Oberösterreich, 27. Jahrgang, Heft 1, 1977

und hatten in der getäfelten Stube beim Lechner in Braunau ihr Kneipiokal. Nach der Jahrhundertwende warfen dann die Ideen der neu aufbrechenden Avant garde mit ihrem Für und Wider Feind schaft in den Freundeskreis und ließen manchen nicht mehr nach Osternberg finden. Der Erste Weitkrieg mit seinem tragischen Geschehen setzte eine wei tere starke Zäsur. •r" .yil: Porträtbüste von Aloys Wach Foto: Eiersebner Die Gründung der Gilde Der neue Anfang geschah an einem Juni abend des Jahres 1923, als im ,,Gafe Post" zu Braunau die Maler Aloys Wach und Louis Hofbauer mit ihrem Freund Kari Hosaeus wie schon so oft die kul turellen Zustände der Nachkriegszeit hef tig diskutierten. Wach, so berichtete Karl Hosaeus von diesem Abend, wies auf die vielen Künstler von Rang hin, die im Innviertel lebten, dort geboren, zum Teil nach dem Kriege aus den groß städtischen Zentren, besonders aus Wien, dorthin gekommen und seßhaft geworden waren. Er meinte, dies sei kein Zufall oder nur materiell bedingt, sondern sei Berufung und Kraft des kultur- und tra ditionsreichen Bodens, der dem künst lerischen Schaffen günstig sei. Ein Zu sammenschluß der über die ganze Land schaft verstreut wohnenden Künstler, der Osternberger, der Rieder Wilhelm Dach auer, Alois Rauch, aus Wernstein am Inn Alfred Kubin und all der anderen zu einer Keimzelle neuer geistiger Besinnung, wäre Gebot der Stunde. Der kommende Bezirkshauptmann von Braunau, Hans Freiherr von Hammerstein-Ecquord, sei als Dichter und Persönlichkeit der be rufene Leiter einer solchen Gemeinschaft. Dieser Vorschlag zündete. Karl Hosaeus bot sich an, die organisatorische Arbeit zu übernehmen, und trotz der nächt lichen Stunde brachen die drei Freunde sofort nach Osternberg auf, um Altmei ster Hugo von Pren dafür zu gewinnen. Begeistert stimmte dieser zu, und es wurde beschlossen, Louis Hofbauer solle die Künstler im Innviertel besuchen, sich ihrer Beteiligung versichern und dann die Gründung unter dem Namen ,,lnnviertler Künstiergilde" Herrn von Ham merstein unterbreiten und ihn bitten, die Präsidentenstelie anzunehmen. Der Name ,,Gilde" entsprach alter Tradition und wurde dann auch von anderen Kunst organisationen übernommen. Nachdem die Künstler, die Louis Hof bauer besuchte, zugesagt hatten, arbei tete Karl Hosaeus, der gegebene und motorische Schriftführer, einen Satzungs entwurf aus, der im Herbst 1923 von der Gründungs-Hauptversammlung unter der Präsidentschaft Hans Freiherrn von Ham mersteins und dem Vorsitz Hugo von Prens angenommen wurde. Aus den ,,Satzungen des Vereines Innviertier bil dender Künstler, Dichter, Komponisten und Kunstfreunde - Innviertier Künstier gilde" — von 1923 sei einiges herausge hoben: ,,Zweck des Vereines: Zweck ist die Förde rung der Kunst und aller künstlerischen Be lange im Innviertel — das Ist dem Gebiet, der Bezirkshauptmannschaften Braunau, Ried, Schärding — sowie in den, diesen Gebieten angrenzenden Landschaften Im allgemeinen und der ordentlichen Künstlermitgliedschaft In künstlerischer und wirtschaftlicher Beziehung Im besonderen. In Verfolg dieses Zweckes strebt die Innvlertler Künstiergilde, anknüpfend an die hohe Kultur Im Innviertel zur Zelt der Gotik, des Barock, zuletzt noch des Biedermeier, eine Brücke zu schlagen, von jenen kunstfrohen Tagen über den letztvergangenen Zeitraum des Materialismus, der Geschmacklosigkeit und der Verflachung zu einer Renaissance des deutschen Kunstlebens, getreu dem Leit satz: Naturhaft, ein jeder er selbst und fromm wollen wir selnl Mittel zur Erreichung des Vereinszweckes: a) Veranstaltungen von periodischen Wan derausstellungen von Kunstwerken, Konzerten und Vorträgen in den namhafteren Städten und Märkten des Innviertels; b) Geschlossenes Auftreten als eigene Gruppe in Veranstaltungen von Kunstaus stellungen, musikalischen und literarischen Vorträgen außerhalb des engeren Vereinsge bietes; e) Veröffentlichung in Wort, Bild und Musik noten im Einzel- und Gesamtinteresse der Mitglieder und der Kunst Im allgemeinen. Verbindungen mit Kunstzeltschriften, Werbe schriften In Tagesblättern, Herausgabe von Jahrbüchern, Kunstblättern, Ansichtskarten u. dgl.; g) Ankauf gefährdeter Kunstwerke des Inn viertels und der angrenzenden Landschaften sowie von Kunstwerken der ordentlichen Mit glieder (Gildemeister); h) Teilnahme am Schütze von Kunstdenk mälern und des Landschaftsbildes Im Inn viertel. Zusammenarbeit mit dem Bundes denkmalschutz und den Heimatschutzvereinen. Mitgliedschaft; 1. Ordentliche Mitglieder (Gildemeister) Das sind ausübende, berufen schaffende Künstler akademischer Vorbildung, ohne An sehung der Kunstgattung, die im Innviertel gebürtig sind oder bei vorübergehendem Aufenthalt Im Innviertel in enger geistiger und persönlicher Verbindung mit der bodenständi gen Innviertler Künstlerschaft wirken und schaffen. Ausnahmen von der Bedingung akademischer Vorbildung kann In außerordentlichen Fällen nachgewiesener Begabung und künstlerischer Leistung fallweise die Hauptversammlung der Gilde zulassen. 2. Beitragende Mitglieder Das sind Kunstfreunde — Personen oder Körperschaften — die vorwiegend durch Geld beiträge die Gilde fördern; 4. Korrespondierende Mitglieder Das sind Künstler, die nicht als ordentliche Mitglieder Aufnahme suchen, jedoch für das Kunstleben von hervorragender Bedeutung sind, sowie andere, die Kunst im allgemeinen fördernde Persönlichkeiten, wie Kunstge lehrte und Kunstschriftsteller; 5. Ehrenmitglieder Das sind solche, die mit ganzer Hingabe in geistiger oder materieller Hinsicht sich den Ideen und Zielen der Innviertler Künstiergilde verdienstvoll widmen. Organe der Vereinsleitung 1. Hauptversammlung 2. der Gildenausschuß."

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