Oberösterreich, 27. Jahrgang, Heft 1, 1977

Unten: Enns, Stadtturm, 59 m hoch, erbaut 1554 — 68 als Glocken- und Wachtturm Foto: Eiersebner Rechts: Enns, Stadtpfarrkirche Maria-Schnee, ursprünglich Kirche des Minoritenklosters, Blick in die Wallseer Kapelie, gotischer Hallenraum aus dem 2. Viertel des 14. Jahrhunderts Foto: Eiersebner ^.^11 V rtr M mM X i 1 II I ä ff ii II ii i II II ■■ ■■ ■■ I IT Ii II II II I l" ■'' eigentliches Rokoko: Wilhering, das man dafür hält, Ist viel eher Spätbarock, die Rokokoformen sind importiert, die ersten Pläne für den Neubau der Kirche nach dem Brand von 1733 lieferte ein Passauer Baumeister und eine Reihe bayrischer Künstler besorgten die Ausstattung^'. Die integrierenden Altomontes vertraten eher das konservative, barocke Element. Es gibt keinen Manierismus, obwohl in letzter Zeit durch die Aufwertung dieser Epoche manches so genannt wird, was eigentlich provinzielle Renaissance oder Frühbarock darstellt. Es gibt keine Romantik im strengen Sinn, keinen Impressionismus. Auch reinen Klassizismus wird man vergeblich su chen. Von den früheren Epochen bleiben Son derleistungen bis zur Hochgotik episo disch: Der Tassilokelch, die Erzeugnisse der Mondseer'^ und St. Florianer Buch malerei^', die Lambacher Fresken^' ge hören hierher. Eines ist jedoch schon deutlich: Grenzsituationen, äußerste See lenlagen sind der heimischen Kunst mit einer durch die Jahrhunderte gleichblei benden Konsequenz fremd geblieben. Das Verbindliche, Ausgleichende, Vermit telnde hatte seit jeher die größere Chance. Vermutlich sind es die stetigen, sich nur zögernd wandelnden Faktoren der besonderen anthropogeographischen Situation Oberösterreichs, die hier wirk sam sind. Das andere Phänomen ist, daß unser Land zeitlich gesehen, niemals an vor derster Stelle zu finden ist. Bei uns wird kein Stil geboren, die europäischen Ent wicklungen finden hier viel eher ihre Entelechien. Im strengen Sinn gibt es keine Frühgotik, keine Frührenaissance, kein Frühbarock - die glänzendsten Lei stungen verbinden sich immer mit dem Adjektiv spät —. Wo liegen diese Leistungen nun kon kret? Sicherlich eine Frage des Maß stabs — aber fangen wir bei den sicht barsten an. Der österreichische Spätbarock — in Oberösterreich in hervorragenden Wer ken kulminierend — ist eine europäische Epoche par exellence. Um seinen Rang beurteilen zu können, muß man ein we nig ausholen: Die erste Generation^", die den Barock in sich trägt, ist jene, die die klassische Phase der Renaissance ablöst, sind die Malerischen - nicht zu fällig ein Beiwort, das man dem Barock allgemein gerne zufügt. — Raffael, Ti zian, Gorreggio, alle um 1485 (!) geboren. Bei ihnen ist keimhaft artikuliert, was erst nach der Gegenströmung des Ma nierismus in der Generation der rund 100 Jahre später Geborenen, Rubens, Reni und Hals, zum Tragen kommt. Um 1600 schlägt dann die Stunde einer un gemein reichen Generation; Bernini und Rembrandt, Poussin und Velazquez sind ihre glänzendsten Namen. Waren es zu erst die Pole Niederlande und Italien, so kommen nun Spanien und Frankreich hinzu. Erst Mitte des 17. Jhdts. tritt Deutschland auf, mit einer Generation, die alle Register anschlägt und sofort mit Hochleistungen diesen europäischen Stil bereichert: Schlüter, Pöppelmann,

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