Inhaltsverzeichnis Schwerpunktthema Landeskunde Kunst der Gegenwart in Oberösterreich Kristlan Sotriffer Kari Rössing — Lebensbild eines Lehrers und Künstlers 2 Prof. Franz Engl Die innviertler Künstlergiide — Die Osternberger Künstlerkoionie 9 Prof. Rudolf Walter LItschel Wege und Wandlungen — Der Oberösterreichische Kunstverein von seiner Wiedergründung 1949 bis heute 17 Direktor Peter Baum Herbert Bayer — ein universeller Gestalter 23 Hans Frank Zuerst kamen die Maler - Gebirgsphotographie im Salzkammergut Kulturzeltschrift Oberösterreich 27. Jahrgang, Heft 1/1977 Vierteljahreszeitschrift: Kunst, Geschichte, Landschaft, 47 Wirtschaft, Fremdenverkehr Historische Kunst Dr. Wilfried Lipp Oberösterreichs Beitrag zur europäischen bildenden Kunst 29 Oberösterreich aktuell Landeshauptmann Dr. Erwin Wenzl Energie und Umweltschutz Kremsmünster — 1200 Jahre Benediktinerstift DIpl.-Ing. Hans Peter Jeschke Kulturgüter und Raumordnung — Zur Notwendigkeit einer umfassenden Erhebung Erscheinungstermine: März, Juni, September, Dezember Eigentümer, Herausgeber und Verleger: 55 Oberösterreichischer Landesverlag: Redakteur: Dr. Otto Wutzel; 59 verantwortlich für den Inhalt im Sinne des Pressegesetzes: Dr. Elfriede Wutzei; Druck: 00. Landesveriag Linz; 61 sämtliche 4020 Linz, Landstraße 41, Ruf (0 72 22) 78 1 21. Jahresabonnement (4 Hefte): S 178.— ; Einzelverkaufspreis: S 55.—. (Alle Preise inkl. 8 % MWSt., zuzügl. Porto) Denkmalpflege Abt Gabriel Weinberger Der Religion die Kunst erhalten — Zur Restaurierung des innenraumes der Stiftskirche Wilhering 39 Umschlagbild: Herbert Bayer, Sterne, 1935, Aquarell, Ausstellungskatalog der Neuen Galerie der Stadt Linz, Herbert-Bayer-Aussteliung 12. Mai bis 12. Juni 1976. Umschiaggestaltung: Herbert Friedl
Kulturzeitschrift Der Umschlag von Heft 1/1976 der Zeit schrift „Oberösterreich" mit dem Aquarell „Sterne" von Herbert Bayer signalisiert das Schwerpunktthema, mit dem der 27. Jahrgang eingeleitet wird. Diesmal gilt unser besonderes Interesse der ,,Kunst der Gegenwart in Oberöster reich". Der Leser wird dabei nicht mit Problemen und Experimenten konfron tiert, sondern auf den historischen Stel lenwert der Gegenwartskunst hingewie sen. Viele wollen es noch nicht wahrhabenl Es ist jedoch Tatsache, daß das Kunstwollen unseres Jahrhunderts durch aus geprägt ist und bereits Tradition besitzt. Gültige Werte sind geschaffen. Kristian Sotriffer entwirft mit der Ab handlung über Karl Rössing das ,,Lebens bild eines Lehrers und Künstlers". Karl Rössing wurde am 25. September 1897 in Gmunden geboren. Seine Künstleriaufbahn vollzog sich in Deutschland. Durch Großausstellungen in Linz und Wien ist er in den letzten Jahren in seine österreichische Heimat zurückgekehrt. Sein Lebenswerk ist als klassisch zu bezeichnen. Es umfaßt die Neuentdekkung des Hoizstiches und vor allem die ganz persönliche Ausformung des groß formatigen Linolschnittes. Die Aussagen des Künstlers erscheinen uns über zeitlich. Franz Engi entwirft ein biographisch getreues Porträt der Innviertier Künst lergilde, die 1923 gegründet worden ist. Hervorgegangen aus der Osternberger Künstlerkolonie, wurde die Innviertier Künstlergilde in den vergangenen 50 Jah ren zu einem dynamischen Sammel becken der bildenden Kunst in unserem Heimatland. Unzählige Impulse sind von ihr ausgegangen. Vielen schöpferischen Menschen ist sie geistige Heimat gewor den. In der oberösterreichischen Kunst szene ist sie heute noch ein belebender Faktor. Ebenfalls einem Jubiläum ist der Beitrag ,,Wege und Wandlungen" gewidmet. Ru dolf Walter Litschel beschreibt den Werdegang des Oberösterreichischen Kunstvereines seit seiner Wiederbegrün dung im Jahre 1949. Anlaß dieser Rück schau ist das 125jährige Bestands jubiläum dieser Vereinigung, das heuer gefeiert werden kann. Wie Karl Rössing fand auch der 1900 in Haag am Hausruck geborene Herbert Bayer den Weg zur internationalen An erkennung seines Schaffens. 1938 wan derte er nach New York aus, seit 1946 lebt er in Aspen in Colorado. Die Neue Galerie der Stadt Linz widmete ihm im Vorjahr (12. Mai bis 12. Juni 1976) eine große Kollektivausstellung. Der Aufsatz von Peter Baum soll dieses Ereignis unseren Lesern ins Gedächtnis zurück rufen. Der künstlerische Standort von Herbert Bayer ist wohl am besten durch den Hinweis markiert, daß er Schüler und später Lehrer am Bauhaus in Dessau war. in der Sparte „Historische Kunst" ver sucht Wilfried Lipp eine Studie über „Oberösterreichs Beitrag zur europäi schen bildenden Kunst". Ohne Lokal patriotismus soll unsere Kunstland schaft in die großen europäischen Kunst ströme eingeordnet werden. In der Sparte „Denkmalpflege" kommt der Abt des Zisterzienserstiftes Wilhering zu Wort. Er berichtet über die groß ange legte Restaurierung des Innenraumes der Wilheringer Klosterkirche, die als ein Rokokojuwei in Österreichs Denkmäler bestand einen besonderen Rang ein nimmt. Denkmalpflege wird hier aus der Sicht der religiösen Tradition betrachtet, also bewußt in unsere Gegenwart ein geordnet. In der Sparte ,,Landeskunde" kommt mit Hans Frank ein neuer Mitarbeiter unse rer Zeitschrift zu Wort. Er schuf aus pri vater Initiative ein Fotomuseum, das vom Land Oberösterreich erworben wurde und im Marmorschlößl in Bad Ischl einen neuen Standort bekommen soll — Er öffnung geplant für 1978. Hans Frank ist aber nicht nur ein begeisterter Sammler, sondern auch ein ausgezeichneter For scher. Sein Aufsatz über die ,,Gebirgsphotographie im Saizkammergut" er öffnet ein neues landeskundliches Thema, aus dem noch viel zu schöpfen sein wird. Neu ist die Sparte „Oberösterreich ak tuell". In ihr kommt künftig die ober österreichische Landesregierung zu Wort. Hier soll über aktuelle Probleme der Raumordnung, des Umweltschutzes, der Kulturförderung und der Wirtschaft berichtet werden. In dankenswerter Weise beginnt Landeshauptmann Dok tor Erwin Wenzl selbst diese Bericht erstattung. Sein Thema ist ,,Energie und Umweltschutz". Hans Peter Jeschke weist auf die erfolgreiche Arbeit des Landes Oberösterreich zur Erfassung unserer Kulturgüter auf dem Lande hin.
Karl Rössing Lebensbild eines Lehrers und Künstlers Kristian Sotriffer Bevor ich Karl Rössings Werk näher ken nenlernte und wenig später ihn selbst, seine zugleich agile wie gelassene, freundliche Art in ihrer unvergleichlichen Mischung zwischen kaum spürbarer Di stanz und aufmerksamer Zugewandtheit (und man muß auch einmal von der Per sönlichkeit des Künstlers sprechen, wenn von seiner Arbeit die Rede ist) — bevor ich ihn also erlebte (1970 in Linz), war mir das Werk eines seiner Schüler besonders vertraut. Das ist Heinrich Heuer, der bei Rössing in Stuttgart studiert hatte (nun aber schon lange in Wien lebt). Von dem Inzwischen ganz gut bekannt geworde nen Friedrich Meckseper, den ich einmal in Hagen/Westfalen flüchtig kennenlern te, wußte ich lange nicht, daß auch er mit Heuer bei Rössing gelernt hatte, und wenn man das weiß, fallen einem natür lich sofort gewisse Züge und Liebhabe reien auf, die eine Affinität zum Rössingschen Werk bezeugen. Den in Stuttgart lebenden Robert Förch, einen Linolschneider wie Rössing, und in seiner Art mehr als respektabel, geleitet von einer Hingabe zu den Artefakten alter Kulturen oder einsamen Landschaften, lernte Ich kennen, als Rössing in der Wiener Al bertina ausstellte. Und kurz zuvor auch den als Typograph, Buchgestalter und Theoretiker seines Fachs wirkenden Hans Peter Willberg, der zu Technik und Werk seines Lehrers sehr Erhellendes und Wis senswertes zu sagen wußte (in: Philobiblon, Jahrg. XIX, Heft 2, Hamburg 1975). In ihnen allen scheint mir auch etwas vom Wesen Ihres einstigen Lehrers zu stecken — nicht nur vom Werk, sondern auch von der jeweiligen Persönlichkeit her, ihren Schichtungen, Interessen und ihrem Selbstverständnis. Der Lehrer und seine Schüler haben einander wohl nicht zufällig gefunden. Bei Heinrich Heuer etwa bewunderte ich stets die Präzision seiner Arbeitsweise, die handwerkliche Akuratesse, in der er seine Aquatinta-Radierungen entwickelt, wobei sich nicht nur von der Technik, sondern auch vom Thematischen her zahlreiche Bezugspunkte zum stillen und dennoch reichen, verhaltenen und dennoch ausgreifenden Werk Rössings ziehen lassen. Diese Hinwendung Rechts: Tiergarten I, aus: Karl Rössing, Passion unserer Tage, 25 Stiche 1945/46, Aldus Verlag, Diez 1947 Unten: Aus: Karl Rössing, Bilderrätsel In Holzstichen, 50 Stiche 1934, Insel Verlag, Leipzig 1935 » *
primär ans rein Graphische, die Be schränkung aufs Metier des Radierers, durch die eine betont malerische Kompo nente trotzdem nicht ausgeschlossen wurde — im Gegenteil: auch das ist ein Erbe Rössings, der sich zeitlebens kaum mit anderem beschäftigte als mit der Stichel- und Schneidearbeit und mit dem Drucken. Das Ausspielen handwerklicher Fähigkeiten und das sichere Beherrschen der Materie als einer Grundvorausset zung, oder der mitunter wohl auch um seiner selbst willen ausgebaute und vom Material her inspirierte technische Vor gang — das sind Prämissen, die das Werk aller Rössing-Schüler kennzeichnen, und daß ihnen darin sein eigenes Werk Vor bild sein konnte, muß nicht erst erklärt werden. Denn wie bei Heuer ist auch bei Meckseper, ist bei Förch die Akuratesse des Vorgangs auch dem zu Ende geführ ten Werk immanent, ohne daß es des wegen zu steril-perfekter Demonstra tion nur dieser einen Seite würde. Denn von Rössing haben sie wohl alle auch gelernt, daß die Technik ja immer erst in enger Verbindung mit ihrer Be seelung durch den künstlerischen Geist, durch Einfalls- und Empfindungskraft zu jenem geschlossenen, lebendigen Pro dukt führen kann, das quasi atmet und pulsiert, aus Schichten heraus lebt, die der Künstler auf- und verdeckend zu gleich zu analysieren sucht, ohne ihnen den Reiz des Geheimnisvollen zu neh men, den das archäologische Fundstück auf uns ausstrahlt: Als Teil unserer eige nen Geschichte, Teil unserer eigenen Wünsche und Möglichkeiten. Was ebenso wie die — natürlich durchaus selbständige — Entwicklung des Werks der Schüler für den Lehrer spricht, ist ihre Verehrung für ihn auch noch nach vielen Jahren oder Jahrzehnten (Rössing gab seine Lehrtätigkeit in Stuttgart im Jahr 1960 auf); man erlebt ein derarti ges, von gegenseitiger Wertschätzung ge tragenes Lehrer-Schüler-Verhältnis heute wohl nur noch selten — selten auch den bleibenden Niederschlag der prägenden menschlichen neben den künstlerischen Kräften auf andere. Derartige Beziehun gen, die sich nach außen hin nicht sicht bar entfaltet haben und erhalten geblie ben sind, kennzeichnen aber auch das Rössing'sche Werk selbst und die Wege, durch die es einem immer noch zu klei nen Kreis zugänglich gemacht werden konnte: Weil es eben nichts nach außen hin Großartiges, Spektakuläres oder Sen sationelles aufweist, sondern von jener in sich selbst ruhenden Gestimmtheit ge prägt wird, auf die aufmerksam zu wer den ein anderes Sensorium erfordert, als es dem Menschen heute im allgemeinen gegeben ist. Von einer Rössing-,.Gemein de" zu sprechen, hat deshalb nichts von jenem fatalen Beigeschmack an sich, der solchen Zirkeln sonst anzuhaften pflegt. Rössing kann im Grund von jenen nicht verstanden werden, die sich zum Opfer eines nach außen gerichteten Lebens machen; die Betrachtung und das Verständnis seiner Arbeiten erfordert eine Spur von jener kontemplativen Hal tung, durch die sein Wesen und seine Arbeit charakterisiert werden. Bei näherer Untersuchung seiner Arbei ten ist jedoch unschwer zu erkennen, wie offen gerade dieser Künstler seiner Ge genwart gegenübersteht, wie sehr er an
Links: Karl Rössing, Kretisches Stiileben, 1953, Linoischnitt, 3 Farben Foto: V, Voithenberg, München iüia MV t;r : iSWWi iilÄpl Iii «1» Rechts: Karl Rössing, Museumskeiier, Linoischnitt, 1954, 3 Farben Foto: V. Voithenberg, München i-l!« Ihr Anteil nimmt, woran sich seit seiner kritischen Holzstich-Serie ,,Mein Vorurteil gegen diese Zeit" (1932, Neuausgabe Hamburg 1974) nichts geändert hat. Sein Themenkreis umspannt seit jeher einen großen Zeitraum; Geschichte wird als Gegenwart und Gegenwart als Resultat historischer Vorgänge begriffen. Ein idyl lisches Moment verbindet sich immer wieder auch mit dem des Bedrohenden, Aggressiven; die Stille läßt das Laute erahnen, von dem sie latent gefährdet wird. Und die Zeit ist für Rössing keine Konstante, die nach vorn weist, auf einen Ablauf hin abgerichtet ist. Die ,,Gleich heit der Zeiten" ist bei ihm wörtlich zu nehmen: Die Zeiten durchdringen, über lagern, ergänzen einander zu jenen Bil dern von Zuständlichkeiten, die vom an tiken Menschheitsbild bis zur Maschine reichen, die unser Leben zu entseelen droht. Darin hat Rössing von jener Kultur etwas bewahrt, von der Arnold Gehlen gesprochen hat: ,,Die Kultur kann nicht neben der Apparatur konserviert, sie kann nur in sie hineingerettet werden. Subjektiv gesehen hat Kultur, wer den Tatsachen gegenüber einen auswählen den und distanzierenden Instinkt behält, der die Alleinherrschaft von Affekten im Herzen ebenso scheut wie die von Ab straktionen im Kopfe; wer einen Sinn hat für die inneren Bedeutungen einer Si tuation, für das Unausgesagte, Potentiel le, Unerprobte, Verletzbare darin; zur Kultur gehört ein fundierter Optimismus und, vor allem, eine intakte Idealität im Menschlichen." Rössing forscht nach Zeichen, die ihm die Möglichkeit geben, jene Konstellationen bild- und begreifbar machen zu können, von denen geschichtsorientiertes Denken und Handeln bestimmt werden. Von An fang an ist in Rössings Bildern jene Weis heit zu finden, nach der heute wenige fragen, ohne die aber kein Leben zu den ken ist, das sich selbst für jene Spanne zu bewahren sucht, die ihm gewährt bleibt. Er hat hinter sich gebracht, was man ein reiches, erfülltes Leben zu nen nen gewohnt ist; er ist jung geblieben, neugierig, aufnahmebereit. Er wäre es wohl nicht, hätte er sich nicht immer schon auch von einem Zustand bestim men lassen, der das Gemütvolle, ja Ro mantische, Sehnsuchtsvolle mit wacher Kritikfähigkeit und Verstandesschärfe zu verbinden weiß. Eine derartige Konstella tion mußte ihre Früchte tragen, und so ist es auch,gewesen. Der Künstler hat sich vor sechzig Jahren mit den ersten Holzstichen beschäftigt. Während alle Welt die Erneuerung des Holzschnitts seit Gauguin und Münch, später durch den deutschen Expressio nismus, als künstlerischen Fortschritt (völlig berechtigt) feierte, nahm sich Rös sing einer Technik an, die vor der Erfin dung des Klischeedrucks als Reproduktionsmittel um ihre Eigenart gebracht, die korrumpiert worden war und deswegen für eine Weile wohl nicht zu Unrecht ver gessen. Nur noch die Russen bedienten sich dieser verfeinerten Xylographenkunst (und bedienen sich des Hirnholz schnitts bis heute), was Rössing damals nicht wissen konnte; aber in Deuschland, wo der gebürtige Österreicher bei F. H. Ehmcke studiert hatte, kümmerte sich längst niemand mehr darum. Rössing illustrierte in dieser Technik Bücher, zu-
erst die „Hausmärchen der Kuglerkinder" (In Gmunden; mit Ihren Nachkommen verbindet Ihn bis heute herzliche Freund schaft), dann den Münchhausen, Fritz Reuter, Balzac, Gottfried Keller, die rus sischen Klassiker und Goethe. Wie allen großen Illustratoren ging es Ihm dabei nicht um eine oberflächlich-realistische Herstellung von Bildern parallel zu den Texten, sondern um das Aufspüren Ihres Geistes, Ihrer Eigenart, In die sich Rös sing stets so hineinzufinden wußte, daß daraus auch sein persönliches Verhältnis zu den Dichtern erkennbar werden konn te. Wie wenig dieser Künstler den unmit telbaren Kontakt zu seiner Umwelt, jener der bewegten und wohl gar nicht so ,,gol denen" Zwanzigerjahre, über seiner Ver senkung In das Werk großer Dichter ver loren hatte, beweist dann die ganz an dersartige Folge von hundert Holzstichen, In denen sich Rössing sehr unmittelbar mit seiner Zelt auseinandersetzte. Das war die bereits zitierte Folge „Mein Vor urteil gegen diese Zelt", 1927/31 entstan den und 1932 gerade noch rechtzeitig zum Druck befördert, dann aber ohne Echo geblieben und wohl auch nicht je nen zur Kenntnis gelangt, die nun an die Macht gelangten. Rössings Tendenz zu einer vergleichs weise freien Graphik, zu einer Themen welt, von der später seine LInolstIche ge prägt werden sollten, bahnte sich Im übri gen bereits damals an. In einem 1931 ent standenen Literatur-Alphabet oder den 25 Stichen der „Traumblätter", die 1930/35 entwickelt worden waren. Ihnen folgten die „Bilderrätsel" (1934) und etwa zehn Jahre später die kennzeichnenden „Begegnungen" (1945/46), die parallel zu der die Kriegs- und Nachkriegsfolgen zum Anlaß nehmenden ,,Passion unserer Tage" entstanden waren. Fünf Jahre spä ter schloß er sein umfangreiches Holzstlch-Werk, In nahezu fünfzig Büchern dokumentiert, mit den 182 Stichen zur Odyssee ab. ,,Dle Auseinandersetzung zwischen Hell und Dunkel", so schrieb er später, „In geistigem und formalen Sinn, wie Ich es damals ausdrückte, hatte aber nicht Ihr Ende gefunden, sie war nur auf eine neue Ebene gerückt. In ein größeres Format und hatte statt des Holzes die neue Materie des LInols gewonnen. Und auch die Hilfe der Farbtöne." Damit beginnt die Epoche des ,,Malers" Karl Rössing. Eines Malers freilich, der seinem Metler: dem Schneiden, Stecherl und Drucken (In eigener Person, versteht »1 w
sich; was nicht vom Künstler selbst sorg sam und voller Hingabe in wenigen Ab zügen hergestellt wurde, hat die Fülle und Wärme seiner Handabzüge nicht) — der seinem Handwerk also treu geblie ben Ist. Nur daß es ihm jetzt um den auch vom äußeren Format her bildmäßigen Eindruck und um jene Valeurs, Tiefen und Übergänge zu tun war, die nur durch das Zuhilfenahmen der — im übrigen be tont zurückhaltend verwendeten - Farbe erreicht werden können. Rössing hat seit 1950 etwa 340 Blätter In dieser Technik des farbigen, meist großformatigen Linolschnitts geschaffen — ein Werk, das in sich besteht und den noch auch an das erinnert, was ihm vor angegangen ist, zumindest vom gedank lichen und eine Grundstimmung bezeich nenden Ansatz her. Der Charakter dieser Linolschnitte hat etwas von alten Fresken oder Sgraffitos an sich, sie sind gut als Wandbilder vorstellbar, well von Ihnen eine monumentale Wirkung ausgeht, be günstigt durch die Zeichenhaftigkeit der Rössing'schen Bildsprache, die ausge wogene, klare Komposition, ihre eigene Art der Plastizität, die eine der Fläche und keine illusionistisch-perspektivische ist, weil Farben und Formen ja von vorn herein imaginäre Räume öffnen, ihre Wahrheiten aus anderen Zonen der Wirk lichkeit gewinnen als jenen, die wir zu kennen vermeinen. Im übrigen vermitteln diese Bilder eine Gewißheit, die sich we niger auf das zu erahnende Kommende und das erlebbare Gegenwärtige als auf das Vergangene stützt, weil sich in ihm angelegt findet, was vergessen oder übersehen wird und in dem sich doch jene Hoffnungen verborgen halten, die es uns — anders, als bisher vermutet — ermöglichen könnten, als Menschen auch in Zukunft zu bestehen. Daß diese Bilder so aussehen und wir ken, wie sie es tun, hat seinen Grund nicht zuletzt im handwerklichen Prozeß, aus dem heraus sie entwickelt wurden. Hans Peter Wlllberg hat ihn in seinem bereits zitierten Aufsatz ausführlich und kenntnisreich beschrieben: „Rössing ,malt' mit den Druckplatten. Er färbt nicht eine Platte gleichmäßig ein und druckt sie auf den Abzug der anderen - wie man das mit einer Andruckplatte tun müßte —, er kann vielmehr bei Farbge bung und Druck unendlich variieren. Rös sing druckt mit der Hand, mit der Hand fläche, mit der Kante, mit dem Ballen und vor allem mit den Fingernägeln. Er I II M '■ vir C-V' 'r.'. 3- t 'Ä- V-i
Links: Karl Rössing, Europa, 1958, Linolschnitt, 8 Farben Rechts: Karl Rössing, Fahrrad im Schnee, 1973, Linolschnitt. 5 Farben kann hauchen und streicheln, er kann scharf aufdrucken und - wenn er will, quetschen. Ebenso mit der Farbe: er kann sie dünn und pastos, deckend oder lasierend auftragen... Von einigen Schnitten existieren Holztafeldrucke, bei denen die Abzüge der einzelnen Platten vom Papier nochmals auf Holz umge druckt werden. Das führt zu einem mehrfach .gebrochenen' Ergebnis. Zum verdoppeiten Druckvorgang kommt die Summierung der Strukturen: Oberfläche des Linoleums, aufgelöste Partien, Farb strukturen, Papieroberfläche und Hoizstruktur addieren sich zur Vertiefung. Das ,Übereinanderschreiben der Zeiten' (Ezra Pound), das Paiimpsesthafte ist das eigentliche Thema Rössings. Sein techni sches Äquivalent ist das ,Übereinanderdrucken der Platten'. Das künstlerische Vorhaben, die Aussage, und die techni sche Bewältigung, der Weg, sind gleich bedeutende Bestandteile eines Kunst werkes. Bilder werden gemacht und nicht gedacht." Tatsächlich gelangt Rössing allein durch das wiederholte Verwenden bestimmter Formen und Motive während seiner Ar beit immer wieder zu neuen Lösungen, Alternativen, Konstellationen, die das Denken in und aus dem Material, das er nach seinen Möglichkeiten befragt, be zeugen. Er verfügt sozusagen über Arche typen der Formgebung, gewisse Meta phern, die er in Beziehung zu dem zu stellen weiß, was ihn ein aus dem Wer deprozeß heraus entwickelter Bildge danke jeweils assoziieren läßt. Dazu ein Eigenzitat (aus: K. R., Die Linolschnitte. Mit einem vollständigen Werkkatalog 1939—1974 von E. Rücker): ,,Die antike Statue (das Statuarische, Hieratische an t" l"'' ■' v"T '■ 5 ^ ' 'i-i • ' j ■ 'i ^ • -» fr' : - .f: P?;; V »* ■ ■ ■M 4^ ( »s ~ 1 J' < ' ^ - A'* iSi. ^ sich), die Inschrift (Hieroglyphe, Rune), das fragmentarische Relief, Säule und Sphinx, dann das Rind, das Schaf, Taube und Fisch, die Schneckenform: vor allem aber und immer wieder der Schmetterling — das zerbrechliche Flügelwesen, der Flügel als Zeichen für rhythmischen Ab iauf, pulsierende Bewegung, Verletzbar keit und Wandlung —: Ali diese ein Zer brechen, Zerfallen, Abbröckeln andeuten den, aus den Schatten hervortretenden archetypischen Erinnerungen fügen sich zu aieatorischen Bildern zusammen und spiritualisieren die Materie. Der subjek tiven Metaphorik weiter Bereiche zeitge nössischer Kunst setzt Rössing damit verbindliche, auch in ihrer verschieden I ' V \ l- ■ auslegbaren Form determinierte, begriff liche Zeichen entgegen." Die derartige Hinweise begleitenden Reproduktionen können quasi nur die Rohform des geschilderten Sachverhalts vermitteln, lassen aber die Zusammen hänge deutlich werden, aus denen heraus Rössing arbeitet: Seine Hinneigung zum Süden und seiner Kultur, zur Antike, zur strukturbetonten Oberfläche, zu einer Sinnbildhaftigkeit, die man kunsthisto risch (und mit allen Vorbehalten) zwi schen pittura metafisica und Surrealis mus eingliedern könnte, womit die Ei genart dieser Bilder aber nur andeu tungsweise zu treffen ist. Deutlich wird aber — vor allem auch in den jüngsten
Karl Rössing, Mittag, 1975, Linolschnitt Karl Rössing, Die Vogelfrau, 1975, Linolschnitt Karl Rössing, Leere Hülle — Volle Schote 1975, Linolschnitt ■; ■ «« der hier wiedergegebenen Arbeiten — die ständige Wiederaufnahme bestimmter Metaphern wie etwa jener der ,,leeren Hülle" in drei Metamorphosen; und was sich allein aus der verschiedenen Be handlung der Druckplatten ergeben kann, bezeugen die Variationen der ,,Steinpy ramide". Daß sie wie zahlreiche an dere Motive schon im Holzstichwerk (etwa in einem „Bilderrätsel" aus dem Jahr 1934) auftreten, bezeugt eine Konti nuität, die beibehalten wurde, qualitativ aber zweifellos eine staunenswerte Stei gerung erfahren konnte, ohne daß man das Frühwerk deswegen abwerten oder geringer achten müßte. Rössing bildet das (rare) Beispiel für einen Künstler, der sich im Alter fortzuentwickeln, der lebendig und entdeckungsreich zu blei ben und seine Möglichkeiten stets aus zuweiten wußte, anstatt sich auf dem Erreichten auszuruhen. Darin konnte er nicht nur seinen Schülern ein Beispiel bleiben sondern sich dem zeitgenössi schen Kunstgeschehen als eine Potenz einfügen, die ihresgleichen auf eben je nem Feld sucht, das er mit so viel Ab stand von und mit so viel Liebe zu den Dingen bearbeitet hat, hinter die er zu blicken sucht.
Die innviertier Künstiergiide Die Osternberger Künstlerkolonie Franz Engl Skizze von Becker-Gundhal aus dem Osternberger Gästebuch Darunter: Originalbrief der Künstier-Geseiischaft Aiiotria an die „Osternberger" Mit kulturellen Vereinigungen verhält es sich wie mit ihren Schöpfern, den Men schen, sind sie doch wie diese einem ständigen Auf und Ab unterworfen, das die Zeit mit ihren geistigen, politischen und wirtschaftlichen Schwankungen be dingt. Die innviertier Künstiergiide macht darin keine Ausnahme. Der Gildengründung ging die ,,Ostern berger Künstierkoionie" als bedeutendes Vorspiel voran. Osternberg war bis zu seiner Eingemeindung in das Braunauer Stadtgebiet ein kleiner, malerischer Ort an der Enknach inmitten bäuerlichen Landes. Sein ,,Herz" bildete der Gutshof, der sich seit Ende der 70er Jahre des, 19. Jahrhunderts im Besitze Hugos von Pren (1854-1914) befand. Schon in der Zeit an der Akademie der bildenden Künste in München, an der Hugo von Pren Malerei studierte, nahm er in den Ferien Kollegen nach Ostern berg mit. Nach ausgiebigen Maiübungen tagsüber verbrachten sie den Abend fröh lich in der Gutstaverne oder in der Ge sellschaft von Prens Vater. Aus dieser Tafel- und Trinkrunde gründete sich der ,,Rauchklub", der in München nach und nach in den Künstlerverein „Immergrün" überging. Besonders seit Hugo von Pren 1887 geheiratet hatte, zog nun die Guts herrin das geselischaftiiche Leben an sich und der Kreis der Künstiergäste aus München wuchs. Der Verein war auch der Anfang der in der Münchner Kunst so bedeutenden Osternberger Künstier koionie. Unter anderen gehörten ihr Franz Stuck, Ludwig von Heterich, Wil helm Dürr, Julius Exter, Heinrich Schlitt, Alphons Spring, Hubert von Heyden, M. Kuschei, R. Ebner, Theodor Schmidt, Jo hann Karl Becker-Gundahi, Eugen Hor stig, Grätz, die Bildhauer Thiele und Albert Muschweck und der Architekt Seidi an, und über viele Jahre hin war Ostern berg zum Künstiersitz geworden. Neben fröhlich-humorvollem Beisammensein an den Abenden wurde fleißig gemalt; gear beitet durfte aber nur in ,,plein-air" wer den, Atelier- und interieurarbeiten waren verpönt. Der Sturm und Drang dieser jungen Künstler war das Stürmen einer neuen Zeit, zu der die Osternberger Künstier koionie gehörte, und diese trug wesent lich zur Gründung der Münchner Sezes sion bei, deren bedeutendste Mitglieder ,,Osternberger" waren und damit der Glanzzeit der Münchner Kunstentwickiung in den 90er Jahren angehörten. Hugo von Pren hat dieses Treiben in seinen ,,Auf zeichnungen" festgehalten. Das Ostern berger Karikaturen-, sowie das Ostern berger Gästebuch bergen köstliche Sze nen aus dem Leben dieser Künstierkoio nie, von der Franz Defregger nach sei nem Besuch dort wünschte, sie möge ihre Individualität behalten und nicht zum Fremdenrummel werden, wie so mancher berühmte Künstierort. In der nächsten Umgebung von Osternberg lie ßen sich in den Ferien eine Anzahl von Münchner Künstlern nieder. Sie wohn ten gern beim Fischer Denk In der Au I /» 3 £ ^ M-K i Tu K-VW J-w >^01- '' ^ ^ IC Cvv^ A-. tI, C/'fi e-c. . ^ '—---- ■ As '»7 • 1
und hatten in der getäfelten Stube beim Lechner in Braunau ihr Kneipiokal. Nach der Jahrhundertwende warfen dann die Ideen der neu aufbrechenden Avant garde mit ihrem Für und Wider Feind schaft in den Freundeskreis und ließen manchen nicht mehr nach Osternberg finden. Der Erste Weitkrieg mit seinem tragischen Geschehen setzte eine wei tere starke Zäsur. •r" .yil: Porträtbüste von Aloys Wach Foto: Eiersebner Die Gründung der Gilde Der neue Anfang geschah an einem Juni abend des Jahres 1923, als im ,,Gafe Post" zu Braunau die Maler Aloys Wach und Louis Hofbauer mit ihrem Freund Kari Hosaeus wie schon so oft die kul turellen Zustände der Nachkriegszeit hef tig diskutierten. Wach, so berichtete Karl Hosaeus von diesem Abend, wies auf die vielen Künstler von Rang hin, die im Innviertel lebten, dort geboren, zum Teil nach dem Kriege aus den groß städtischen Zentren, besonders aus Wien, dorthin gekommen und seßhaft geworden waren. Er meinte, dies sei kein Zufall oder nur materiell bedingt, sondern sei Berufung und Kraft des kultur- und tra ditionsreichen Bodens, der dem künst lerischen Schaffen günstig sei. Ein Zu sammenschluß der über die ganze Land schaft verstreut wohnenden Künstler, der Osternberger, der Rieder Wilhelm Dach auer, Alois Rauch, aus Wernstein am Inn Alfred Kubin und all der anderen zu einer Keimzelle neuer geistiger Besinnung, wäre Gebot der Stunde. Der kommende Bezirkshauptmann von Braunau, Hans Freiherr von Hammerstein-Ecquord, sei als Dichter und Persönlichkeit der be rufene Leiter einer solchen Gemeinschaft. Dieser Vorschlag zündete. Karl Hosaeus bot sich an, die organisatorische Arbeit zu übernehmen, und trotz der nächt lichen Stunde brachen die drei Freunde sofort nach Osternberg auf, um Altmei ster Hugo von Pren dafür zu gewinnen. Begeistert stimmte dieser zu, und es wurde beschlossen, Louis Hofbauer solle die Künstler im Innviertel besuchen, sich ihrer Beteiligung versichern und dann die Gründung unter dem Namen ,,lnnviertler Künstiergilde" Herrn von Ham merstein unterbreiten und ihn bitten, die Präsidentenstelie anzunehmen. Der Name ,,Gilde" entsprach alter Tradition und wurde dann auch von anderen Kunst organisationen übernommen. Nachdem die Künstler, die Louis Hof bauer besuchte, zugesagt hatten, arbei tete Karl Hosaeus, der gegebene und motorische Schriftführer, einen Satzungs entwurf aus, der im Herbst 1923 von der Gründungs-Hauptversammlung unter der Präsidentschaft Hans Freiherrn von Ham mersteins und dem Vorsitz Hugo von Prens angenommen wurde. Aus den ,,Satzungen des Vereines Innviertier bil dender Künstler, Dichter, Komponisten und Kunstfreunde - Innviertier Künstier gilde" — von 1923 sei einiges herausge hoben: ,,Zweck des Vereines: Zweck ist die Förde rung der Kunst und aller künstlerischen Be lange im Innviertel — das Ist dem Gebiet, der Bezirkshauptmannschaften Braunau, Ried, Schärding — sowie in den, diesen Gebieten angrenzenden Landschaften Im allgemeinen und der ordentlichen Künstlermitgliedschaft In künstlerischer und wirtschaftlicher Beziehung Im besonderen. In Verfolg dieses Zweckes strebt die Innvlertler Künstiergilde, anknüpfend an die hohe Kultur Im Innviertel zur Zelt der Gotik, des Barock, zuletzt noch des Biedermeier, eine Brücke zu schlagen, von jenen kunstfrohen Tagen über den letztvergangenen Zeitraum des Materialismus, der Geschmacklosigkeit und der Verflachung zu einer Renaissance des deutschen Kunstlebens, getreu dem Leit satz: Naturhaft, ein jeder er selbst und fromm wollen wir selnl Mittel zur Erreichung des Vereinszweckes: a) Veranstaltungen von periodischen Wan derausstellungen von Kunstwerken, Konzerten und Vorträgen in den namhafteren Städten und Märkten des Innviertels; b) Geschlossenes Auftreten als eigene Gruppe in Veranstaltungen von Kunstaus stellungen, musikalischen und literarischen Vorträgen außerhalb des engeren Vereinsge bietes; e) Veröffentlichung in Wort, Bild und Musik noten im Einzel- und Gesamtinteresse der Mitglieder und der Kunst Im allgemeinen. Verbindungen mit Kunstzeltschriften, Werbe schriften In Tagesblättern, Herausgabe von Jahrbüchern, Kunstblättern, Ansichtskarten u. dgl.; g) Ankauf gefährdeter Kunstwerke des Inn viertels und der angrenzenden Landschaften sowie von Kunstwerken der ordentlichen Mit glieder (Gildemeister); h) Teilnahme am Schütze von Kunstdenk mälern und des Landschaftsbildes Im Inn viertel. Zusammenarbeit mit dem Bundes denkmalschutz und den Heimatschutzvereinen. Mitgliedschaft; 1. Ordentliche Mitglieder (Gildemeister) Das sind ausübende, berufen schaffende Künstler akademischer Vorbildung, ohne An sehung der Kunstgattung, die im Innviertel gebürtig sind oder bei vorübergehendem Aufenthalt Im Innviertel in enger geistiger und persönlicher Verbindung mit der bodenständi gen Innviertler Künstlerschaft wirken und schaffen. Ausnahmen von der Bedingung akademischer Vorbildung kann In außerordentlichen Fällen nachgewiesener Begabung und künstlerischer Leistung fallweise die Hauptversammlung der Gilde zulassen. 2. Beitragende Mitglieder Das sind Kunstfreunde — Personen oder Körperschaften — die vorwiegend durch Geld beiträge die Gilde fördern; 4. Korrespondierende Mitglieder Das sind Künstler, die nicht als ordentliche Mitglieder Aufnahme suchen, jedoch für das Kunstleben von hervorragender Bedeutung sind, sowie andere, die Kunst im allgemeinen fördernde Persönlichkeiten, wie Kunstge lehrte und Kunstschriftsteller; 5. Ehrenmitglieder Das sind solche, die mit ganzer Hingabe in geistiger oder materieller Hinsicht sich den Ideen und Zielen der Innviertler Künstiergilde verdienstvoll widmen. Organe der Vereinsleitung 1. Hauptversammlung 2. der Gildenausschuß."
Unten links: Max Hirschenauer, Selbstporträt, Pastell, oö. Landesmuseum Foto: Eiersebner Unten rechts: Max Hirschenauer, Aulandschaft, Stadtmuseum Ried Im Innkreis Foto: Mader i Bereits im Februar 1924 trat die Gilde im Hotel Fink in Braunau mit einer Kunst ausstellung ihrer Mitglieder und einem großen Faschings-Künstlerfest vor die Öffentlichkeit. Kunstfreunde und Kunst kritiker aus Wien, München, Salzburg und Linz waren der Einladung gefolgt und halfen unter dem Eindruck dieser Veranstaltungen mit, den Grundstock des Förderkreises der Gilde zu gewinnen, der bald auf einige hundert anstieg. Im Jahre 1924 übergab Hugo von Pren seinen Osternberger Gutsbesitz dem Vet ter seiner Gattin, Karl Schmoll von Eisen werth, ordentlichem Professor für Zeich nen, Malen und dekoratives Entwerfen an der Technischen Hochschule Stuttgart. Dadurch wurde der großzügige Haus halt erhalten und die Osternberger Ge selligkeit blühte erneut auf. 1922 war der Schwiegervater von Prof. Karl Schmoll von Eisenwerth, der Maler Prof. Emil Reynier, in die Osternberger Hausgemein schaft aufgenommen worden. Durch seine Tochter, die Malerin Franziska EsserReynier, sowie durch die Ehen der an deren Töchter mit Bildhauern, Malern und Architekten kamen weitere reiche Künstlerbeziehungen zum Hause Ostern berg zustande, so daß man zwischen der alten Osternberger Künstlerkolonie und der jungen Innviertier Künstlergilde von einem zweiten Osternberger-Kreis spre chen kann. ,,Naturhaft, ein jeder er selbst und fromm wollen wir sein", war die einzige Ge-
Wissensbindung, unter der die junge Ge meinschaft sich zusammenfand, sonst aber alle künstlerischen Freiheiten für jeden offen ließ. Das zeigte sich gleich bei den ersten Mitgliedern: da war der alte Hugo von Pren, unschätzbar, wie Hofrat Max Bauböck über ihn urteilte, als Maler und Zeichner seither unwiderruflich ver lorengegangener voikskundlicher Motive, voikskünstierischer Gegenstände und innviertier Menschentypen. Daneben Aioys Wach, der aus dem Pariser und Münchner Expressionismus kam, ge radezu ein Gegenpol zu Pren, sich aber bald auf heimische Motivkreise ein stimmte, wie etwa den oberösterreichi schen Bauernkrieg — die Aussteilung an läßlich des Bauernkriegsjahres 1976 in Frankenburg zeigte dies wieder deutlich. Louis Hofbauer, der nach harten Kriegs jahren in Munderfing heimisch wurde, war glänzender Kolorist, unvergessen sein Porträt des jungen Richard Biilinger. Souverän waltete Hans Hammerstein-Ecquord, damals bereits viel beach teter Lyriker und Romancier, als Präsi dent seines Amtes. Aus dem Braunauer Raum stießen zur Gilde der Kirchenmaler Engelbert Darin ger, Wiidenau, der die Enkaustiktechnik wieder belebte, Prof. Karl Schmoll von Eisenwerth, Osternberg-Stuttgart, Emil Reynier, Osternberg, die Dichterin Erna Blaas, Mauerkirchen, jetzt Salzburg, Architekt Richard Puchner, Tarsdorf, er hatte auch als Kunsthistoriker einen Na men, Josef Reiter, geboren in Braunau, Opern-, Chor- und Liederkomponist; der aus Weng stammende Bildhauer Michael Stix, Walter Ziegler, Ach'Salzach, Radie rer und Wiedererwecker vergessener graphischer Techniken, Maximilian Lie benwein, Burghausen/Saizach. Aus dem Rieder Bereich kamen der spä tere Prof. und Rektor der Wiener Aka demie, Wilhelm Dachauer, der in seinem berühmten Zyklus ,,Bauernieben" die Heimatkunst in bestem Sinne pflegte, F. X. Weidinger, bedeutend im land schaftlichen Aquarell, aber auch im Stil leben und Porträt, Herbert Dimmel, mo numental in seiner Bildsprache, später Professor an der Wiener Akademie und Leiter der Linzer Kunstschule, Adolf Rauch, der Maler intimer Heimatszenen, Karl Rauch, Musikprofessor am Rieder Gymnasium, dessen Kompositionen noch einer intensiven Durchforschung harren, um ihm den richtigen Steilenwert in der österreichischen Musik zwischen den zwei Weltkriegen zu geben und der Architekt Hans Schihan. Unten: Hugo von Pren, Ledererhaus, Skizze Foto: Mader Rechts: Hugo von Pren, Alter Bauer, Ölgemälde Foto: Mader n ; ■jS'' " • - ii _ Vpf R5 Der Schärdinger Bezirk war vertreten durch den Zeichner, Illustrator und Schriftsteller Alfred Kubin, der neben der Dämonie seiner Träume viel innviertier Landschaft und -Alltag auf seine Blätter bannte, Max Hirschenauer, der eigen willige impressionistische Porträtist der Schärdinger innauen und des Menschenantiitzes, Franz Hermüller, der Architekt zwischen Jugendstil und Neubarock; die um die Musikpfiege und Musikpädagogik so verdienten Komponisten und Dirigen ten Leopold und Ludwig Daxsperger, und nicht zuletzt der junge Richard Billinger, dessen Dichterstern gerade damals im Rahmen der Gilde aufging. Erste Blüte Damit waren fast alle Innviertier Künstler in die Gilde eingegliedert, für die sich bald die Abkürzung ,,iKG" einbürgerte. Schnell wurde sie zu einer der ange sehensten und eigenständigsten österrei chischen Kunstvereinigungen, die sich mit der Mitgliedschaft zu ihr dann auch auf die benachbarten Gebiete und auf mit dem innviertei in enger und lockerer Beziehung stehende Künstler ausdehnte. So fanden zu ihr Hermann Bahr, der dem Innviertei mit seinem Stelzhamerstück ,,Franzi" verbunden war, der fein sinnige Lyriker und Erzähler Hans Carossa aus Rittsteig-Passau, ein enger Freund Alfred Kubins, der ritterliche aitösterreichische Dichter Franz Karl Ginzkey, Wilhelm Kienzl, der Komponist des ,,Evangeiimannes", Max Mell, der viel seitige Dramatiker, die Schriftsteller und Dichter Paul Graf Thun-Hohenstein, Gu stav Festenberg, Arthur Fischer-Goibrie, Siegfried Freiberg, Otto Hamann, Fried rich Schreyvogei, Franz Turnier, dessen
Mutter Riederin ist, Hermann Heinz Ort ner und Johannes Würtz. Aus dem be nachbarten Bayern kamen die Dichter Otto Freiherr von Taube, Benno von Mechow, Josef Martin Bauer, der Pas sauer Graphiker Professor Hermann Mayrhofer und der Simbacher Maler Jo sef Nerud. Aus Wien schlössen sich an die Maler Ekke Ozlberger, Prof. Sergius Pauser, Erwin Lang, und aus Linz die Altmeister der heimischen Malerei Leo Adler, Anton Lutz, Paul Ikrath, Rudolf Steinbüchler; von Wels kam Wilhelm Schückel, ein ge bürtiger Braunauer, weiters aus Lam bach Ferry Reinhold; seit seiner Peterskirchener Zeit der Komponist Johann Nepomuk David, ebenso der Mühlviertler Komponist Franz Schnopfhagen. Ferner manch andere in größerem Abstand. Krise, Krieg, Wiedergeburt Nach 1933 erschütterten die politischen Wirren und die wirtschaftlichen Sorgen auch die Gilde schwer. Dazu kam seit 1938 die Vereinheitlichung der Künstler schaft im Dritten Reich in einer einzigen Gauorganisation. Zum Glück konnten die künstlerischen Intentionen der Gilde in der ,,Innviertier Galerie" in Ried, der die Gilde seit je nahegestanden war, weiter verwirklicht werden. Von ihr aus und auf Anregung von Hof rat Max Bauböck, der sich unermüdlich für die heimischen kulturellen Belange einsetzte, konnte bereits 1946, im Ein vernehmen mit dem Präsidenten Hans von Hammerstein, die Gilde wieder ins Leben gerufen werden, diesmal mit dem Schwerpunkt Ried. Hier hatte sich, ähn lich wie nach dem 1. Weltkrieg in Braun au-Osternberg, neben den heimischen eine Reihe von Künstlern zusammenge funden, die entweder aus der Großstadt geflüchtet waren oder die der Krieg hier her verschlagen hatte. Neben die alten Gildemeister traten nun viele neue, meist auch jüngere. Aus dem Bezirk Braunau sind es die Maler Anton Filzmoser, Franz Karl Lukas, Hans Plank, Martin Stachl, der Bildhauer Rupert Rothböck, die Keramikerin Gunda Schihan, die Dichter Linus Kefer und Elisabeth Söffe; der Wiener Porträtist Professor Hans Schachinger, seine Tochter und Schülerin LisI Fourne-Schachinger und ihr Gatte, der Pianist Ferdinand Fourne. Aus dem Rieder Raum kamen der Bild hauer Professor Ludwig Kasper, er war aus dem zerbombten Berlin in seine Hei mat geflüchtet, der Porträtist und Land schafter Walther Gabler, jetzt VorsitzenA ^ m. ■ -r ... \ i der der Gilde, Wilhelm Traeger, beson ders bekannt durch seine Collagen, Max Schlager, Emma Woitsch und ihre Toch ter Emmy Woitsch, P. Friedrich Eisen barth, Josef Fellner und Ferdinand Aumayr, der Bildhauer Peter Dimmel, jetzt in Linz, die Architekten Gerhard und Jörg Bauböck, Siegmund Ringler, Hans Kettl, der Bildhauer Max Stockenhuber, jetzt in Linz, der Dichter Rudolf List, jetzt in Graz, die Komponisten und Musiker Franz Ha ger, Franz Friller, Otto Jürgen. Aus dem Schärdinger Raum wuchsen zu Margret Bilger, bekannt durch ihre be sondere Art des Holzrisses wie ihre Glasgemälde, der vielseitige Plastiker Alois Dorn, jetzt in Leonding, sein Bru der Conrad Dorn, Bildhauer und Restau rator, jetzt in Salzburg, deren Schwester Johanna Dorn, der Landschaft wie dem Porträt zugetan, ihr Gatte Herbert Fladerer, Graphiker und Freskant; diesem ,,Künstler-Familienverband", um mit Max Bauböck zu sprechen, gehört auch die weithin bekannte Dichterin Gertrud Fussenegger, die Gattin Alois Doms, an; der Architektur- und Landschaftsaquarellist Ernst Degn, der Bildhauer Josef Diethör, jetzt in Bad Hall, der Dichter und Kri tiker Herbert Lange, die Wandteppichund Glasmalerin Käthe Hermann-Bernhofer, jetzt in Wien, die Architekten Gu stav Aduatz und Peter Kapsreiter, der Komponist Ludwig Makovsky, jetzt in Freistadt. Auch die erneuerte Gilde griff bald wie der weit übers Innviertel hinaus. Aus München kommen der bedeutende Metallplastiker Hans Wimmer und der be kannte Schriftsteller und Historiker Univ.- Prof. Benno Hubensteiner; aus Passau die Graphikerin Gretli Fuchs, aus Rap-
Louis Hofbauer, Beethovenmaske, Studie Foto: fVlader /■: -• " ' - poltskirchen, Bayern, der vielseitige Schriftsteller und Rundfunkautor Wolf gang Joh. Bekh, von Berlin die Graphi kerin Lizzie Hosaeus; aus Linz schlös sen sich der Gilde an Fritz Fröhlich, schöpferischer Freskant und feinfühliger Restaurator, Matthäus Fellinger, dem Aquarell wie der Keramik verschrieben, die Altmeister der Farbe und der Tech nik Richard Diller, Hans Weibold, Josef Schnetzer; Rudolf Kolbitsch, besonders bemüht um neuen Ausdruck in der Glas malerei, Otto Jungmair, der Stifter- und Mundartforscher, der Lyriker und Er zähler Carl Martin Eckmair und Carl Hans Watzinger, vielseitig als Schriftsteller, Rundfunkautor und Kritiker; aus Salz burg kam der farbfrohe Maler Josef Schulz. Auch der Mundartdichtung ist die Gilde sehr verbunden. Ihr dienten oder dienen Georg WagnIeitner-Stibler aus Aspach, Hans Schatzdorfer aus Groß-Piesenham, Rudolf Reiter, Kobernaußen, Rupert Ruttmann, Grieskirchen, P. Emmerich Don ninger, Wilhering, und Theodor Renzl, Salzburg. An nachschaffenden Musikern stießen zur Gilde die Cellisten Karl Maria Schwamberger und Karl Picker, die Pia nistin Martha Picker, Linz, der Dirigent und Musikerzieher Karl Schmid, Schär ding; Josef Werndl, Komponist und Diri gent, Ried. Zu den jungen und jüngsten Gildemei stern zählen die Rieder Maler Hubert Fischlhammer, Inge Pohl und Heinz Staffelmayr, Johann Buttinger aus St. Johann a. W., die Brüder Engelbert und Josef Häupl aus Pram, P. Albin Haböck, Riedau, der Innenarchitekt Georg Han reich, Feldegg, die Restauratoren Wilfried Dunkl-Dachauer, Sibylle Einbeck, Chri stiane Hanreich und Clara Hamann, Linz: der Musikpädagoge Ernst Huber, Gries kirchen; Sepp Auer, Metallplastiker, Braunau-Wien; die Schriftsteller und Dichter Eugen Andergassen, Feldkirch, Franz Braumann, Köstendorf, Ernst Burgstaller, Linz, Hans Hamberger, Linz, Otto Haubner, Geinberg, Karl Kleinschmidt, Linz, Hermann Kuprian, Innsbruck, Ru dolf Weilhartner, Riedau; die Maler und Graphiker Alois Beham, Wernstein, Wolfram Dachauer, Wien, Ilse Hahn, Vornbach/Inn, Bayern, Sonja Rager-Krünes, Schärding, Erich Slatner, Braunau; die Bildhauer Josef Rems, Ibm und The rese Schröder-Lechner, Löhne-Gohf; die Komponisten und reproduzierenden Mu siker Karl Kubizek, Klarinettist und Komponist, Bad Hall, Walter Hornsteiner, Komponist, Dirigent, Intendant, Passau; Rudolf Schmidt, Chorleiter, Dirigent, Braunau; Blanka Jürgen, Pianistin, Ried; Kapellmeister Siegfried Meik, Ried; Rent meister Roman Foissner, Chorleiter,
Wilhelm Dachauer, Damenblldnis, Ölgemälde, Stadtmuseum Ried im Innkrels Foto: Mader Reichersberg; Hermann Edtbauer, Chor leiter, St. Georgen b. 0.; Musikerzieher und Dirigent Erich Karl, Ried; Fridolin Dailinger, Komponist und Musikpädagoge, Linz; Gerhard Dailinger, Komponist, Diri gent, Direktor des Bruckner-Konservato riums, Linz; Franz Danksagmüiier, Mu sikerzieher, Komponist, St. Martin; Igo Hofstetter, Komponist und Musikerzieher, Linz; Friedrich Lessky, Chorleiter und Musikerzieher, Wien; Johann Sonnieitner, Cembalist, Organist und Musikpädagoge, Wien; die Dichter und Schriftsteller Gun Margret Daublebsky (Künstlername Forss), Esternberg; Willibald Kandibauer, Kapfenberg; Josef Pfandier, Wien; die Maler Hans Frank, Kunsterzieher, Wien; Ingeborg Depolo, Bad Ischl; Rudolf Fochler, Rundfunkautor, Schriftsteller, Volks kundler, Linz, und Architekt Josef Schmitzberger, Braunau. Heute zähit die Giide 112 Künstiermitgiieder, davon 41 Maier, 9 Biidhauer, 24 Schriftsteller, 8 Architekten, 25 Musiker und Komponisten, 5 Restauratoren und Keramiker. Hierzu kommen 25 korres pondierende Mitgiieder in Österreich und Deutschland und rund 550 fördernde Mit glieder. Die Schwerpunkte der Giideleitung sind auf die drei Bezirksstädte recht gleich mäßig verteiit: in Ried der Präsident (Bürgermeister Dr. Franz Fruhstorfer), der Vorsitzende (OStR. Waither Gabier) und der Kassier (Dipl.-Kfm. Franz Müiier), in Schärding der Vizepräsident (Dr. Gu stav Kapsreiter) und der Jahrbuch-Re dakteur (OStR. Franz Engl), in Braunau das Sekretariat (Irmgard Schmoll von Eisenwerth). n
Wilhelm Dachauer, Holzfällerinnen, Stadt museum Ried Im Innkreis Foto: Mader Das Stadtmuseum Ried Im Innkreis besitzt die umfangreichste Sammlung über Wilhelm Dachauer. Bei Zusammenstellung des Blldtelles für diesen Aufsatz fand die Redaktion dankens werte Unterstützung durch die Innviertler Künstlergllde I m 1* Das engste Bindeglied der Gilde mit ihren aktiven und unterstützenden Mit gliedern ist das seit 1926 erscheinende „Jahrbuch der innviertler Künstlergllde" mit reichen bildnerischen und litera rischen Beiträgen; dazu die ,,Schriften reihe der IKG". Daneben stellt sich die Gilde dar mit einer großen Reihe von Ausstellungen, Konzert- und Dichter abenden, nicht nur in den größeren Orten des Innviertels, sondern auch mit weit darüber hinausgreifenden Einladungen. Bis 1964 redigierte Karl Hosaeus das Jahrbuch, dann Hofrat Max Bauböck, nach dessen Tod 1971 Franz Engl. Blicken wir zurück und lesen besonders den ,,Anhang" in den Jahrbüchern, der Aufschluß gibt über Ausstellungen, öffent liche Aufträge, Neuerscheinungen, Urund Erstaufführungen, Lesungen, Kon zertabende, über Ehrungen, Auszeichnun gen und Ernennungen, wird erst voll be wußt, welch breiten Anteil die Innviert ler Künstlergllde seit ihrem mehr als 50jährlgen Wirken nicht nur im oberöster reichischen, sondern auch im gesamt österreichischen Kulturschaffen hat. Auch heute gilt noch als Grundsatz, was Hans Freiherr von Hammerstein in sei nem Aufruf anläßlich der Gründung der IKG 1923 formulierte: Möge der prachtvolle Kirchturm von St. Stephan zu Braunau ein Sinnbild der neuen Gilde sein und unser Programm: eine Politik, die sich ohne Vorwurf der Enge vertreten läßt, eine Höhe, die staatlicher Grenzen im Geiste wahrer Kunst nicht achtet, eine Freiheit, die aus dem Stamme bester Überlieferung erwachsend, kühn das gute Neue auf das beste Alte zu setzen wagt. Nicht rückgewendet wollen wir schaffen und wirken, nicht heimatliche Erinnerun gen sammelnd und hegend nur besseren vergangenen Zelten nachhängen, wir wollen, unserer Kunst bewußt, jeder in seiner Art, einerlei welcher Richtung, ein zig mit der Forderung, daß nur das ge staltet werde, was wahr Ist In uns ..." Daher das breite Spektrum künstlerischen Schaffens in der Gilde: vom landschafts gebundenen Schauen, Sagen und Tönen bis hin zum abstrakten Bild, Wort und Klang.
Wege und Wandlungen — Der Oberösterreichische Kunstverein von seiner Wiedergründung 1949 bis heute Rudolf Walter Litschel In der nationalsoziallstlschen Ära verlor der Oberösterreichische Kunstverein praktisch alles: er wurde 1939 in den „Künstierbund Oberdonau" einverleibt, sein Vermögen erklärte man als be schlagnahmt, die Ausstellungsräume Im Linzer Volksgartengebäude fielen einem Bombenangriff zum Opfer. Damit schien das Schicksal einer Künstlergemeinschaft besiegelt, die 1851 gegründet worden war und zur traditionsreichsten ihrer Art in Oberösterreich zählte. Doch schon 1946 - mitten in den Nachkriegswirren — begannen unter ehemali gen Mitgliedern Gespräche mit dem Ziel, den Oberösterreichischen Kunstverein neu erstehen zu lassen. Dem widersprach die triste Vermögenssituation; außerdem sah man keine Möglichkeit, im von Flie gerangriffen schwer gezeichneten und von Flüchtlingen überfüllten Linz geeignete Ausstellungsräume zu finden. Die Lage änderte sich erst, als es dem Rechtsan walt Dr. Franz Stoiber gelang, mit zwei Rückstellungsverfahren eine finanzielle Basis zu schaffen, und sich der Direktor des Oberösterreichischen Landesmuse ums, Dr. Franz Pfeffer, bereit erklärte, den Kunstverein im Museum aufzunehmen. Zum Präsidenten des Oberösterreichi schen Kunstvereins wurde der akad. Ma ler Anton Lutz gewählt, der diese Stel lung bereits von 1934 bis 1938 innege habt hatte. Am 1. Oktober 1949 wurde die erste Ausstellung des Kunstvereins nach dem Krieg in der Galerie und im Festsaal des Landesmuseums eröffnet: die Festanspra che hielt Dr. Wilhelm Jenny, der sich bald als ein Freund und Schutzherr des Vereines erwies; Landeshauptmann Dok tor Gleißner und Bürgermeister Dr. Kö ret steuerten für den Katalog Vorwörter bei, in denen sie ihre Freude über die wiedererstandene Künstlergemeinschaft ausdrückten. An der von der Bevölke rung mit viel Zustimmung aufgenomme nen Schau beteiligten sich alte und neue Mitglieder, und zwar Leo Adler, Wilhelm Dachauer, Richard Diller, Leo Frank, Fritz Fröhlich, Walter Gabler, Franz Glaubakker, Max Flirschenauer, Anton Lutz, Flans Schachinger, Max Schlager, Wilhelm Schückel, Anton Vorauer, Franz Zimmer mann, Robert Angerhofer, Fritz Cernajsek, Herbert Fladerer, Toni Hofer, Wil helm Traeger und Hans Welbold. Ein Chronist — Arthur FIscher-Colbrie — ver merkte dazu: ,,Diese Namensliste be weist das Wollen des Vereins, neben der traditionsverpflichteten Kunst die fortschrittliche zu pflegen". Dieses Wollen war auch bei der Herbst ausstellung 1950 und vor allem bei den beiden Jubiläumsausstellungen 1951 — mit denen der Oberösterreichische Kunst verein seiner Gründung vor 100 Jahren gedachte — deutlich spürbar: dabei er gab sich ein überaus harmonischer Zu sammenklang von österreichischer Ma lerei und Graphik, begonnen von Fer dinand Georg Waldmüller, der schon 1851 im Oberösterreichischen Kunstverein Das Stiegenhaus des oberösterreichischen Landesmuseums während der Ausstellung ,,Junge Künstler Oberösterreichs am Werk" vom 4. 12. 1954 - 31. 1. 1955 Darunter: Blick in den Festsaal des oö. Landesmuseums während der Ausstellung ,,Junge Künstler Oberösterreichs am Werk". Damals wurden 4 Preise des Landes Ober österreich, 1 Preis der Stadt Linz und 4 Preise des oö. Kunstvereines vergeben
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