Oberösterreich, 27. Jahrgang, Heft 1, 1977

Blick in das Arbeitszimmer von Alfred Kubin in Zwickiedt, heute Kubin-Haus. Foto: H. G. Priiiinger folger eine Bauordnung für itire Klöster fiinteriassen haben, sind die Bauten der Betteiorden in kein starres Schema ge preßt. Vielleicht kam es gerade deshalb zu einem Schritt, der für die Entwicklung der Gotik ab der zweiten Hälfte des 13. Jhdts. und besonders für die Entfaltung der deutschen Spätgotik so folgenschwer gewesen ist; Die Übernahme des Halienschemas auch für den Kirchenraum. Dieser Schritt vollzog sich in Frankreich in der Dominikanerkirche von Toulouse, die 1260 begonnen und 1292 geweiht wurde. Der zweischiffige Hallenraum von enormer Höhenerstreckung ist einem riesenhaften Kapitelsaal vergleichbar und in der Tat handelt es sich um eine Sakralisierung eines ursprünglich profa nen Baugedankens. In diesem Zusam menhang soll auf eine gerade im alt bayrisch-oberösterreichischen Raum un terschwellig immer vorhanden gewe sene und nun mit verändertem Sinnge halt wieder hervorbrechende Tradition hingewiesen werden. Man hat erkannt, daß die Zweiteilung des Raumes in der uralten Technik des profanen Holzbaues wurzelt. Urkunden, Dichtungen und Rechtssatzungen dokumentieren diese Unterteilung des Raumes durch Stützen, die den Dachfirst zu tragen hatten. In der um 700 anzusetzenden Lex Bajuvarlorum^s findet sich ein Punkt, der die Beschädigung der Firstsäule mit stren gen Strafen versieht. Man kann sich also das altbayrische Haus als einen quadratischen Blockbau denken, dessen Dach von einer mastenartigen Mittel stütze getragen wurde. Durch Aneinan derreihung solcher Raumeinheiten erga ben sich langgestreckte, zweigeteilte In nenräume, die auch noch in den Stein bau übertragen wurden. Profane Säle hielten ebenso wie die bereits darge stellten klösterlichen Gemeinschafts räume beharrlich an dieser Art der Raum teilung fest. Nicht zu Unrecht kann also bei der zweiachsigen Hallenkirche von einer Versteinerung des Holzbaues ge sprochen werden. Nur im Bewußtsein die ser sich einander verknüpfenden und durchdringenden Determinanten ist Oberösterreichs Beitrag auf diesem Be reich zu verstehen". Die der Pfarrkirche von Enns angeschlossene Wallseekapelle ist der edelste gotische Hallenbau^" in Oberösterreich und durchaus von euro päischem Rang. Der um 1325 anzuset zende Raum ist zweischiffig und geht durch Einstellung eines weiteren Stützen paares in einen Umgangschor über. Die überaus schlanken Dienste streben zur Höhe, die durch ihr Verhältnis zur Jochü breite besonders übersteigert erscheint. Dieses gewaltige Höhenstreben über nahm die Ennser Wallsee-Kapelle von der Dominikanerinnen-Kirche Im nieder österreichischen Imbach, die Ende des 13. Jhdts. entstanden, zu einem bezie hungsreichen Schlüsselwerk österreichi scher Gotik geworden ist. Die Bewegung der Bettelorden leitet zu einem dritten Höhepunkt der oberösterrelchlschen Kunstszene über, so wenig auf dem ersten Blick ein Zusam menhang bestehen mag, zum Wunder unserer Flügelaltäre2\ die in St. Wolf gang, Kefermarkt und St. Florian in voll endeter Ausprägung erhalten sind. '■m Die absolute Bildverbannung der Bettelordens-Architektur führte mit dem in un serem Bereich unterschwellig immer vor handen gewesenen starken Organ für Anschauung und der Vorliebe für das Literarische und Breite zur Bildkonzen tration, die in den Flügelaltären ihre künstlerisch erstrangige Entsprechung fand. Zwei Namen sind es, Fächer und Altdorfer, die mit einem Unbekannten, dem Meister des Kefermarkter Altares, an vor derster Front stehen und dem übrigen Europa Gleichrangiges gegenüber stel len. Auch hier sei die Generationenfolge^^ vor

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