht sprechen. Die josephinischen Reformen nehmen die fran zösische Revolution vielfach vorweg, nur unter umgekehrten Vorzeichen. Sucht die französische Revolution den Ausgleich der Künste auf oberster Ebene, so die Epoche Josefs auf niederster Stufe: Kir che, Scheune, Krankenhaus werden ein ander ähnlich, der Architektur wird der Rang, Kunst zu sein, bestrittene^. Die Folgen sind richtig erst nach Josef wirksam geworden und in einer Reihe der ärarischen Nutzbauten des Vormärz noch erhalten. Vielleicht kann man im Biedermeier, dieser so sehr auch oberösterreichischen Erscheinung, in der Entdeckung des pri vaten Menschen noch einen wesentlichen geistigen Beitrag sehen, der im übrigen Europa nicht in dieser Form geleistet wurde: als Kunst aber bleibt auch das Biedermeier daheim^". Schon seit dem Barock ist Wien fast ausschließlich Zentrum aller Impulse. Hi storismus und Jugendstil sind in der Provinz wohl mit ansprechenden, aber kaum überragenden Werken vertreten. Kubin und Margret Bilger schließlich durchstoßen in unserem Jahrhundert noch einmal die provinziellen Schranken, im großen Zusammenhang wird man die Leistungen beider erst noch sehen müs sen. Blickt man auf die letzten 100 Jahre, so sieht man, daß eine Reihe europäi scher Kunststile gänzlich fehlen: Der Im pressionismus, der Kubismus und der Surrealismus, über weite Strecken auch der Expressionismus. Wo diese Stile dennoch auftreten, ist es ein spätes, mit unter aber reizvolles Nachziehen. Vielleicht wird man manches noch be denken, was dem europäischen Spek trum Nuancen hinzufügt, wie das mittel alterliche Stadtbild von Steyr, den Stadtturm von Enns, das Florianer Bau ernmöbel, aber im großen und ganzen mag das alles sein, was über die Gren zen leuchtet. Das darf keinesfalls negativ gewertet werden, ja vielleicht macht es den besonderen Reiz unseres Landes aus, daß hier so viel Eigenes, Beharren des, Verbindendes und Verbindliches ge schaffen wurde. Oberösterreich blieb stets im rechten Maß, das Gigantische, Außergewöhnli che, Absonderliche, Gipfel und Grenzen sind anderswo zu suchen. Anmerkungen 1 Sedlmayr, Hans: Österreichs bildende Kunst, In: Josef Nadler-Helnrlch v. Srbik, Österreich, Wien 1937, Wiederabdruck In Epo chen u. Werke II, Wien 1960. 2 derselbe: Aspekte der österreichischen Kunst, In: Spectrum Austriae, Wien 1956, Wie derabdruck wie oben. 3 Pfeffer, Franz: Landschaft und pollt. Gren zen, In: Atlas von ÖÖ., Erläuterungsband 1 Lieferung, Linz 1958, S. 37 ff. 4 Neweklowsky, Ernst: Schiffahrt 1, In: Atlas von Oö. Erläuterungsband 1, Linz 1958. S. 117 ff. 5 derselbe: die Schiffahrt und Flößerei Im Räume der oberen Donau, Linz 1964. 6 Rausch, Wilhelm: Handel an der Donau I, Linz 1969. 7 Klaar Adalbert: Stadt- und Marktformen, Entstehung bzw. erste Erwähnung; In: Atlas von Oö., Erläuterungsband 1, Linz 1958, S. 79. 8 Pfeffer, Franz: Historische Gebietseinhel ten, In: Atlas von Oö., Erläuterungsband 1, Linz 1958, S. 54 ff. 9 Schuster, Max Eberhard: Das Bürgerhaus Im Inn- und Salzachgeblet, Tübingen 1964. 10 Eder, Karl: Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung, Linz 1932. 11 Pfeffer, Franz: Entwicklung des Landes gebietes seit 788, In: Atlas von Oö., Erläu terungsband 1, Linz 1958, S. 61 ff. 12 derselbe: Das Land ob der Enns, Linz 1958, S. 181 ff. 13 öttinger, Karl: Schloß und Burg Linz Im Mittelalter, In: Kunstjahrbuch der Stadt Linz 1964, S. 74 ff. 14 Borodajkewycz, Taras von: Die Kirche In Österreich, In: Nadler-Srbik, Österreich, Wien 1937. 15 Eder, Karl: Glaubensspaltung und Land stände In Österreich ob der Enns 1525—1602, Linz 1936. 16 Stülz, Jodok: Geschichte des Zister zienserklosters Wllhering, Linz 1840. 17 Pfaff, Karl: Scriptorlum und Bibliothek des Klosters Mondsee Im hohen Mittelalter, 1967. 18 Schmidt, Gerhard: Die Malerschule von St. Florian, Linz 1962. 19 WIbIral, Norbert: Die Wandmalerelen des XI. Jhdts. Im ehem. Westchor der Kloster kirche V. Lambach, In: Oberösterreich, 17. Jg. 3/4, 67/68, S. 19 ff. 20 PInder, Wilhelm: Das Problem der Gene ration In der Kunstgeschichte Europas, 3. Auf lage, Leipzig 1940. 21 Sedlmayr, Hans: Die politische Bedeutung des deutschen Barock, In: Epochen und Werke II, Wien - München 1960, S. 140 ff. 22 Wutzel, Otto: Das Chorherrenstift St. Flo rian, Linz 1971. 23 Korth, Thomas: Stift St. Florian. Die Ent stehungsgeschichte der barocken Kloster anlage, Nürnberg 1975, S. 131 ff. 24 Lipp, Franz: Oberösterreichische Stuben, Linz 1966, S. 65 ff. 25 Jantzen, Hans: Die Gotik des Abend landes, Köln 1962. 26 Sedlmayr, Hans: Die Entstehung der Kathedrale, Zürich 1950. 27 Braunfels, Wolfgang: Abendländische Klosterbaukunst, Köln 1969. 28 Gebhard, Torsten: Zu den Häuseranga ben der Lex Bajuvarlorum, Germania 29/1951. 29 Büchner, Joachim: Die spätgotische Wandpfeilerkirche In Bayern und Österreich, Passau 1964. 30 Buchowieckl, Walther: Die gotischen Kir chen Österreichs, Wien 1952. 31 Lipp, Wilfried: Oberösterreich und die Geschichte des gotischen Flügelaltares, In: Oberösterreich, 1/1976. 32 PInder, Wilhelm: Das Problem der Ge neration . . . op. cit. 33 Sedlmayr, Hans: Verlust der Mitte, Salz burg 1948. 34 Buchowieckl, Walther: Die bildende Kunst In Salzburg und Oberdonau von etwa 1780 bis zur Gegenwart; In; Die bildende Kunst In Österreich, 1943, S. 64 ff.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2